INNEN-DEKORATION
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REG.-BAUMEISTER JULIUS HABICHT—BERLIN, REICHSBANK-GEBÄUDE IN SONDERBURG.
DAS REICHSBANK-GEBÄUDE IN SONDERBURG.
Es ist hinlänglich bekannt, daß die offizielle Baukunst, ein Förderer des Klassischen, nicht im akademischen,
wie wir sie seit mehreren Jahrzehnten in Deutsch- blutleeren, vielmehr im produktiven Sinne. Auch das
land haben, eine starke Neigung zum akademischen konnte man auf der diesjährigen Akademie-Ausstellung
Eklektizismus aufweist; und ferner, daß die meisten erkennen lernen. Da standen Modelle, da hingen
dieser Bauten sowohl der starken Persönlichkeit, wieder Photos nach den Bauten Ludwig Hoffmanns, nach
reinen Qualität entbehren. Der Beschauer empfängt denen von Julius Habicht; man sah keine bewußte
den Eindruck, als hätte dem Architekten der Mut ge- Revolution, kein keckes Abenteuer, man sah eine durch
fehlt, etwas Eigenes, wirklich Empfundenes zu schaffen. die Tradition erzogene Lust an der Steigerung und
Beinahe könnte man sagen, daß zum Typus des Re- rhythmischen Neuwertung des Übernommenen. Es war
gierungsbaues das Ängstliche, das Verwischte und Ge- überaus erfreulich, neben dem Typus der fleißigen
quälte gehört. Wozu sich dann noch das Langweilige Akademiker in Hoffmann und Habicht Menschen von
und das Unsinnliche gesellt. Über diesen Tatbestand Nerv, Instinkt und Geschmack zu treffen,
berichtete eben erst die Berliner Ausstellung der Aka- Habicht ist der Baumeister der Reichsbank; ihm
demie-, da waren charakteristische Proben von Staats- ist es zu danken, daß während der letzten Jahre ein
bauten zu sehen, alle gleichmäßig uninteressant, wissen- liebenswürdiger Kranz freundlicher und ausdrucksfester
schaftlich, kombiniert, gezeichnet, aber nicht erlebt. Bankhäuser das Land um gesunde Schönheit bereicherte.
Man beachte das wohl: wir wissen, daß keine moderne Es gibt ganz gefährliche Reichsbankhäuser-, man er-
Baukunst die Konvention verleugnen darf, daß der Ar- innere sich nur an das Danziger, an dessen kaltes
chitekt mehr als jeder andere Künstler ein Erfüller und Pathos und überlastete Repräsentation. Habicht hat
Ausdeuter des historisch Gewordenen sein muß. Aber, bei allen seinen Arbeiten sich prinzipiell auf das Not-
wir haben es oft genug erfahren, daß der Gehorsam, wendige, das Erforderliche beschränkt. Er suchte einen
die schüchterne, gar mildernde und abschwächende Typ, der das Wesen der Reichsbank, eine Diagonale
Kopie, die Entwicklungsreihe nicht fortsetzt, sondern zwischen Geschäftshaus und Staatsgebäude, sichtbar
verwässert. Nur, wer die überlieferte Gefühlswelt unter mache. Er wollte die Nüchternheit des Kaufmännischen
der Forderung der Zeit mit starkem Temperament in mit der Würde des Amtes, das Einladende mit dem
eine eigene, neue Form zu zwingen weiß, ist wahrhaft Herrschenden vereinen. Er wollte nicht pompös blen-
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REG.-BAUMEISTER JULIUS HABICHT—BERLIN, REICHSBANK-GEBÄUDE IN SONDERBURG.
DAS REICHSBANK-GEBÄUDE IN SONDERBURG.
Es ist hinlänglich bekannt, daß die offizielle Baukunst, ein Förderer des Klassischen, nicht im akademischen,
wie wir sie seit mehreren Jahrzehnten in Deutsch- blutleeren, vielmehr im produktiven Sinne. Auch das
land haben, eine starke Neigung zum akademischen konnte man auf der diesjährigen Akademie-Ausstellung
Eklektizismus aufweist; und ferner, daß die meisten erkennen lernen. Da standen Modelle, da hingen
dieser Bauten sowohl der starken Persönlichkeit, wieder Photos nach den Bauten Ludwig Hoffmanns, nach
reinen Qualität entbehren. Der Beschauer empfängt denen von Julius Habicht; man sah keine bewußte
den Eindruck, als hätte dem Architekten der Mut ge- Revolution, kein keckes Abenteuer, man sah eine durch
fehlt, etwas Eigenes, wirklich Empfundenes zu schaffen. die Tradition erzogene Lust an der Steigerung und
Beinahe könnte man sagen, daß zum Typus des Re- rhythmischen Neuwertung des Übernommenen. Es war
gierungsbaues das Ängstliche, das Verwischte und Ge- überaus erfreulich, neben dem Typus der fleißigen
quälte gehört. Wozu sich dann noch das Langweilige Akademiker in Hoffmann und Habicht Menschen von
und das Unsinnliche gesellt. Über diesen Tatbestand Nerv, Instinkt und Geschmack zu treffen,
berichtete eben erst die Berliner Ausstellung der Aka- Habicht ist der Baumeister der Reichsbank; ihm
demie-, da waren charakteristische Proben von Staats- ist es zu danken, daß während der letzten Jahre ein
bauten zu sehen, alle gleichmäßig uninteressant, wissen- liebenswürdiger Kranz freundlicher und ausdrucksfester
schaftlich, kombiniert, gezeichnet, aber nicht erlebt. Bankhäuser das Land um gesunde Schönheit bereicherte.
Man beachte das wohl: wir wissen, daß keine moderne Es gibt ganz gefährliche Reichsbankhäuser-, man er-
Baukunst die Konvention verleugnen darf, daß der Ar- innere sich nur an das Danziger, an dessen kaltes
chitekt mehr als jeder andere Künstler ein Erfüller und Pathos und überlastete Repräsentation. Habicht hat
Ausdeuter des historisch Gewordenen sein muß. Aber, bei allen seinen Arbeiten sich prinzipiell auf das Not-
wir haben es oft genug erfahren, daß der Gehorsam, wendige, das Erforderliche beschränkt. Er suchte einen
die schüchterne, gar mildernde und abschwächende Typ, der das Wesen der Reichsbank, eine Diagonale
Kopie, die Entwicklungsreihe nicht fortsetzt, sondern zwischen Geschäftshaus und Staatsgebäude, sichtbar
verwässert. Nur, wer die überlieferte Gefühlswelt unter mache. Er wollte die Nüchternheit des Kaufmännischen
der Forderung der Zeit mit starkem Temperament in mit der Würde des Amtes, das Einladende mit dem
eine eigene, neue Form zu zwingen weiß, ist wahrhaft Herrschenden vereinen. Er wollte nicht pompös blen-