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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

DOI article:
Jaffé, Franz: Die Beleuchtung, eine entstehende Kunst
DOI article:
Bergfeldt, B.: Neue Kunst in der Innen-Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0136

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Seite Y8.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Juni-Heft.

kugel, welche durch Sandgebläse mattirt wird, wird in einer
umhüllenden Form von Blüthenblättern aus Glas oder einem
anderen durchscheinenden Medium so angebracht, daß sie nur
wenig daraus hervorsieht. Ebenso erkannte man schon damals
das Prinzip als gut, Glühlichter innerhalb Krystallkronen so
anzubringen, daß dadurch die ganze äußere Glasumhüllung in Art
japanischer transparenter Beleuchtungskörper beleuchtet erschien.
Diese Beleuchtungsart fand später in Europa sowohl wie nament-
lich in Amerika eine ausgezeichnete Verwerthung.

Die Wiener Ausstellung s885 ging vorüber, und neue
Probleme tauchten auf, die elektrische Beleuchtung allgemein nutz-
bringend und werthvoll zu gestalten. s886 wurde in Paris ein
Projekt zu einem Sonnenleuchtthurm aufgestellt, welcher ganz aus
Granit sein und auf seinem Gipfel mächtige Bogenlampen tragen
sollte. Ein französischer Admiral dachte einen kolossalen Licht-
träger in Gestalt eines Riesenmastes zu konstruiren, welcher von
allen Seiten mit Tauen gehalten werden sollte: aus allen diesen
Ideen ging später der Eiffelthurm auf der Weltausstellung zu
Paris s889 hervor, die gewaltige Schöpfung eines Mannes wie
Eissel, der seinen Namen mit den Riesenfortschritten der Technik
und der Wissenschaft in diesem Jahrhundert unzertrennlich ver-
bunden hat. Wie vorher schon angedeutet, fand die aus der
Wiener Ausstellung angeregte Idee der leuchtenden Springbrunnen
ebenfalls in Paris eine großartige Verwirklichung, obgleich die
Idee ursprünglich Amerika ihre Entstehung verdankt. Inzwischen
schritt auch das Burgtheater in Wien seiner Vollendung entgegen
und damit wurde eine große Menge reizvoller Motive der Form-
gebung für die neue Beleuchtung geschaffen. Man ging dazu
über, elektrische Beleuchtungskörper mit Figuren zu komponiren;
mehrere Ausführungen der elektrischen Beleuchtungskörper in
Theatern, z. B. in Halle, späterhin und in der Folge verdanken
den hier gegebenen Ideen ihren Ursprung.

Die Form der einzelnen Glühlampen war in fast allen Fällen
dieselbe. Man wählte immer und immer wieder Blüthensormen
und Fruchtkelche. Warum war man gerade auf diese gekommen?
Dies hatte erstens wohl einen technischen Grund, indem die Birnen-
form der Schleife und Schlinge des Glühfadens genau angepaßt
war, und es hatte ferner einen ästhetischen Grund, indem man
daran dachte, daß mit dem Begriff der Blume Blühen und Duft,
Freude und Glanz und Licht und Leben verbunden ist. Doch ist
damit der Formenkreis für die Gestaltung elektrischer Glühlicht-
körper erschöpft? Keineswegs! Außer der Blüthenwelt harren
die Muscheln, Korallen, die Insekten und Schmetterlinge der
Anwendung ihrer Formen als Lichtträger. Eine leuchtende Libelle,
die auf einem dekorativen Weinlaub haftet, welches die Wand
einer Veranda bedeckt, mag von hier aus in bläulich schillerndem
Lichte ihre Strahlen entsenden, während die Trauben des Wein-
laubs ebenfalls als leuchtende Körper ausgebildet sind. In einem
Quellen- oder Baderaum mögen Korallen und Muscheln, als
selbständige Beleuchtungskörper angebracht, ein fantastisches und
märchenhaftes Licht zuführen. Die ganze große Formenwelt der
Natur ist in ihrer Anwendung auf die Leuchtkörper erst außer-
ordentlich wenig ausgenutzt worden.

Ein Gedanke, der inzwischen und hauptsächlich in England
und Amerika bereits seine Verwirklichung gefunden hat, ist der,
die Beleuchtungskörper der Architektur eines Raumes so anzu-
schließen, daß sie als organische Glieder desselben erscheinen.
Nicht-brennende Lampen in der Mitte eines Raumes hängend,
erscheinen am Tage funktionslos und hinterlassen keinen ästhetisch
befriedigenden Eindruck, weil der Anschluß an die Architektur des
Raumes fehlt. Man ging also damit vor, die Beleuchtungskörper
selbst als integrirende Theile dem Formengerüst des Raumes
anzuschließen. So entstanden die Sternen- und Rosettenfriese von
elektrischen Glühlampen, so entstanden die mit Glühlampen
besetzten Grate der Gewölbe, indem ihre Kraftlinien eine besonders

auszeichnende Behandlung erfuhren. Es ist unschwer, ganze Decken
und Wandflächen, sei es als durchscheinende Glasgemälde, sei es
als Glühlichtkompositionen der Beleuchtungskörper heranzuziehen.
Die Transparenzerscheinung ist nicht beschränkt auf Blüthen und
Blumen und die leuchtende Architektur der Räume, welche auf
der Weltausstellung zu Ehicago s893 in einem glanzvollen Bei-
spiel vorgeführt wurde, harrt noch ihrer weiteren Erschließung.
Man kann sich schließlich auch hierin der Plastik zuwenden und
daran denken, sie unter Wahrung künstlerischer Wirkung von Licht
und Schatten selbstleuchtend zu gestalten. Welche Kuppel eines
Domes könnte eine idealere Beleuchtung haben, als einen Kran;
von Engelsfiguren in der Höhe, von denen das Licht selbst aus-
geht und den Raum durchleuchtet. Jedoch sind dies Zukunfts-
träume, die dem folgenden Jahrhundert angehören, in welchem
die Elektrizität durch Ausschließung der Naturkräfte, die sich in
den Sonnenstrahlen, den Meereswellen und in den Flußläufen
aufgespeichert finden, ganz dem Menschengeschlechts gehören wird,
in welchem Arbeitskraft, Wärme, Licht Jedem wohlfeiler als
bisher zugänglich und in welchem die Elektrizität Jedem ein
Helfer und ein Rathzeber sein wird. Wie ein Wehen des Früh-
lings in der künstlerischen Welt ist es über die Lande gekommen,
seitdem die Sonne des elektrischen Lichtes emporgestiegen ist!
Herrliche Blüthen und Früchte wird und soll sie zeitigen am
Baume des Kunstgewerbes, und neue Aufgaben harren der schaf-
fenden Hand und dem bildenden Genie des Künstlers. —

Neue-Murrst in

von B. Bergseld.

ie Anregungen, welche ich in einem früheren Artikel
klarlegte, daß die Herren Dekoratöre bei Zimmer-
Einrichtungen mehr auf Farben als aus den Stil sehen
möchten, haben auf verschiedenen Seiten Anklang gefunden.
So sehen wir in dieser Art in der am s. Mai eröffnten Berliner
Gewerbe-Ausstellung und zwar im Hauptrestaurant zwei neben-
einander liegende Salons, welche in dieser Weise behandelt sind.
Der erste Saal ist in gelber, der daneben liegende in blaugrüner
Farbe gehalten und übt der kontrastirende Uebergang vom matten
Gelb zu dem fahlen Blau eine berückende Wirkung aus. Diese
wird besonders noch dadurch verstärkt, daß auch die Decken der
betreffenden Räume eine entsprechend gelbe und blaugrüne Farbe
zeigen. Die Tapete des letzteren Zimmers ist glatt Uni, ohne
Muster, und ist die Tapete in einer Art Satin hergestellt, wodurch
das Zimmer einen gewissen farbigen Glanz, der von den Wänden
ausstrahlt, erhält; über dieser glatten Tapete läuft ein breiter
Fries, der in der Hauptfarbe Grange ist und wiederum einen
anderen Ton ausstrahlt, der in Verbindung mit dem Wandton
dem Zimmer einen eigenartigen Reiz verleiht. —

Eine sehr schöne, neue Erfindung, welche auch hierher gehört,
wurde mir neulich von einer Krefelder Firma vorgelegt. Es
handelt sich um Fenstergardinen aus leichtem Seidenstoff, der mit
verschiedenen Malereien verziert ist; diese Gardinen werden glatt
vor das Fenster gespannt und geben je nach der Grundfarbe und
der Farben in der Malerei dem Zimmer ein sehr feines Licht.

Hierbei möchte ich auch den Herren Dekoratören ans Her;
legen, die bekannte leichte, englische Oorub-Seide mehr ;u ver-
wenden, als es bisher bei uns in Deutschland geschehen ist. Die
Wirkungen von Dekorationen in diesem verhältnißmäßig billigen
Stoffe lassen sich durch kein anderes Material wiedergeben unb
wird derselbe deshalb auch in England sehr viel für Theater-
kostüme verwandt. So sah ich in London ein Ballet, in welchem
die Kleider der Balleteusen aus rother Lorull-Seide gefertigt und
von dem hellsten Roth bis zu dem dunkelsten abschattirt eine
prächtige Wirkung ausübten. Dieses kann man auch für Zimmer-
 
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