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Die Gartenkunst — 1.1899

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Böttcher, E.: Die bayrische Gartenbau-Ausstellung in München im Jahre 1898
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154 DIE GARTENKUNST I, 9

leitender Gartenkiinstier in Nürnberg - - es verstanden
hatte, einen herrlichen Ausstellungspark unter geschickter
Benutzung vorhandener alter Baumbestände hervorzu-
zaubern. Noch lebhaft erinnere ich. mich eines mit grofser
Befriedigung gelesenen Berichtes über diese Ausstellung
in der „Gartenlaube", wo selbst ein Laie, der verstorbene
Justizrat und Abgeordnete Karl Braun-Wiesbaden es rühmte,
dafs hier zuerst mit Recht der Gartenkünstler und dann
der Architekt das Wort gehabt hätte. Nur zu gern liefse
der Architekt die Axt walten, um mit seinen Bauten be-
herrschend zu wirken, dafs es hier umgekehrt wäre, sei
ein besonderer Vorzug der Ausstellung.

Wenn die Verhältnisse von einst und jetzt verglichen
werden, so ist durch die Schaffung des Reiches und seiner
herrlichen Machtentfaltung nicht nur Handel und Industrie
kräftig emporgeblüht, auch die deutsche Gartenkunst
und der Gartenbau hat eine ungeahnte Bntwickelung ge-
nommen. Wie wenig dem grofsen Publikum die Schätze
der Tropenflora vertraut waren, zeigt, dafs in München
um das Jahr 1860 herum zwei mittelgrofse Exemplare
einer Palme in der im englischen Garten befindlichen
Baumschule allgemein bewundert wurden.

Die regelmäfsig veranstalteten grofsen Frühjahrs-
blumen-Ausstellungen im Glaspalasto machten das sich
wahrhaft dankbar zeigende Publikum erst mit den Ergeb-
nissen der Gartenkunst bekannt. Trotz; der äufserst un-
günstigen klimatischen Verhältnisse hat sich der Gartenbau
in München in erwerblicher Thätigkeit wie in öffentlicher
Verwendung ungemein gehoben. Die Linie Landshut—
München—Augsburg—Ulm bezeichnet für den deutschen
Gartenbau wohl den Höhepunkt der klimatischen Schwierig-
keiten; hauptsächlich durch die jähen und intensiven
Wetterstürze verursacht, sind diese wiederum bedingt
durch die Nähe der Alpen. Diese, den Gartenbau im Freien,
wie die Blumenzucht unter Glas beeinträchtigenden klima-
tischen Schwierigkeiten müssen berücksichtigt worden, um
einen richtigen Mafsstab an die Leistungen der bayerischen,
speziell der Münchener Gärtnerei zu legen. Eiserner Pleifs,
Umsicht und Thatkraft nur konnten im Kampfe mit den
Elementen zum Siege verhelfen, wodurch manches Vor-
urteil, diese und jene Kultur sei in München unmöglich,
zerstört wurde. Erfolgreich wirkte 1897 die Chrysan-
themum-Ausstellung in den Centraisälen und auf der Isar-
lust. — So lange der königliche Glaspalast für die Blumen-
ausstellungen der Bayerischen Garten-Baugesellschaft zur
Verfügung stand, waren sie die anerkannt populärsten Ver-
anstaltungen aller Vereine und bildeten den Sammelpunkt
aller jener, die für das Naturschöne Verständnis hatten.

Die idealen landschaftlichen Bilder des verstorbenen,
genialen Hofgartendirektors Karl v. Effner und des jetzigen
1. Vorstandes Oberinspektors Kolb boten nicht allein jedem
Gartenfreund Unterhaltung und Belehrung, sondern bildeten
auch die Veranlassung, dafs der Name der B. G. G. weit
über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt wurde. Durch
Versagung der Benutzung des Glaspalastes ist die B. G. G.
nicht mehr in der Lage, solch ideale Arrangements von
gemalten Landschaften und schnell vergänglichem Material
ihren Mitgliedern vorzuführen. Es mufste aus dem Rahmen

eines geschlossenen Gebäudes in die freie Natur hinaus-
getreten werden, um zu zeigen, wie landschaftliche Bilder
von mehr Dauer und Beständigkeit geschaffen werden.

Eine bisher nicht zu ermöglichende permanente Garten-
bau-Ausstellung fand aus Anlafs der II. Kraft- und Arbeits-
maschinen-Ausstellung auf der „Kohleninsel" die für diesen
Zweck günstige Gelegenheit.

Bei den Vorbesprechungen zu dieser Ausstellung im
Jahre 1896 regte der damalige 1. Vorstand Excellenz Dr. v.
Ziegler als Mitglied des Comitee die Ideen einer perma-
nenten Gartenbau-Ausstellung an. Durch gemeinsames
Wirken des Direktoriums dieser Ausstellung und der B. G. G.,
die das Gesamtarrangement der gärtnerischen Ausstellung
ihrem I. Schriftführer, Herrn Stadtgärten-Inspektor J. Heiler,
übertrug, kam die langersehnte permanente bayerische
Ausstellung zustande. Seine königliche Hoheit der Prinz-
regent, das Stoatsministerium des Innern, der Stadt-
magistrat München und der Allgemeine Gewerbe-Verein
förderten das Unternehmen durch Gewährung von Ehren-
preisen und Medaillen. Nicht unerwähnt bleibe der Umstand,
dafs der Hinweis des städtischen Oberingenieurs Herrn
Uppenborn auf die Kohleninsel bestimmend für die Platz-
frage war. Wenn auch der Name „Kohleninsel" wenig
poetisch klingt, so ist ihre Lage doch eine recht anmutige.

Eine Ausstellung grofsen Stils war es, welche die
B. G. G. permanent von Eröffnung bis Schlufs der II. Kraft-
und Arbeitsmaschinen-Ausstellung veranstaltete. Temporäre
Ausstellungen waren insceniert vom 10 bis 15. Juni, vom
13. bis 20. August. Beherrschten die erste Ausstellung
Dekorationspflanzen und Ziergewächse, so traten bei der
zweiten Schmuckpflanzen und blühende Gewächse aller
Art hervor.

Die reichbeschickte Gartenbau-Ausstellung, die sich im
Freien auf dem Räume zwischen dem Restaurant und dem
Südportal des Ausstellungsgebäudes am rechten und linken
Isararme erstreckte, wurde der doppelten Aufgabe gerecht:
den landschaftlichen Reiz des im neuen Schmuck erstan-
denen Eilandes zu heben und von der vollwertigen Ent-
wickelung des bayerischen Gartenbaues rühmliches Zeugnis
abzulegen. Mit grofser Sorgfalt und nicht geringer Mühe
hatten es die leitenden Hände verstanden, den Boden zu
meliorieren und dem Ganzen eine gefällige Form zugeben.
Während langer, langer Zeit war die Kohleninsel Aufenthalt
für Truppen verschiedener Gattung und trug neben den
Kasernen die Reit- und die sonstigen Übungsplätze für
Kavallerie und Artillerie. Aüfserdem war sie Lagerplatz
für Baumaterialien aller Art, namentlich für Kohlen, denen
sie ihren wenig poetischen Namen verdankt. Kein Baum,
kein Strauch war zu sehen, geradezu einen wüsten, ab-
stofsenden Eindruck machte die Insel. Umfassende Melio-
rationen des durchaus sterilen Bodens, bedeutende Auf-
höhungen bis zu lVa m zur Herstellung der Verkehrswege,
die Füllmaterial von ca. 30000 cbm erforderten, war erstes
Erfordernis.

Durch Übernahme des Ehrenpräsidiums der B. G. G.
seitens Sr. fixcellenz des Kultusministers Dr. v, Landmann
im Herbst 1897 und durch den neu gewählten I. Vorstand
Herrn Oberinspektor Kolb fand das Unternehmen von vorn-
 
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