Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 22.1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.11722#0225
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Rodin, Auguste: Disziplin in der Kunst
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INNEN-DEKORATION
201
RITTMEYER & FURRER. FENSTERPLATZ IM HERRENZIMMER DES HAUSES GEO REINHART. AUSF.: H. ASCHBACHER—ZÜRICH.
statt. So lernte er sehen und betrachten. All-
mählich erwachte der Sinn für das Schaffen in ihm.
Er half bei kleinen Arbeiten. Er verstand es, de-
mütig und geduldig zu sein, und bildete so seine Er-
fahrung, ohne es zu merken. Eines Tages fühlte er
sich fähig, sein eigenes Stück zu schaffen, seine Idee
in einem Werke wiederzugeben. Er war reif für
die Schöpfung — und er hieß Verrocchio, Michel An-
gelo .... Heute erörtert man viel zu viel. Man
schafft viel zu schnell. Die Mehrzahl der zeitge-
nössischen Werke läßt es sehr an der Handfertigkeit
fehlen. Alles ist falsch an ihnen, wenn der Wille des
Künstlers nicht durch direkte Beobachtung und
persönliche Erfahrung gereift ist. Unerläßlich
wäre es, daß die neuen Generationen von Künstlern
wiederum die Heiligkeit des Metiers lernten, damit
die Kunst wieder das würde, was sie jederzeit ge-
wesen ist, der vollständige und tröstende Ausdruck
des menschlichen Ideals. Indem man sich der Natur
und den menschlichen Meisterwerken mit Einfalt
und Geduld widmet, wird man aufs neue die Schön-
heit des Metiers der Kunst begreifen, ohne sie mit
der industriellen Routine zu verwechseln, die den
Künstler in eine Maschine umwandelt, auguste rodin.
201
RITTMEYER & FURRER. FENSTERPLATZ IM HERRENZIMMER DES HAUSES GEO REINHART. AUSF.: H. ASCHBACHER—ZÜRICH.
statt. So lernte er sehen und betrachten. All-
mählich erwachte der Sinn für das Schaffen in ihm.
Er half bei kleinen Arbeiten. Er verstand es, de-
mütig und geduldig zu sein, und bildete so seine Er-
fahrung, ohne es zu merken. Eines Tages fühlte er
sich fähig, sein eigenes Stück zu schaffen, seine Idee
in einem Werke wiederzugeben. Er war reif für
die Schöpfung — und er hieß Verrocchio, Michel An-
gelo .... Heute erörtert man viel zu viel. Man
schafft viel zu schnell. Die Mehrzahl der zeitge-
nössischen Werke läßt es sehr an der Handfertigkeit
fehlen. Alles ist falsch an ihnen, wenn der Wille des
Künstlers nicht durch direkte Beobachtung und
persönliche Erfahrung gereift ist. Unerläßlich
wäre es, daß die neuen Generationen von Künstlern
wiederum die Heiligkeit des Metiers lernten, damit
die Kunst wieder das würde, was sie jederzeit ge-
wesen ist, der vollständige und tröstende Ausdruck
des menschlichen Ideals. Indem man sich der Natur
und den menschlichen Meisterwerken mit Einfalt
und Geduld widmet, wird man aufs neue die Schön-
heit des Metiers der Kunst begreifen, ohne sie mit
der industriellen Routine zu verwechseln, die den
Künstler in eine Maschine umwandelt, auguste rodin.