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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 22.1911

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Creutz, Max: Das Haus Meirowsky in Cöln-Lindenthal
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https://doi.org/10.11588/diglit.11722#0293

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XXII. JAHRGANG.

DARMSTADT.

JULI 1911.

DAS HAUS MEIROWSKY IN CÖLN-LINDENTHAL.

VON DIREKTOR DR. MAX CREUTZ - CÖLN.

In seltener Weise haben die alten Cölner Bürger-
häuser Beruf und Geselligkeit ihrer Bewohner
in Einklang zu bringen gewußt. An den Giebeln
ragen noch heute die alten Auslegebalken hervor,
aus deren Köpfen und Fratzen das Seil die Waren
niederließ und emporholte. Trat man in das Treppen-
haus oder die Diele, so waren hier die Waren auf-
gespeichert, man sah durch ein Fenster den Kauf-
herrn, der einen gar bald in das wohnliche Hinter-
stübchen führte, wo der Blick über Gartenanlagen
und Weingärten hinausschweifte, wie denn über-
haupt das Weinlaub und der Wein auf diesen alten
Sitzen keine unwesentliche Rolle spielte. In den älte-
ren Anlagen läßt sich diese Art des Wohnens noch
heute deutlich verfolgen. Wie damals, so verbindet
sich auch heute noch Geschäftigkeit mit heiterer
Lebensfreude. Das ist des Volkes alter Brauch.

Die Anhänglichkeit der Bewohner an das städ-
tische Gemeinwesen zeitigte eine gewisse konser-
vative Art des Wohnens, doch war manches dem
Wechsel unterworfen, bedingt durch die impulsive
Veranlagung der Bewohner, die in der glücklichen
Lage der Stadt die Strömung der Zeiten unmittel-
bar erlebten. In allen Bauten äußerte sich eine
gewisse Vornehmheit, im Wohnhaus des Mittel-

alters wie der Renaissance eine einfache Groß-
zügigkeit, die sich willig dem Gesamtorganismus
unterordnete. Stets nahm man Rücksicht auf die
Umgebung, den vorgelagerten Platz oder den
Garten, repräsentativ und einladend zugleich. Der
alte volkstümliche Gemeinsinn, geschäftig und lebens-
freudig, hielt alles umfangen. Das änderte im 18.
Jahrhundert fremder französischer Einfluß in den
Herrensitzen der Geschlechter, die für sich in aristo-
kratisch repräsentativer Art zu dem alten demo-
kratischen System in einen gewissen Gegensatz
traten. Aber die Art des Wohnens bedeutete eine
hohe, wenn auch fremde Kultur, zumal in Ver-
bindung mit den parkähnlichen Gartenanlagen, wie
sie noch heute in Cöln erhalten sind. Das Wohn-
haus des 19. Jahrhunderts, in Klassizismus wie
Romantik, hat vieles von der guten alten Art
des Bürgertums wiedergewonnen. Erst die Neu-
renaissanceperiode der achtziger Jahre durchbrach
im Miethaus die alten Traditionen in spekulativer
und unglücklicher Veranlagung. Es wurde viel
Zufälligkeit und Willkür geschaffen. Man wußte
nichts mehr von einer Kultur des Wohnens. Nur
wirken wollte man nach außen, reich und schein-
bar vornehm. Man trieb einen großen Aufwand

1911. Y1I. 1.
 
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