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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Schliepmann, Hans: Der Stil der Zukunft, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0013

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Isiluslrirle kmyMvMicheWeitschnsi für

ZU beziehen nur durch den Buchhandel.

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Sämmtliche mit * versehenen Illustrationen stehen unseren Lesern zur verwerthung frei.

Dir Zeitschrift ist verbreitet in allen Kulturstaaten,

Illustrationen und textliche Beiträge nur an die Schriftleitung in Darmstadt erbeten.

Nur Sonder-Hefte sind einzeln L Mk. 2.— erhältlich.

Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt, Leipzig.
Insertions-Bedingungen am Schluß der Zeitschrift.

VII. Iahrg. 1896.

-U Leipzig ^ Darmstadt Wien. M-

Januar-Heft.

til dep

nkunft.

Line Neujahrs-Betrachtung von Hans Schliepmann.

e weniger der Mensch mit seinem
Lose und dem Laufe der Welt zu-
frieden ist, desto lebhafter
ist an der Jahreswende
seine Frage: Was wird
nun werden? Was wird
das neue Jahr bringen?
j)ch fürchte, daß es auch
unter den Lesern dieser
die weitesten Interessen
berührenden Zeitschrift
nicht wenige geben wird, die nicht
ohne Bangen die gleiche Frage thun.
Was werden wir nun schaffen, woraus
werden wir uns nun einstellen müssen, um
modern zu sein, welchen Stil wird der Moloch
Publikum, wenn er das Empire aufgefressen,
von uns fordern? Wenn ich mit der
Sicherheit einer Aartenschlägerin und mit
dein Erfolge eines Bismarck den „Herren
Interessenten" heut schon mittheilen
könnte, was übermorgen „modernster
5til" werden wird, so würde ich als
Wohlthäter der Geldbeutel und Geld-
schränke aller Möbel-, Tapeten-, Teppich-,
ötoff-, Beleuchtungskörper-, Gfenfabri-
kanten, Maler und Stuckateure einen
Vignette non h. Lenker, «arkrnhe. Ehrenplatz neben den gesegnetsten Mode-

gigerln der Millionärklasse verdienen, die Leben und Börse
daran setzen, sich alle Vierteljahre vom Vorhemdknopf bis zum
Büffet nach dem aller-, aber auch allerallerneuesten Geschmack
auszustatten. So hoch reicht mein Ehrgeiz aber nicht. Und reichte
er selbst so hoch hinauf, so reichte er doch nicht aus, denn
die Statistik ist leider noch nicht so weit ausgebildet, daß man
eine einigermaßen zuverlässige Summe aus all den kleinen
Geschmackabirrungen der Einzelnen ziehen könnte, die einen neuen
Modegeschmack vorbereiten und ihn durchführen, sobald eine
Mehrheit nach irgend einer bestimmten Seite neigt.

An welcher Eigenschaft des „Empire" eines schönen Tages
die Modesreunde zuerst eine besondere Langeweile empfinden
werden (denn, im Vertrauen: die Langeweile ist bei ihnen chronisch
und wird nur noch empfunden, wenn sie einen besonderen Gipfel
erreicht I), kann heut noch Niemand sagen. Stimmen aber dann
einmal fünfzig solcher „führenden Geister" darin überein, daß
eine ganz bestimmte Eigenthümlichkeit des jetzt so geliebten Empire
„stumpfsinnig" sei, so darf man die Zuversicht hegen, daß man
krampfhaft irgend einen „neuen" alten Stil hervorsuchen wird,
der sonst so abgeschmackt wie möglich sein kann, wenn er nur
in Bezug aus jene stumpfsinnige Eigenthümlichkeit das Gegentheil
des Empire ist.

Anders vermag ich mir wenigstens den Wechsel der Moden
nicht zu erklären. Daß man bei der Wahl des Neuen auch nach
Vernunftgründen verfahren könne, daß freundliche, scherzende,
spottende, eifernde oder wetternde Lehre hierzu auch nur das
Geringste thun könne: der Hoffnung habe ich längst entsagt.
„Bilde mir nicht ein, ich könne was lehren, die Menschen zu
bessern und zu bekehren." Und Andere werden es auch nicht
vollbringen! So treffend und ergötzlich und nach allen Regeln
der Uunst die Manie des Empire im Mktober-Heft des vorigen
 
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