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Die Gartenkunst — 1.1899

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Heicke, C.: Alleebäume oder Straßsenbäume?
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https://doi.org/10.11588/diglit.20975#0229

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I, 12 DIE GARTENKUNST 215

legen, recht viele an und für sich schöne Baumarten zu
empfehlen, sondern, dafs die empfohlenen auch thatsächlich
für die schwierigen Vorhältnisse, unter denen sie sich ent-
wickeln sollen, geeignet sind. Die Allgemeinheit hat nur
dann Nutzen und Genufs davon, wenn die Baumpflanzungen
ihren Zwecken entsprechend in einem Zustand möglichst
vollkommener Gesundheit und Schönheit sich befinden; es
ist dem grofsen Publikum dagegen ziemlich gleichgültig,
welcher Art die Bäume angehören, die ihren Schatten spen-
den und mit ihrem Grün die Strafsen und Promenaden ver-
schönern. Deshalb darf die Rücksicht auf Mannigfaltigkeit
der Sorten unbedingt erst in zweiter Linie mafsgebend sein.

Dem berechtigten Abwechselungsbedürfnis wird meiner
Ansicht nach vollauf Rechnung getragen, wenn die An-
pflanzungen innerhalb eines gröfseren Stadtgebietes sich
aus 20 — 25 verschiedenen, d. h. auch wirklich durch auf-
fallende Unterscheidungsmerkmale, charakteristische Form
und Belaubung etc. auseinander zu haltende Arten gebildet
werden. Spielarten, die sich höchstens durch eine andere
Tönung des Laubes, durch gefüllte Blüte und dgl. von
dem Typus der Art unterscheiden, können in dieser Hin-
sicht nicht in Betracht gezogen werden und sollten im Ver-
zeichnis allenfalls nehen der zugehörigen Stammform in
Klammern beigefügt sein.

Ehe man nun dazu übergeht, in dem Grubeschen Ver-
zeichnis diejenigen Arten unter Berücksichtigung vor-
stehender Ausführungen zu bezeichnen, welche als Strafsen-
bäume im engeren Sinne zu empfehlen sind, mui's man
sich zuvor noch vorgegenwärtigen, welche Eigenschaften
ein Normalstrafsenbaum besitzen mufs, damit er den aner-
kanntermafsen ungünstigen Vorhältnissen seines Standortes
gewachsen ist und eine seinen Zwecken entsprechende und
befriedigende Entwickelung nimmt. Ich verlange, dafs ein
Baum, den ich als das Ideal eines Strafsonbaumes an-
erkennen soll,

1. zeitig im Frühjahr austreibt und seine Belaubung
erst spät abwirft;

2. eine frischgrüne Blattfärbung und derbe Beschaffen-
heit des Blattes besitzt;

3. sich durch Raschwüchsigkeit und kerniges Holz
auszeichnet;

4. eine schön geformte geschlossene Krone bildet,
die mit Blattwerk genügend besetzt ist, um aus-
reichenden Schatten zu spenden;

5. eine genügend lange Lebensdauer besitzt, so dafs
die Kosten für Pflanzung und Pflege sich lohnen;

6. von Neigung zu Krankheiten und Empfindlichkeit
gegen die Einflüsse der Stadtlui't (Rauchschäden)
thunlichst frei ist;

7. keine die Zerstörungslust reizende Früchte und
lebhaft gefärbte Blüten besitzt;

8. anspruchslos ist in Bezug auf Boden und Feuch-
tigkeit ;

9. gegen Frost und klimatische Einwirkungen absolut
hart ist;

10. den Schnitt gut verträgt;

11. keine das Publikum belästigende Eigenschaften
(z. B. unangenehmen Geruch u. dgl.) besitzt;

12. von Insekten und Ungeziefer frei ist.

13. Es müssen ausreichend verbürgte Beobachtungen
vorliegen, die das Vorhandensein dieser Eigen-
schaften bestätigen.

Ich bin nun keinen Augenblick im Zweifel, dafs es
keinen Baum giebt, welcher allen diesen Anforderungen
ohne Ausnahme entspricht; ein vollkommener Strafsenbaum
sollte aber diese Eigenschaften besitzen und je mehr eine
Art aufweisen kann, um so besser ist sie für unseren
Zweck geeignet. Es handelt sich also darum, diejenigen
Arten auszuwählen, welche auf Grund praktischer Erfah-
rungen den Forderungen am vollkommensten entsprechen.

Ohne dafs ich Anspruch darauf erheben will, eine
nach jeder Richtung hin einwandfreie Liste zu bringen,
glaube ich, dafs die nachstehend bezeichneten Baumarten
eine brauchbare Zusammenstellung ergeben werden:

I. Klasse:

Aesculus Hippocastanum L. fl. pl. hört.

Platanus oriontalis L. (diese Art ist nach Dr. Dieck

diejenige, welche am meisten bei uns angepflanzt

wird, nicht PI. occidentalis).
Quercus rubra L.
Tilia platyphyllos Scop.
Ulmus effusa Willd,

Ulmus montana With. (Dazu die Form U. vegeta
Loud.)

II. Klasse:

Acer dasycarpum Ehrh.
„ Negundo L.

„ platanoides L. (nebst einigen Formen, z. B.
A. Schwedleri hört.)
Quercus coccinea Wangonh.
Tilia dasystila Stev.

„ tomentosa Mnch.

„ alba Ait.

III. Klasse.

Aesculus rubicunda Lodd.

Prunus serotina Ehrh. (nebst Pr. serot. cartilaginoa
hört.).

Robinia Pseudacacia L. monophylla hört.
Sorbus Aria Crantz.

(Die drei letzten nach Grube zur IV. Cl. gehörig.)

IV. Klasse.

Acer platanoides L. globosum hört, (nach Grube

zur II. Cl.)
Crataegus arborescens h. bot. Berol.
Crataegus Carrioroi hört.

Crataegus monogyna Jacq. (u. zahlreiche Formen).
Robinia Pseudacacia L. Bessoniana h.
Robinia Pseudacacia L. inermis h.
Ulmus campestris L. umbraculifora hört.
Damit möchte ich für heute schliefsen und zunächst
anderweitige Meinungsäufserungen abwarton.
 
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