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Die Gartenkunst — 1.1899

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Olbrich, Stephan: Plauderei über winterharte Rosen und deren Verwendung
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176 DIE GARTENKUNST I, 10

natürlichen Sinne nähern und die feineren Sorten mehr
den Gewächshausgärtnern überlassen.

An guten für sehr viele Verwendungszwecke brauch-
baren winterharten Rosensorten ist jetzt durchaus kein
Mangel.

Auch die Züchter sollen der Vervollkommnung dieser
Rosengattung mehr Aufmerksamkeit schenken, denn zarte,
schwachwachsende, von allen organischen Feinden leicht
leidende, dem schwankenden Klima Deutschlands wenig
widerstehende Sorten besitzen wir zur Genüge. Mit
solchen Sorten ist nur einer ganz geringen Zahl Menschen
gedient. Die Züchter sollen vielmehr allen Ernstes bei
Erziehung neuer Rosen danach trachten, ganz anderes
Blut in deren Adern zu bringen und mehr mit den alten,
bekannten, widerstandsfähigen, auch unsere Winter über-
dauernden Sorten operieren, damit nicht nur Treibhaus-
sorten zum Vorschein kommen, wie es nur zu häufig
geschieht. Um mit Herrn Geschwind in Karpfen zu roden:
„wir müssen danach trachten, sogenannte Nordlands-
rosen zu züchten", welche betreffs Färbung und Gröfse
der Blüten eine grofse Verschiedenheit aufweisen. Schon
sind ziemliche Fortschritte darin zu verzeichnen.

Wie herrliche Bilder kann jetzt schon der Landschafts-
gärtner mit den vielen, in neuerer Zeit glücklicherweise
mehr zu Ehren gekommenen Winterhärten Rosen in klei-
neren wie gröfseren Gärten schaffen, je nachdem er die
zum Zweck und Platz passenden Sorten in richtiger Würdi-
gung verwendet. Die teilweise jetzt noch immer sehr
einförmigen, sich in gleicher Weise zu oft wiederholenden
Gehölzgruppen würden dadurch ein anderes Gepräge er-
halten, denn als winterharte Gehölze sollten die Rosen in
ausgedehnter Weise Anwendung finden, wie es von alters
her Brauch war. Nur eine etwas einseitige Geschmacks-
richtung hat Veranlassung gegeben, dieses Feld zu ver-
lassen.

Aber nicht in homoeopathischer Form sollten diese
Rosensorten Anwendung finden, wie ich es in verschie-
denen ganz schüchtern angefangenen Versuchen hier und
da gesehen. Nein, Massenwirkungen sollte man schaffen,
wo es angebracht ist. Die zahlreich vorhandenen klein-
bleibenden wie grofswerdenden Sorten ermöglichen es auch
unter allen Umständen, diese Idee auszuführen, so gut
wie man es mit anderen Gehölzen machen kann.

Bei Neuanlagen läfst sich dieser Idee leicht Rechnung-
trägen, bei älteren Anlagen ist es auch noch möglich^
durch Entfernen unpassender oder wenig Effekt verur-
sachender Gehölzpartien Winterhärte Rosenpflanzungen,
sogenannte Wildrosen anzubringen, die für bestehende
Scenerien sehr gut pafsten. — Ja Wildrosen! Das ist
eigentlich ein unglücklich gewählter Name für die vielen
winterharten Sorten, unter welchen sie meistens in Kata-
logen figurieren oder gesprächsweise bezeichnet werden.
Unter diesem wenig Vertrauen erweckenden Sammelnamen
vermutet das Publikum wie eine grofse Anzahl Gärtner, die
diese Materie nicht beherrschen, ein wildes Gestrüpp, ein
nichtsnutziges Gesträuch, wie man es als Ausläufer bei
Edelrosen zu sehen gewohnt ist und demnach hafst, welches
nach ihrer Meinung in keinen wohlgepflegten Garten gehört.

Aber alle, die dieser Meinung sind, würden leicht zu einer
anderen Ansicht kommen, wenn sie einmal eine Sammlung
dieser Rosen in allen Stadien der Entwickelung gesehen
hätten, mit ihren kraftstrotzenden Blättern, zahlreichen
wohlriechenden Blumen und effektvollen sehr lange an-
dauernden roten Früchten.

Sind nicht z. B. Rosa rugosa mit den zahlreichen
Formen, Rosa rubrifolia, Rosa gallica, damascena, Eglan-
teria etc. etc. in ihrer Wirkung nicht den feinsten Zier-
gehölzen ebenbürtig? Wie herrlichen Effekt verursacht
Rosa Wichuraiana nebst ihren Hybriden als Bekleidung
von Felsen!

Da alle winterharten Rosen am Holze des vergangenen
Jahres blühen, dürfen sie vor der Blüte wenig oder garnicht
beschnitten werden, erst dann kommt ihre enorme Blüh-
barkeit zur vollen Geltung. Bei sehr vielen Sorten sind es
auch die gegen Ausgang Sommer hin in enormer Anzahl
erscheinenden grofsen, lebhaften, rotgefärbten Früchte in
verschiedenen Formen, welche dem Strauch zu einer
zweiten Zierde goreichen, und sogar noch nach dem Blatt-
abfall. Ihre Anspruchslosigkeit an Pflege gestattet auch
die Verwendung unter ungünstigen Verhältnissen.

Die von vielen Landschaftsgärtnern gehandhabte
Methode, Gehölze bei Neupflanzungen nicht zu schneiden,
darf bei den winterharten Rosen nicht zur Anwendung
kommen, wenn man nicht über besonders gut bewurzelte,
mehrmals verschulte, mit Ballen versehene Exemplare
vorfügt. Ein kräftiger Rückschnitt beim Pflanzen befördert
entschieden deren ferneres Gedeihen und kräftige Holz-
erzeugung, wodurch im kommenden Jahre eine reichliche
Blütenontwiclcelung hervorgerufen wird.

Öffentliche Gärten sollten mit Anpflanzung erwähnter
Rosenarten ihre Anlagen auch etwas modernisieren. Im
Viktoriapark in Berlin ist damit schon ein mir sehr in
die Augen fallender Anfang gemacht worden; es sind zwar
nur die gewöhnlicheren Arten, denen sich aber leicht die
besseren in anderer Weise anfügen lassen.

Die ausgedehnten königlichen Gärten in der Umgebung
Potsdams entbehren fast noch ganz des Schmuckes der
erwähnten Rosen. Wie herrliche Effekte liefsen sich dort
nicht damit schaffen, da der Raum für die grofs werdenden
Arten zur freien Entwickelung überreich vorhanden ist,
In den grofsartigen, romantischen Anlagen der Kolonie
Grunewald bei Berlin sieht man wohl vereinzelte Exemplare
der winterharten Rosen, aber die gerade dort leicht zu
erreichende grofsartige Wirkung, welche damit zu erzielen
.wäre, fehlt ganz und pafste doch zu dem eigenartigen
Charakter der ganzen Anlage ausgezeichnet. Ebenso ist
es in den grofsen schönen Anlagen des Leipziger Palmen-
gartens, des Südparkes in Breslau, des Stadtwaldes in
Köln a. R. und in vielen kleineren wie gröfseren, in letzter
Zeit angelegten Gärten. — Ich bin üherzeugt, dafs auf dem
grofsartigen Terrain des neuen botanischen Gartens bei
Berlin, welches sich in seiner Gestaltung ausgezeichnet für
eine landschaftliche Verwendung der winterharten Rosen
eignen dürfte, denselben durch vielseitige Anpflanzung
eine Heimstätte bereitet werden wird, welche als Muster
für weitere Kreise bahnbrechend wirken könnte.
 
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