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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Schumann, Paul: Die Kunstgewerbliche Ausstellung in Dresden 1896, [1]
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Bach, Max: Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe in Stuttgart, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0242

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Seite s82.

Mktober-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

genossenschaft der Täschner- und Tapezierer-Innung, aus dem
Möbelmagazin von Meistern der Tischler-Innung zu Dresden und
von Gebr. Scheller, Werdau. Als Spezialität sind noch die Bambus-
nnd Korbmöbel von Theodor Reimann, Dresden, zu erwähnen, die für
Garten und Veranda sehr empfehlenswerth erscheinen. In der Zusammen-
stellung der Bambusstäbe zu mannigfaltigen Formen ist Geschmack und Fantasie
offenbart, auch die gesammte Anordnung ist ansprechend und gefällig. Den Vor-
hängen aus aufgereihten perlen vermag ich keinen Geschmack abzugewinnen.

Mas in der AusstellungIzu vermissen ist, das sind einfache aber zugleich
geschmackvolle Möbel zu billigem Preise, oder mit einem Worte, es fehlt in
den Zimmer-Einrichtungen die Volkskunst. Die Ausstellung von Zimmer-
Einrichtungen, die I8gz der Dresdener Gewerbeverein veranstaltete, brachte
in Folge eines Preis-Ausschreibens,peinige ganz vortreffliche Einrichtungen
von Kreil in Wurzen nach Entwürfen der Dresdener Architekten Schilling
nnd Gräbner. Sie waren billig, dabei durchaus solid gearbeitet und bei
aller Einfachheit nicht ohne künstlerischen Werth. Die zahlreichen Bestellungen,

welche auf diese Zimmer-Einrichtungen eingingen, zeigten, welchen Anklang
sie gefunden hatten. Ls ist nun sehr bedauerlich, daß derartige Anregungen
ganz ohne Folgen bleiben. Das Bestreben der Tischler geht leider immer
mehr darauf hinaus, mit einer mehr oder minder luxuriösen Einrichtung zu
paradiren, als zu zeigen, daß sich auch für weniges Geld etwas Ansprechendes
Herstellen läßt, wenn man nur die richtigen Mittel anwendet. Die gering-
werthige Nachahmung der Luxusformen thuts nicht.

Hiervon abgesehen, kann man über die sächsische Möbeltischlerei das
Urtheil fällen, daß im Durchschnitt handwerklich Tüchtiges geleistet wird;
künstlerisch Hervorragendes nur da, wo tüchtige Künstler zur Mitwirkung
herangezogen worden sind. Die Ueberladung mit Vrnamentwerk, die uns
bei der Berliner Möbelfabrikation zu so herbem Tadel herausgefordert hat,
ist in der Dresdener Ausstellung im Allgemeinen nicht zu finden. Dagegen
findet sich allerdings hier und da ein Uebermaß von Draperien, besonders
in Schlafzimmern, wo sie doch schon aus gesundheitlichen Gründen auf das
Nothwendigste zu beschränken sind. —

Musstellung füe Elektrotechnik und sMunstgeioerke in

von Max Bach.

tuttgart.


^r die von uns schon geschilderten schönen Räume unserer Aus-
stellung betritt und einen Rundgang macht in den prächtigen

Hallen und Sälen des
neuen Gewerbemuseums,
der ist zunächst etwas ent-
täuscht, denn im großen
Ganzen findet er nicht
das, was er vielleicht
erwartet hat: eine ein-
heitlich organisirte, künst-
lerisch geleitete Kunst-
gewerbe-Ausstellung, wie
man sie z. B. von Mün-
chen und besonders Karls-
ruhe her gewöhnt ist.
Dazu fehlte bei uns die
Grundlage, d.h. ein Bau,
mit dem man machen
konnte, was man wollte,
ein Glasxalast, der gleich-
sam nur das Skelett bil-
dete für die darin anzu-
bringenden Architekturen,
Hallen und Kojen, um
darin nach Herzenslust
schalten und walten zu
können. Ganz anders
hier; der eben vollendete
Prachtbau sollte an sich
schon ein Ausstellungs-
objekt bilden, er durfte
nicht verkleistert und ver-
stellt werden durch alle
möglichen Einbauten und
Augenblicks > Dekoratio-
nen. Ferner konnte nur
ein Theil des Riesenbaues
für die Zwecke der Aus-
stellung verwendet wer-
den, da die Sammlungen
der Königlichen Lentral-
stelle gleichzeitig eröffnet
wurden, welche einen sehr
beträchtlichen Raum, ja
man kann sagen die
Blume der ganzen Aus-
stellung für sich in An-
spruch nehmen. Nur der

Bibliotheksaal und die für die technologischen Sammlungen vorgesehenen
Räume durften mit Ausstellungsobjekten belegt werden; ferner der große
Lichthof, die König Karl-Halle mit ihren Nebenräumen, die auch fernerhin
für temporäre Ausstellungen hervorragender kunstgewerblicher Erzeugnisse
benützt werden sollen.

In diese Halle wurde nun die L d e l m e t a l l > I n d ustr i e und ver-
wandte Gewerbe verwiesen, während in den Seitenräumen die Möbelfabriken
und Dekorateure ihre Luxuszimmer einrichten. Leider sind die letzteren noch

Abbildung Nr. H52.

Gruppe am „Schwabenkessel": „Marie von Lichtenslein"
(Siehe Sonder-Artikel auf Seile j(83.)

zum größten Theil unfertig, sodaß wir erst später darüber berichten können.
Die großen Geschäfte von Bruckmann L Söhne in Heilbronn, die
Gmünder Fabriken, sowie die Firma Föhr in Stuttgart haben hier ihre
Schätze ausgestellt. Bruckmann brillirt zunächst durch ein großes Schaustück:
den sog. „Schwabenkessel", welchem im vorliegenden Heft ein Spezial-Artikel
mit Abbildungen gewidmet wurde. Unter den übrigen Gegenständen dieser
Fabrik bemerken wir noch mit Vergnügen eine Kollektion alter Silbergeräthe,
die in den 20er Jahren von dem bekannten Modelleur Weitbrecht entworfen
wurden. So tief auch die Kunst in dieser Zeit gesunken war, so verrathen
diese Gegenstände doch noch einen gewissen klassischen Schönheitssinn, den
wir in unserer modernen, schnelllebenden Zeit öfters vermissen. Föhr in
Stuttgart zeichnet sich besonders durch Juwelen in schöner Fassung und
Zusammenstellung aus, ebenso die Gmünder Fabriken durch ihre mannig-
faltigen Erzeugnisse der Schmuck-Industrie. Neu sind die Dekorationen von
Glas- und Porzellan.Gefäßen durch Gold- und Silberbeschläge, nach eigenem
Verfahren von Storr L Debler.

Sehr mannigfaltig und originell ist auch die Ausstellung der Metall-
waarenfabrik von Mayer, welche erstmals auch Theaterschmuck, Helme,
Waffen u. dergl., freilich nicht immer historisch genau, zur Anschauung
bringt. In ihren Lrinnerungsschildern an gewisse Ereignisse, Festlichkeiten
u. dergl. vermissen wir oft ein künstlerisches Arrangement, doch sind die
einzelnen Medaillen immerhin tüchtige Leistungen der Medaillirkunst.

Auf der Gallerie rechts sind wiederum Metallarbeiten plazirt und
hier sehen wir uns zunächst in dem Ausstellungsraum von Paul Stotz um.
Das ist Kunstgewerbe im eigentlichen Sinne des Worts: prächtige Kandelaber,
Girandolen und Lüster neben kirchlichen Geräthen, worunter besonders ein
Taufkessel für die Johanneskirche in Düsseldorf nach dem Entwürfe von
Professor Schill auffällt; dann Gegenstände der höheren Plastik, eine herrliche
Grabfigur von Professor Rumann in München, ein Flötenbläser von Professor
Kühne, Reliefporträt des Reichskanzler^ Fürsten Hohenlohe rc., großartig in
Stil und Komposition sind die Reliefs von der großen Wandelhalle des
Reichstagsgebäudes von Professor Wiedemann, Berlin. Das Stotz'sche
Etablissement, welches sich aus dem väterlichen Geschäft einer Eisengießerei
allmählich emporarbeitete, steht unstreitig an der Spitze der kunstgewerblichen
Werkstätten Deutschlands. Neben Stotz hat dann Pelargus, die ältere
Kunstgießerei Stuttgarts, ausgestellt; hier sieht man Statuetten, Büsten und
Reliefs nach Modellen von Rösch, Paulus, Scharrath u. A. Weitere Bronze-
figuren bringt die Metallgußwaaren- und Armaturenfabrik von
A. Mayer zur Ausstellung, worunter besonders ein hübscher Flötenbläser
hervorzuheben ist. Daneben haben sich die Kunstschlosser etablirt: Braun
in Ravensburg, Koch in Rottweil, Bröll in Sindelfingen. Sehr aner-
kennenswerth ist das Streben, die alten Meister nachzuahmeu, und dieses
Streben hat auch zu günstigen Resultaten geführt, doch bleibt immer noch
viel zu thun übrig. Als Prachtstück dieser Branche nennen wir das Gitter-
thor für das Schloß Wolfegg im Stil der späteren Renaissance nach Entwurf
von Professor Seubert. Wasseralfingen, unsere große, staatliche Eisen-
gießerei, zeigt sich heute in etwas günstigerem Licht als früher, sie hat jetzt
auch die Farbe in ihr Programm ausgenommen: farbige Defen, farbige
Architekturtheile u. dergl., das ist sehr anerkennenswertst und löblich, und
es sind damit zweifellos ganz vortreffliche Wirkungen erzielt worden.

Die Gallerie links birgt Glas- und Porzellan-Malerei und besonders
Lederwaaren; letztere überwiegend. Lederschnitt-Arbeiten von Feucht in
Stuttgart gehören zu dem Besten, was die Ausstellung überhaupt bietet.
Feucht ist ein Künstler im wahren Sinne des Wortes; seine heraldischen
Arbeiten sind geradezu verblüffend, man sieht sich förmlich in die Zeit des
Mittelalters versetzt, jeder Zoll ist hier echt, jede Linie mit Bewußtsein und
feinem künstlerischen Takt gezogen, jede Modellirung feinfühlig erwogen und
 
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