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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 22.1911

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Lang-Danoli, Hugo.: Probleme im Kunstgewerbe
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Westheim, Paul: Weltmännisches Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.11722#0191

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INNEN-DEKORATION 167

RA-











I





























ARCHITEKT KARL BERTSCH —MÜNCHEN. EMPFANGSZIMMER. AUSF.: DEUTSCHE WERKSTÄTTEN G.M.B.H.

WELTMÄNNISCHES KUNSTGEWERBE.

Manch kunstgewerbliches Erzeugnis, dem der »künst- haben. Diese Dinge sind durchdrungen von modernem
lerische Wert« unbedingt nicht abgesprochen Geist und entbehren doch nicht dieser reizvollen Anmut,
werden kann, stößt auf einen seltsamen Widerstand die wir den Wohnräumen, Möbeln und all dem Klein-
beim großen Publikum. Man erkennt und schätzt an gerät mit der gleichen Selbstverständlichkeit geben müssen,
solchen Gestaltungen wohl die originale Lösung, das Die Aufgabe ist wohl die, den künstlerisch neuen
neue Wollen, verspürt in ihnen den Widerklang der Gedanken, wie er in den Gewerben da oder dort her-
Zeit, und trotz alledem wecken sie nicht Besitzer- vorlugt, kräftiger zu reinigen von jenen Schlacken der
Begierden. Man läßt sich herbei, über sie als kunst- Schwerfälligkeit, des Gewollten, Gesuchten, Gezwungenen,
gewerbliche Leistungen zu debattieren, aber wie selten mitunter sogar Gespreizten, die so vielen (schülerhaft
nur kommt man auf den Gedanken, sie in den Bereich unreifen) Leistungen anhaften. Es kann nicht oft ge-
des eigenen Hausrats einzubeziehen. nug wiederholt werden, daß die wahre Bestimmung
Selbst Leute, die nicht befangen an allem Gestrigen allen Hausrates nur sein kann, dem Heim eine
kleben, die genug innere Elastizität besitzen, um sich schöne Behaglichkeit zu geben. Behaglichkeit
zu einer frischen Idee zu bekennen, üben diese Zurück- ist aber undenkbar, wenn man bei jeder Ecke und
haltung. Sie sind erfüllt von dem Glauben an die Kante über ungelöste Prinzipien und Probleme stolpern
Sache und an die wirkenden Kräfte, während das muß, wenn einem jedes Stuhlbein, jeder Bucheinband,
einzelne Stück ihnen noch nicht brauchbar genug sogar die Zi^arettendose entgegenschreien: Wie bin ich
erscheint. Für dieses Verhalten fehlt keineswegs die doch originell, wie bin ich sorgsam ausgeklügelt 1 Es
Begründung: bei aller künstlerischen Potenz beklagen fehlt eben die Selbstverständlichkeit, die welt-
sie — ganz trivial ausgedrückt — einen Mangel an männisch sichere gesellschaftliche Haltung. Die
Gefälligkeit. Womit keineswegs gemeint ist die Kunstgewerbler werden sicherlich schneller und nach-
triviale Gefälligkeit der rosaroten und Vergißmeinnicht- haltiger sich das große Publikum gewinnen, wenn sie sich
blauen Blümchen, die jun~e Mädchenherzen pubbern bewußt werden wollten, daß man sich nur im Cafehaus
macht, sondern jener natürliche weltmännische Chic, über Theorien und Prinzipien erhitzt, während für den
den eine gut gearbeitete Toilette, ein berückender Salon der erlesene Chic allein ausschlaggebend sein kann.
Damenhut oder ein eleganter Stiefel ohne weiteres Die verblüffende Beliebtheit moderner Klubsessel und

1911. IV. 3.
 
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