Kveitag, de« «. NArx 1988
Simon vor -em englischen Linierhaus
Zweck und Ziel der Berliner Reise / Die Politik Englands
dere Tragweite zumal mit Rücksicht auf den Zu-
stand der Unsicherheit, den sie in allen Ländern
hervorruft
Die italienische Regierung hat auch neuer-
dings noch viele Beweise ihres Willens zur in-
ternationalen Zusammenarbeit geliefert und
beabsichtigt weiterhin einer solchen Einstellung
treu zu bleiben, die dem Bedürfnis der Bölter
und den Erfordernissen des europäischen Zusam-
menlebens entspricht; trotzdem fühlt sie sich zu
der Erklärung verpflichtet, daß sie in etwai-
gen künftigen Beratungen derartige Sachlagen
nicht einfach wird als gegeben hinnehmen kön-
nen, die aus emseitigen Entscheidungen hervor-
gehen, durch die Verpflichtungen internationalen
Charakters aufgehoben werden.
Was Ssterreich erwartet
Wunsch nach
Wehrhaftigkeit und Gleichberechtigung
DRV. Wien, 22. März.
Außenminister Verger-Waldenegg er-
klärte in einer Rede u. a.:
Wir sind stolz darauf, daß Lei uns der Geist
der Wehrhaftigkeit lebt. Wir verlangen die
Gleichberechtigung und sind sicher, sie auch zu be-
kommen. Wir Oesterreicher empfinden ebenfalls
die Friedensverträge als schweres Unrecht.
Der Berliner Besuch
Die Begleiter Simons und Edens
DNB. London, 21. März.
Wie am Donnerstag nachmittag mitgeteilt
wurde, sollen folgende Sachverständige den
englischen Außenminister Sir John Simon und
den Lordsiegelbewahrer Eden bei ihrem Berliner
Besuch begleiten: 1. Edgar Granville, Ab-
geordneter und parlamentarischer Privatsekretär
Sir John Simons, 2. Lord Lranborne, par-
lamentarischer Privatsekretär Edens, 3. Mr.
Sargent, stellvertretender Unterstaatssekretär
im Foreign Office, 4. William Strang, Be-
rater für Völkerbundsangelegenheiten, 5. und 6.
die Privatsekretäre Seymour und Hankey.
Letzterer ist der Sohn des Präsidenten des Welt-
reichverteidigungsausschusses Sir Maurice Han-
key. Lord Cranborne, Mr Hankey, Mr. Strang
sowie der Chef des nordstaatlichen Departements
des Foreign Office, Collier, werden den
Lordsiegelbewahrer Eden auf seiner an den Ber-
liner Besuch anschließenden Reise nach Moskau
begleiten.
DNB. London, 21. März.
Im Unterhaus begann Außenminister Simon
unter größter Aufmerksamkeit des Hauses seine
mit Spannung erwartete Rede.
Wir hoffen, so erklärte der Außenminister, in
wenigen Tagen eine freimütige Aus-
sprache mit dem Kanzler des Deut-
schen Reiches zu haben, denn der Berliner
Besuch verlangt völlige Freimütigkeit
(Beifall). Einer Erörterung dieser Art kann
keine öffentliche Generalprobe vorausgehen. Es
ist allgemein bekannt, daß diese Besuche, die
Eden und ich selbst in Berlin, Moskau und
Warschau abzustatten im Begriffe sind, eine In-
formationsreise darstellen. Ich gebe dem Vor-
redner recht, wenn er den Charakter der Besuche
dahin umschreibt, daß wir die Ansicht der ande-
ren kennenlernen sollten und nicht so sehr von
uns aus eine ins einzelne gehende Entscheidung
herbeiführen sollten, die dann anderen zur An-
nahme unterbreitet wird. Natürlich wird die
Zeit kommen, wo das Ergebnis dieser Besuche
später geprüft wird. Ich werde das Haus dann
nicht bitten, sich wie heute Zurückhaltung aus-
zuerlegen.
Der Außenminister gab hierauf zunächst eine
weitere Uebersicht über die seit der Veröffent-
lichung des englisch-französischen Kommuniques
vom 3. Februar geführten zwischenstaatlichen
Verhandlungen und beschäftigte sich dann mit
der Einladung Deutschlands zu einem Besuch des
englischen Außenministers in Berlin
„Wir hatten," so erklärte er, „von Deutschland
die Antwort erhalten, daß die deutsche Regie-
rung den fairen und freundschaftlichen Ton des
Kommuniques anerkenne und uns um unseren
Besuch bitte. Das war für uns ein entscheiden-
der Grund, die Einladung anzunehmen
Es kommt eine weitere Ueberlegung hinzu.
Bevor ein so bedeutsamer Besuch unternommen
wird, muß Klarheit über den Umfang
und den Zweck des Besuches geschaffen
werden. Allgerneinheiten würden sachlich zu
nichts geführt haben. Daher wandten wir uns
nach dem Gedankenaustausch mit verschiedenen
Hauptstädten erneut an die Deutschen, um die
notwendige Klarheit zu schaffen und festzustel¬
len, ob die Berliner Zusammenkunft nicht etwa
auf irgendeine im Londoner Kommunique ent-
haltene Sonderfrage beschränkt werden sollte,
sondern auf der für den Gedankenaustausch vor-
gesehenen vierfachen Grundlage vor sich gehen
würde. Das heißt, daß über die Frage der
Sicherheit, der Rüstungen, der Rückkehr Deutsch-
lands in den Völkerbund und über die
Frage des geplanten Luftpaktes gesprochen
würde. Erst als wir von deutscher Seite die Ver-
sicherung erhalten hatten, daß die Besprechungen
in diesem Rahmen geführt werden, setzten wir
uns mit den anderen Regierungen in Verbin-
dung. Damit waren nicht nur die vier Verhand-
lungsgegenstände gekennzeichnet, sondern es war
auch die Grundlage der vorgeschlagenen Zusam-
menkunft, daß diese Punkte mit dem Ziel er-
örtert werden sollten, schließlich auf dem Wege
des Uebereinkommens eine Lösung zu finden.
Ich übertreibe keineswegs, wenn ich sage, daß
die deutsche Mitteilung vom vergangenen Sams-
tag für ganz England wie ein schwerer
Schock gekommen ist. Sie hat unvermeidlich die
Proteste der britischen Regierung, der franzö-
sischen Regierung und der italienischen Regie-
rung herausgefordert. Einseitige Auf-
kündigung — welcher Art auch immer die
Erklärung hierfür sein mag — erhebt unver-
meidlich die Frage nach dem Wert von Ab-
machungen (Beifall). Und dies war eine sehr
schlechte Vorbereitung für künftige Abmachungen.
Wie ich überzeugt bin, werden mir alle zu-
stimmen, daß wir unter diesen Umständen pro-
testieren mußten. Nichtsdestoweniger wird das
Unterhaus zugeben, daß die Schritte, die wir in
Verbindung mit diesem höchst ernsten Ereignis
getan haben, die weiseren Schritte ge-
wesen sind. Wir fordern eine Versicherung, daß
der Umfang der Besprechungen in keiner Weise
beschränkt werden soll, und nachdem wir diese
Vorbehalte und diesen Protest gemacht haben,
bin ich davon überzeugt, daß es
notwendig und richtig ist, diesen Besuch
durchzuführen.
Aber ich muß noch eine Bemerkung über die
deutsche Mitteilung machen. Nicht nur der Zeit¬
punkt der Mitteilung, sondern die Natur und
der Inhalt der Mitteilung werfen ein so stören-
des Licht auf die Aussichten einer Regelung
durch Vereinbarungen. Ich will heute nicht auf
Zahlen eingehen, aber eins muß festgehalten
werden: Die in der Mitteilung angedeuteten
Ziffern für die deutsche Heeres-
stärke sind so groß und gehen so beträchtlich
über die vor weniger als einem Jahr vorgeschla-
genen Zahlen hinaus, ja überschreiten in der
Tat alles, was zur Zeit irgendeine Macht in
Westeuropa aufzubieten hat, daß sie ernste Zwei-
fel darüber nufwerfen, ob ein Abkommen mit
einigen der Nachbarn Deutschlands möglich sein
würde, falls auf solchen Ziffern bestanden werde.
Ich hoffe, daß ich ebenso gemäßigt wie offen
über ein sehr ernstes Ereignis gesprochen habe.
Simon beteuerte hierauf erneut den Frie-
denswillen Englands.. Das Ziel der
britischen Politik hat, so sagte er, darin bestan-
den, dazu beizutragen, daß Deutschland, dieser
große Staat, in die Gemeinschaft der Nationen
unter Bedingungen zurückgeführt wird, die ge-
recht für Deutschland sind und fair und sicher
für alle, sodaß Deutschland mit seinen großen
Talenten und Hilfsquellen in vollem Gefühl sei-
ner Gleichberechtigung und seiner Würde zu der
Aufgabe beisteuern kann, an der jeder gute
Europäer, der den Frieden wünscht, Anteil zu
nehmen hat.
Es gibt nur dies oder das andere: Ein erheb-
lich weniger befriedigendes System, ein System
ausgewählter und besonderer politischer Kom-
binationen zu gegenseitiger Unterstützung gegen
eine Gefahr in unserer Mitte. Nachdem ich diese
Ansichten entwickelt habe, ist es kaum notwendig,
zu sagen, daß wir keinerlei Sonderab-
kommen zwischen England und irgendeinem
anderen Lande planen. Die Besuche in Berlin,
Moskau und Warschau bedeuten nicht, daß wir
Paris, oder Rom, oder Brüssel, oder, wie ich
hirnnfügen möchte, Genf den Rücken gekehrt
haben. Die europäische Regelung kann nur dann
gründlich sein, wenn sie allumfassend ist."
Die Rede des Außenministers wurde mit all-
gemeinem Beifall auf allen Bänken des Hauses
ausgenommen.
Eden am Vormittag des 4. April in Prag
DNB. London, 21. März. Von selten des bri-
tischen Auswärtigen Amtes verlautet, daß Eden,
der nach Beendigung seines Besuches in Berlin,
Moskau und Warschau Polen in der Nacht vom
3. April mit der Bahn verlassen wird, die Ein-
ladung der Tschechoslowakei, den Vormittag des
4. April in Prag zu verbringen, angenommen
hat. Er beabsichtigt im Laufe des Nachmittags
mit dem Flugzeug nach London zurückzufliegen.
Thronrat am 29. März in London
DNB. London, 21. März. Der König von Eng-
land wird am Freitag, 29. März, einen Thron-
rat abhalten.
Eine LandwehMuordmmg
für Italien
Wie Agenzia Stefani mitteilt, wird
der Kammer demnächst eine Reihe Gesetzent-
würfe über die Neugestaltung der Landwehr
(Territorialarmee) zugehen. Unter anderem ist
die Schaffung mehrerer Landwehrbezirke vorge-
sehen. Ihre Behörden übernehmen die Land-
wehrangelegenheiten, die bisher von den Divi-
sions- und Armeekorpskommandos mitverwaltet
wurden. Letztere Dienststellen des aktiven Hee-
res sollen, wie in der Verlautbarung hervorge-
boben wird, durch diese Entlastung die Möglich-
keit erhalten, sich um so nachdrücklicher ihrer
eigentlichen Aufgabe, der Schulung und Vorbe-
reitung für den Ernstfall, zu widmen.
Der Hauptvorteil, den man aus dieser Neu-
gestaltung ziehen wird, wird darin bestehen, daß
durch die Organisation der Schutz und die Ver-
teidigung des Heimatbodeas auf feste und
dauernde Grundlagen gestellt wird. Der Neu-
ordnung zufolge wird die Armee einen Chef des
Generalstabes und zwei Unierchefs haben, einen
für die Feldarmee und einen für die Landwehr.
Aeue Gedanken in der Siedlunsspolitik
Die Stadt Neuß will Siedlungen für 8 000
wertvolle Arbeitskräfte errichten
Neuß, 2l. März. Um den erbgesunden Nach-
wuchs zu fördern und Facharbeiter und Ange-
stellte auch bodenständiger zu machen, will
die Stadt Neuß neue Wege in der Siedlungs-
politik beschreiten, indem sie für solche wertvol-
len Arbeitskräfte, die mit dem Betrieb durch
langjährige Arbeit gewissermaßen verwachsen
sind, Siedlungen zu errichten beabsichtigt. Wäh-
rend die Auswahl der Siedler durch den Arbeit-
geber norgenommen werden soll, ist die Finan-
zierung der Häuser so gedacht, daß sich die Sied-
ler selbst die leicht zu beschaffende erste Hypothek
besorgen. Die zweite Hypothek soll aus Sum-
men gewährt werden, die von Industrie und
Wirtschaft gezeichnet werden. Das Gelände —
vorerst etwa 400 Morgen für rund 8 000
Siedler — würde die Stadt bereitstellen und die
Werte dann als dritte Hypothek eintragen
lasten.
BeiChenqteh in der Provinz Jehdl (Mand-
schurei) stießen zwei Flugzeuge infolge starken
Nebel- zusammen. Fünf Insassen, darunter ein
Offizier des mandschurischen Kriegsministerium
Äpsfleiwliröe r«
Kardinalstaatssekretär Pacelli veröffent-
lichte unter obiger Ueberschrift einen Arti-
kel in der „Kölnischen Volkszeitung" (Nr. 77,
17. März 1935) aus Anlaß des Bischofs-
jubiläums des Kölner Oberhirten. Nach ein-
leitenden Gedanken führt er folgendes aus:
Wer offenen Blickes die Gegenwart schaut und
die aus ihr erwachsende Zukunft übersinnt, der
wird erfaßt und aufgewühlt von der Größe
ihrer Aufgaben, von der Weltweite ihrer Nöte,
von der Tiefe ihrer inneren Wandlungen, von
der Wucht, mit der Altes und Neues, Heiliges
und Unheiliges aufeinanderprallt und in gewal-
tigen geistigen Frontenbildungen zu Entscheidun-
gen drängt.
Wenn im rein menschlichen und irdischen Be-
reich überlebte Daseinsformen neuem Werden
weichen, so vollzieht sich damit ein inneres Ge-
setz alles Geschöpflichen, das zwar leiden, aber
nicht erstaunen macht. Das Leiden der Ueber-
gangszeit kann Trost finden in der, wenn nicht
sicheren, so doch möglichen Hoffnung, in der Ee-
burtsstunde eines Besseren zu stehen.
Wenn jedoch in luziserischem Stolz falsche
Propheten aufstehen mit dem Vorgebsn, Träger
eines neuen Glaubens und eines neuen Evange-
liums zu sein, das nicht das Evangelium
Christi ist;
wenn ihre Hände ehrfurchtslos und gewalt-
tätig nach dem tasten, was der heilige und
offenbarende Gott uns in der Religion Jesu
Christi als übernatürlichen und endgültigen
Glaubens- und Lebensschatz zu Lehen gegeben
hat;
wenn die Siegelbewahrerin des wahren Glau-
bens, die hl. Kirche, und ihr Oberhaupt, der
Papst, zur Zielscheibe unerhörter Angriffe ge-
macht werden;
wenn man den lügnerischen Versuch unter-
nimmt, zwischen der Treue zur Kirche und der
Treue zu dem irdischen Vaterlande einen Gegen-
satz herauszukünsteln, der nicht besteht und nicht
bestehen kann, solange jede irdische Gewalt sich
ihrer eigenen Unterworfenheit unter das
Königszepter des Gottessohnes bewußt bleibt —
dann hat die Stunde geschlagen, wo der
Bischof, der ein Hirt und kein Mietling ist, kraft
i seines Amtes und kraft des Eidschwurs, der ihn
seit dem Tage seiner Weihe den ihm anvertrau-
ten Seelen verbindet, seine Stimme erheben und
furchtlos und unerbittlich das Apostelwort vor
dem Hohen Rat wiederholen muß:
„Urteilet selbst, ob es gerecht ist, euch mehr zu
gehorchen als Gott" (Apostelg. 4, 19).
Solchen, denen es schwerfallen sollte, sich mit
dieser Aeußerung katholischen Hirtenamtes ab-
zufinden, kann die Antwort gegeben werden, die
Ambrosius einem zürnenden Großen seiner Zeit
entgegenhielt: Du bist bisher noch nie auf einen
Bischof gestoßen!
Die Gläubigen, die nicht nur Christen heißen,
sondern es auch sind — alle diejenigen, di« in
it> Apoflelbürde
lebendiger Enadengsmeinschaft mit Christus
stehen: sie wissen, daß, wenn ein solches Wort
aus dem Munde ihres Bischofs kommt und sie
aufruft zu der Treue, die ihr Taufgelübde be-
dingt, und zu dem Bekenntnis, das der Ernst
der Stunde heischt, es nicht das Wort eines
zürnenden, um seinen Einfluß bangenden
„Machthabers" ist, sondern das Apostelwort
eines Hirten, der für jeden der ihm Anvertrau-
ten Rechenschaft abzulegen hat vor dem Thron
des Weltenrichters Jesus Christus. Diejenigen,
die wahrhaft Christi sind (Galat. 5, 24), leiden
nicht unter einem offenen und freimütigen
Wort ihres Bischofs und beurteilen es nicht nach
dem trügerischen Maßstab der Bequemlichkeit
oder Unbequemlichkeit. Im Gegenteil — sie
sehnen sich danach und danken es ihm in Treue
und Liebe.
Und wenn ein solches Wort zu Anfeindungen
und Schmähungen, zu Verdächtigungen und
Verfolgung seitens derer führt, die Ambrosius-
worte vor irdischen Gewalten in der Reinheit
ihres Wollens, in der Männlichkeit ihres Frei-
muts, in der unentrinnbaren Pflichtmäßigkeit
ihres Einsatzes nicht zu werten vermögen —
dann entschädigen die doppelte Liebe, die ge-
steigerte Hingabe, die vorbehaltlose Treue und
Opferbereitschaft seiner Gläubigen den Be-
kennerbischof für das Mißverstehen und die Miß-
deutung derer, die außen stehen.
Ob der Bischof mit der Erfüllung seiner
apostolischen Wahrheitspflicht und mit der
Kennzeichnung derer, die in der verrannten
Blindheit ihres Neuheidentums das Kreuz
Christi aus den Symbolen ihres Volkes tilgen
wollen, dem wahren Aufstieg und der echten
Größe seines Volkes und Landes dient — das
entscheidet glücklicherweise nicht die kurzsichtige
und interessierte Leidenschaft des Tages, sondern
der ewige Gott!
Das Geschenk des ewigen Gottes an die
Menschheit ist sein Sohn Jesus Christus. Das
Geschenk Christi an die Welt ist die auf den
Felsen Petri gebaute Kirche. Das lebendige
Lehramt dieser Kirche ist verkörpert in dem
Papst und in den mit ihm vereinigten Bischöfen.
Wer an diesem Felsen, wer an diesen Säulen
rüttelt, rüttelt an der übernatürlichen Bau-
ordnung Gottes.
Zeitung und Tradition
Auf einem vom Vezirksverband Hannover im
Landesverband Niedersachsen des Reichsver-
bandes der Deutschen Presse veranstalteten
Empfangsabend führte der Schulungsleiter des
Reichsverbandes der Deutschen Presse, Haupt-
schriftleiter des „Angriff", Schwarz van
Berk, in einem Vortrag, „Geständnisse eines
Journalisten", aus, die deutschen Schriftleiter
seien heute nicht nur den Gesetzen des neuen
Staates unterstellt, sie seien auch wirklich be-
strebt, diesen Geist zu erfassen und weiter zu
tragen. Das fühle auch der Leser, der aber auch
fühle, daß die Presse sich gegenwärtig noch in
einer Art „Ucbung" befinde und daß dabei auch
einmal falsche Griffe gemacht werden könnten.
Diese Uebungsfehler seien auf den Versuch einer
allzu schnellen Anpassung, die aber völlig ver-
fehlt sei und nur unreine Töne im Konzert der
Instrumente hervorbringe, zurückzuführen. Re-
gierung und Volk wollten sehen, daß möglichst
viele Zeitungen dem guten Wert ihrer
alten Tradition treu blieben und ihr
eigenes Gesicht wieder hervorkehrten, ein mensch-
liches Gesicht mit eigenen Zügen, einem deutschen
Schädel mit den Spuren der Arbeit, der Freude
und des Charakters. Die Schriftleiter von heute
fühlten sich nicht mehr als wild- und freitrei-
bende, urteilende und kritisierende Zeitgenossen,
sondern als Attaches der Macht. Sie seien keine
Beamten und kein Volk, sie stünden zwischen
beiden. Sie sollten jeden Leser teilhaben lassen
an dem großen Geschehen des deutschen Volkes,
ihn herausreißen aus dem „privaten Konzen-
trationslager der geistigen Gleichgültigkeit".
Denunziantentum
Hierzu schreibt die „Kölnische Volkszeitung":
Das Denunziantentum ist der Egoismus der
Stümper, der Flugversuch der charakterlich Ver-
krüppelten, das Züngeln einer Natter und die
klebrige Scheußlichkeit eines Rattenschwanzes.
Dieses listig langsam lauernde Lauschen auf den
armen Teufel, der da einmal beim dritten
Schnäpslein etwas sagt, was an sich besser viel-
leicht doch nicht gesagt würde, ist ein Hecken-
schützentum, das der neue Staat bekämpfen muß,
wo er es findet. Das Schlimmste an Angeberei
scheint ausgcstanden zu sein, und die Rückfälle
beginnen zahlenmäßig geringer zu werden. Aber
aus der Tatsache, daß von Zeit zu Zeit immer
wieder gewarnt wird, geht hervor, daß noch
jener verdächtige Eifer entfaltet wird, der als
Bastard aus der Vermählung von Mut und
Feigheit angesprochen werden kann und der
schon einigen Schaden verursacht hat. Der neue
Staat, der doch stark und fest auf seinen beiden
Beinen steht, hat die Macht, das Denunzianten-
tum, wo er es trifft, zu zerschmettern. Je härter
er gegen verächtliche Angeberei vorgcht, desto
sicherer wird er bei ängstlichen Naturen das Ge-
fühl zum Sinken bringen, dunklen Mächten hilf-
los ausgeliefert zu sein. Der Schwache und der-
jenige, der vor dem Umbruch auf einer anderen
politischen Linie stand als auf derjenigen, in
der sich heute das Geschehen der Nation voll-
zieht, bedarf des ritterlichen Schutzes durch den
Starken. Nicht jedermann kann sich den Pan-
zer der Geduld und das eherne Schweigen dss
echten Stolzes leisten.