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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0314

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traqswerk die Ncli.qion nicht bcriihre; dnß
er nach Verwerssnng der Ucbcreinknnft
nicht erwarte, daß dic Gcistlichkeit die
Fackel der Zwietracht crheben wcrdc; daß
er nnr den Gcssühlen Wartcn verlcihe,
welche sich bei dein Dckaniitwcrdcn der
Uebereiiiknnft in allen Schichten dcr Ve-
völkerung dnrch große Bcängstigiing knnd
gcgcben habcn nnd daß cr de.r iiberwie-
genden Zahl der Adrcssc-Untcrschrissten bei
dcm schr crklärlichcn Einflnsse dcr Geist-
lichkcit keinc niiinerische Bedentnng bci-
legcn kvnne. Anch er vcrbreitet sich-in
ansfnhrlicher Wcise nber dle Nachtheilc
der Ucberciiikiinft nnd ersncht dic Mit-
gliedcr, dcn, Mehrheitsantrage beiznstiin-
uien. Prestinari bchandclt in längerein
Vortrage die staatsrcchtlichc Seitc des Gc-
genstandcs nnd widerlegt die iin Koin-
ttii'ssionsbericht anfgestelltcn Vehanptnngen.
Nach dicsein ergreift Lainep das Wort.
Nachdein er zunächst daranf hingcwiescn
hattc, daß wichtigc Grnndc vvrhandcn sein
ttiüßten. dic eine anerkannt lopale Kamincr
znr Opposition gcgcn dic großh. Negic-
rnng führen, entwickelt er in ausführlicher
nnd bündl'gcr Nede die Gründe dcr Ent-
stehting des Kirchenstrei'ts und destcn Ver-
lanf bis i'n die Neuzeit, der Niederlage dcr
gr. Regieriigg beiiii Abschlusse der Ucber-
einknnft niid sodann das Wesen der letz>tern
selbst. Er wolle Männcr in den Saal
riifen, fa solche, die sogar einst anf der
Negiernngsbankgcsessenhätten, wieWinter,
Bvckh, Bckk/ Trefnrt, nnd er-wolle ihnen
das Konkordat vorlegcn! Sic würden inic
Erstaunen fragcn: Was ist drnn in diesein
Lande vorgcfallen, daß inan ein solchcs
Konkordat abgeschlossen hat? Denn darans
gehe hervor, daß dic kath. Kirchc souverän
sei'n wolle, und daß dic Negl'crung in cin
gewisses Unterthänigkeitsverhaltniß tretc.
Nicht iiin Frcihcit der Kirchc handle cs sich-
— denn diese habe die Kirchc bi'Sher so-
wohl in Lehre als Knltus vollständig ge-
nossen — und Nieinand werde init Bern-
fung auf den westphälischen Friedcn oder
den Reichsdepntatioiishanptschlnß behanp-
ten könncn, daß die katholische Kl'rche in
ihrcr Freiheit fe beschränkt worden sei.
Allcrdings könne nian sagcn, daß wcnn
die beantragte Adresse zuiil Beschlnsse dcr
Kainincr crhoben werde, Vcrlegcnheiten
eiitstchen könntcn. Allein man habe eben
^ttnr cine Wahl zwischcn zwei Ucbeln.
Von dem Bestehcn des' Konkordats cr-
warte er kcine günstigcn Zustände, da
durch dasselbc cin daucrnder Friede nicht
hergestcllt werde. Das' zweite Uebel sci
dcr Wicderansbruch dcs Konfliktcs. Jn
diesem Falle dürfe inan nnr in vatcrlands-
liebcndein Sinne zum Wohle des Vater-
landes sich znsainincnschaaren, von eincin
klaren Standpnnkte ans dcn Gcgenstand
behandeln, dann würden bic Schwierig-
keitcn vcrschwinden, die Vcrwirvuiigcn
ttn't der Zeit sich legen und die Hofsnun-

gcn sich erfüllen, init dciien inan sich setzt
schon irageii könne. (Zilstl'iiliniing von der
Gallerie.) Regenauer spricht sich in aus-
führlicher Rede für die Ucbcreiiiklinft aus.
Er richtet warine Worte christlichcr Liebe
iliid Dnldung an dic evangelischen nnd
katholischen Mitbürgcrmnßerhalb dcs Saa-
les niid schlicßt niit Schiller'S Worten:
„Seid ein einig Volk von Brüdern!"
(Schaass rnft dazwischen: Das ist gewiß
der Wnnsch aller Mitglieder.) Der Hcrr
Präsident schließt nnn die Berathnng. Hr.
Staatsininister Frcihcrr von Mcpsenbng
vcrtheidigt schlicßlich den Standpnnkt dcr
großh. Negicrnng, wclche Pflichtcn zu er-
füllen habc, in dcncn die Kainnier sie zn
achten hätke. Lanrep erwidcrt dcin Herrn
Minister, daß die Negicrnng dnrch Vcr-
werfniig der Ueberci'iiknnft keinc Niedcrlage
erlitten häbe.

Hieranf erhält der Bcrlchterstatrer das
Wort, welcher gegenscitigcs Vorbringen
zn widerlegen versuchte, so weit vieses
noch nicht von andcrn Nednern gcschchcn
war; dann schritt der Herr Präsident anf
Kransinann'S Antrag nach Lstündiger Be-
rathnng zur nainentlichcn Abstininilliig übcr
dcn Koiiiinissionsantrag, nachdem- znvor
Bär'ö v. K. nnd Fischlcr's Anträge ver-
worsen waren. Von 6l anwesenden Mit-
gliedern, cinschließlich des Präsidenten,
stiinniten 15 gegcn dcn Koinmissionsantrag
nnb 45 dafür. Zn den Erßern gehören:
Bär v. K., Dnrger, Dahmen, Fischlcr,
v. Gleichcnstein, Kamm, Lanbcr, Presti-
nari, Regenaner, Noßhirt, Nntschinann,
Schmalholz, Schwarzmann, Sieb n. Utlrich.

Bruchsnl, 27. März. (Schwnrgericht
des Mittclrheinkrcises. B. Wochenblt.)
Nachdem gcstern Vormittag die 1. Qnar-
talsitzung des lanfenden Jahrcs nnter dcm
Präsidinm des Hcrrn Hofgerichtsraths
l)r. Puchelt eröffnet'worden war, kam als
crster Strasfall die Anklage gegen Wilhclm
Schlenkcr von, Glliidclsingcn wegen Todt-
schlags zur öffentlichen Verhandlnng. Der
Angeklagte war bereits im vorigcn De-
zembcr durch dic Geschworencn. in Frci-
bnrg für schuldig befniiden nnd dcßhalb
von dem dortigen Gerichtshof zn einer
8fährigcn Znchthansstrafe vernrtheilt wor-
den. Iii Folge der von ihin crgri'ffencii
nnd vom großh. Oberhofgcricht für be-
gründet erachtctcn Nichtigkcitsbeschwerde
wnrde dic Sache zn iiochinaligcr Vcr-
handlnng nnd Entschcidiliig an das hiesige
Schwlirgericht verwicsen. Hier wnrde er
. abcr noch schuldiger btfnnden wie in Frei-
bnrg, so daß er ain Schlnsse der zwei-
'tägigen Verhandlnng hente zn zehn Jahrcn
Ziichthans vernrtheilt worden ist.' E6 lag
ihm zur Last, daß er anläßlich eines auf
offener Landstraße init Aecisor Dörr von
Henweiler gchabten Streitcs ein dolch-
artiges Messer zog und dainit seinein
Gcgner, cinem allgcmcin gcachteten nnd
beliebten Mann, einen in der Folgc tödt-

lich gcwordcncn Stich in dcn Untcrleib
versetzte. Der Angcklagtc, cin Mensch
von roher und wilder Gcmüthsart, wcl-
cher dic That allcn Bcwcifcn gcgcniiber
beharrlich in Abrede stcllte nnd übcrdies
cine Art Nothwchr vvrschützte, sah sich
nach Verkündigung dcS-Urtheils zu der
Erklärung veranlaßt, daß er auf aber-
mali'ge Ergreifung ciner Nichtigkeitsbe-
schwerde verzichtc.

Seckenheim, 29. März. Hente früh
halb 3 Uhr wurdc Scheucr und Stall dcs
hicsigcn Bürgcrs Martin Sei^ ein Raub
dcr Flaminen.

'Aus Südwestdeutschland, 28.

März. Württemberg, Vaden nnd Hessen-
Darmstadt haben sich gecinigt, die ge-
zogcnen Kanoncn, nach gleichcm (franzö-
sischcm) Spstein konstrnirt, so schnell als
möglich bei sich zur Ei'nführiliig zn bringcn
nnd soll Würrtcmberg 2 reilendc, Baden
2 nnd Hesscn 1 Fußbattcric stellcn. Das
8. deutsche Armeekorps, welches anch in
dcr schncllen Bewaffnung seincr Jnfantcrie
mit gezogciieii Gewchren gleichen Kalibers
mehrcren andcren mit rühmlichcm Bcispiel'
vorangcgangen, wird dadurch in dcn Stand
gesel; werdcn, bei eincm etwaigen''Ail6-
marschc wenigstens mit 5 gczogeiieii Fcld-
batterien anftrcten zu könncn.

?Worms, 28. März. Hentc Vor-
mittag fuhr eine große Änzahl Savopar-
dcn, von Mannheim kommend, mit dcm
Dampfschiffe an nnserer Stadt vorübcr.
Dicsclben besindcn sich auf dem Wege
nach Amerika, und habcn, wie sie sich
ansdrücken, es-vorgezogen, licber ans-
znwandcrn und eine nenc Hcimath (cn-
seits des Ozeans zn snchen, alö dnrch die
bevorstehcnde Annerion ihres Vaterlandcs
die Wohlthaten des beglückcnden Sccpcers
Napoleon lll. genießen zu wollen.

Frunksurt, 23. März. Zn gestrigcr
Si^nng des gesetzgcbcnden Kvrpcrs stellte
vr. Brannfelö den Antrag, den Lienat
zn crsnchen, bnrch den Gcsandten der
freicn Stadt Frankfurt am Bnndcstage
wie anch bei denkschen Negieriingen nach
Kräften auf dic Schasinng einer starken
dentschen Centralgewalt mit Volksvcrtrc-
tnng hinzuwl'rken. . .

Stuttgurt, 29. März. Die bciden
'BangnierS Haa 6 nnd D r e i f n ß, wclche
den Rcdaktenr des hiesigen „BeobachterS"
in seiner Wohnnng mißhandelten, siiid
ersterer zn 714 Monaten FestiingS-Arrest,
Dreifnß zu 6'4 Monaten verurthcilt wor-
den. Beide haben gegen dieses Urtheil
den Neknrs angcmeldet.

F r a n k r e i ch.

Puris- Ein Mensch, der die Präteiition
hat,.ein Dentscher und ein Schriftsteller
zn sein, im Grunde fedoch weder den einen
noch den andercn Ehrentitel verdient, hat
sich (nach der „Köln. Ztg.") bereit findcn
laffen, für Gelb nnb gutc Worte ein Mach-
 
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