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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0437

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Heideltlerger Tagblatt.



>iü?. PrciS milllnicrballmigSblall vicrlcl.
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Dmmerftaq, ttv» Mai


18«O.






Iur Feier

Z".

des

hundertjähvigen Geburtstags I. P. Hebel s.

. Slm 10. Mai 1860.

Dankbcrre Nati'oiien qrdeiikcn stetS der großen Männer, die ans i'hneii gcboren sind und nntcr i'hiien gclcbt
haben, nnd w'enn dcr Scculartag ihrrr Gebnrt oder ihrcs Tvdcs wl'cdcikchrt, gcrcnkt inan dcrselbcn iin't dankbarer
lüebe i'ii festli'cher Wei'se. Anch i'» kleinein Ländcrn nnd Kicisen erfüllt sich dicse Thatsachc. Hundert Iahre MA-,
sind hcnte i'ii den Echooß der Zei't hi'nabgcrollt, sci't cin Manii nnseriii engern Vaterlände gcboren wnrde, der WU'
als hrllcr Stern an sei'nciii Hiniinel 'gläiizte, cs war Johanii Peter Hcbcl. Obschon in der Stadt Dasel
geborcn, ist cr doch als ein Sohn des badischen Wiesenthals zn bctrachten, da der Hciinalhsort der Eltern das
Dors' H a n se ii war, wo er anch erzogcn wnrde, nnd von wo aus cr die latcilil'sche Schulc zu Schopfheiin
bcsuchte. Seine weiterc Schnlbildiing fand er anf dem Lpceuiii zu Karlsruhe und scino Universitätsbilduug in Er-
langeii (1776—1760). Ncuu Iahrc war er so glücklich in scincr licblichcn Heiinalh zu lebcn, indcin er,als Prä-
eeptorats-Vikar am Pädagogium in Lörrach augestcllt war. Von da wurde cr 1791 als Gpniuasiattchrcr üud Hof-
oiakoiius nach Karlsruhe berufen. Dicscm Uinstandc haben wir vhnc Zweifcl das Erwachcii seincs Dichtcrtalcntes zu
EE verdankcn. Cr schnte sich zurück nach dem Wicsenthal, dem Paradicse scincr Kindhcit und scincr Iugcndzeit. Da er
nicht körpcrlich dasclbst lcben konnte, so wollte cr sich wenigstcns gcistig nicht von dcr lieben Hcimath trcnncii,
und so gewanncii die Bilder scincr Erinncriing cinc ättßerc Form und Gestalt und wiirden zu al I c m a n i sch en
Gedichten. Leben hicß ihm dichtcn, und Tichtcn hinwiedeiiim lebcn; denu scinc Gedichte sind Nichts
Erdichtctcs, sondcrn sie stehen alle anf dem Bodcn des wirklichen Lcbens, fedes ist so zu sagen ciu Stück Welt;
und gcrade das eigcnthüinlicht ländliche Gcwand, das sie tragcn, gibt ihncn cineii bcsondern Neiz und „dic
Bauernjacke, iu der ihr Verfasser auftritt, zcigt gcnugsam, daß cr ein Mann des Volkes ist und nntcr sel'nem
Volke lcben will." Scine in allenianischer Mundart geschriebcneii Gedichte sind kösiliche Kleinode dcr deutschcn
EW Litcratur, ausgezeichnet durch licbliche Natiirschllderung, durch lcbensfrohe Heiterkeit, durch uncrschöpfliche Laune,

WW wie durck poeti'schcn Schwung, dcr sich in eiucr häufigcu und kühucu Pcrsonisicatiou lcbloser Gegcnstände zcigt
und sich oft zum Abcntciicrlicheii, Nomantischen, ja Schauerlicheu steigert; und diescs Alles verbundcn mit dcr
cMW reichsten Aiischaunng der Natur.nnd Ikcnntniß dcs inenschlichen Herzens. Nicht minder unübertroffen sind die MW
gcniliihlichen „Stücklcin des rh^cinländischcn Haussreundcs." Wer kcnnt nicht jenc lebcnsfrischcii)
pocsicrdi'chen C'rzähliingcn, dic cin Schatz wahrer Lebenswcisheit sind, und in denen, nn't sittlichem Ernst bchanbclt,

Stück Si'ttciigeschichte sciner engeru Hcimath abgebildet ist? Hebcl ist nvch nnerreicht in dcr Kmist, im
Volkston zu crzähien, weil er es vcrstand, tief in die Geuiülhswelt sciner Leser eiiiziigreifen und dariiin llngc- WMW
MWz lchrte wie, Gelchrte, . Nicdcre und Hohe gleich schr zu fesseln. Wchch' reichcs Bild einer cdlcn, tt'cnii anch
MfM eiufachcu Persönlichkeit entrollt sich dem Leser, wenn cr ihm nu't vollem Vcrständniß diirch scinc Schriften, dnrch
l"ii Wirken uud Lcbcn folgt! und wir bedauern uur, daß uns der Naum nicht erlanbt, dassclbe aiisflihrlichcr
zu cntwerfcn. Hebel starb als cvangelischcr Prälat am 22. Srpkcmber 1826 in Schweßingen, nachdcm er
kurz zuvor die Prüfnngeu -am Lpccüni in Mannheim abgehalten hatte, im Hanse sei'ncs Frcundcs, des Gartcn-
di'rcctors Zephcr. Im Gartcn dasclbst rnht seinc Asche, und ein schöncs Denkinal, das crst ini Laufe dcs
MW vorigeu Iahrcs gcsetzt und am 10. Mai fcierlich enthüllt wnrde, zeigt dem Besucher die Stätte seincs Grabcs. AMW
Abcr Hcbcl lcbt fort in dem Andenken seiner viclcn Verehrer znnächst in Dadcn, insbesondere im badischen MID
Obcrlande, wo man uüt wäruisier Lirbe au ihin hängt. Abcr auch weit über die Gi'enzcu dcs engeru Vater-
landcs ist scin Nnhm als Dichter nnd als cdler Mensch gedrungen, und scin Geist, der Ge>st des Freimuths
und der Licbc, wird nvch lauge segensrcich nnter uns sortwirken, und sein Name trägt den Kranz der
Unstcrblichkcit. a i ^ /

-„Sänger, dic unvcrwelkliche Lorbeeru getragcn,

Auf Parnassus gepflückt, sterben ja ewiglich nicht;

Sturzet auch Allcs, was Stanb und was Erde, zllsammen,

Ehrct die Nachwelt sic uoch langc mit Ehrfurcht und Preis."
 
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