November-k)eft.
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Seite 203.
deren Verfertigung vielleicht Jahre und eine große Aufopferung von Geduld
und Mühe nöthig waren, zu schaffen. Ganz eigenthüinlich ist das Bestreben,
europäische Polstermöbel in Holzschnitzstil nachznahmen, indem die Polsterung
selbst, nicht bloß das Gestell, durch Schnitzerei ausgedrückt wird.
Georg Schüttle hat in der Geißlinger Abtheilung der Gewerbehalle,
vielleicht von Manchen unbeachtet, eine ganz originelle „arabische Ecke"
arrangirt. Unter einem reich draxirten Zelt, zu dessen Stützen verschieden-
artige Lanzen verwendet wurden, sieht man ein wirkungsvolles orientalisches
Gemälde. Die Möbel: Kornmode, Kanapee, Stühle, Tischchen, sind von
einfacher Konstruktion — Grundton weiß mit schwarzem Holz und aufge-
nagelten Metallbeschlägen — haben etwas ganz eigenartig fremdartiges,
echt arabisches. Ein geheimnißvoller Zauber, der wesentlich durch die
santasievolle Beleuchtung hervorgebracht wird, ist über das Ganze gegossen;
da sehen wir z. B. einen Reisleuchter in mittelalterlichen Formen, der aus
mosaikartig zusammengesetzten, von Licht durchglühten Glassteinen besteht,
das Zelt erleuchtet eine echt orientalische Hängelampe kuppelartig durch-
brochen mit herabhängenden Zierrathen.
von den verschiedenen Arrangements in der Gewerbehalle möchten wir
noch auf dasjenige des Stuttgarter Gas- und Wasserleitungs-
Geschäfts besonders aufmerksam machen; es ist entschieden das künstlerisch
hervorragendste der ganzen Halle. Zwei Appartements, das eine für die
Beleuchtungskörper, das andere als Badezimmer eingerichtet. Das letztere
enthält alle nur wünschenswerthen Bequemlichkeiten: Marmorbassin, Toilette,
Kloset, «Ofen, Divan rc. Die Wände sind mit Porzellanplatten mit auf-
gemalten originellen Dessins bekleidet. Malerarbeit ausgeführt von Hermann
Müller in Stuttgart, welcher auch das Fenster in durchaus stilvoller Weise
bemalt hat. von höchst origineller Komposition ist der Aushängeschild mit
dem daran hängenden Beleuchtungskörper: ein malerisch gewundener Kranz,
in dessen Mitte sich eine Amorette auf einer Trommel tummelt, in der einen
Hand den Paukenschlegel, in der anderen eine Guitarre schwingend.
Damit haben wir unseren Rundgang beendigt; trotz der obwaltenden,
schon erwähnten mißlichen Umstände ist noch immer viel Gutes zu Tage
getreten und der altbewährte Ruhm der Stuttgarter Möbel-Industrie hat
sich aufs Neue bewährt. Sie war redlich bemüht, nicht allein der herrschenden
Mode zu folgen, sondern auch dem verfeinerten Geschmack und den Bedürf-
nissen der Neuzeit zu entsprechen.
Von der II. Kaymschkn Fandes-Ansstkllnng in Nürnberg.
von Vscar Beringe r.
II.
enn man an dem sprudelnden Eascadenbrunnen vorbei, die Frei-
treppe des Industriepalastes emporgestiegen ist, um in der weiten,
lichten Kuppelhalle kurze Rast zu halten, ruft ein Blick in die
große Mittelhalle mit ihren Strauch- und Baumgruxpen, den Palmen und
Blumenbeeten einen ungemein erfrischenden Eindruck hervor, der durch die
reiche Verschiedenheit der Kreisportale, sowie einen in der Mitte aufgestellten
lustig aus Tropfsteinen emporsteigenden Springbrunnen noch gehoben wird.
Ls ist eine gute Vorbereitung für das, was in bunter Abwechselung bayerischer
Kunst- und Gewerbefleiß hinter den Portalen aufgestellt hat, es ist aber auch
ein Ruhepunkt für den Beschauer, der gerne bei dem Uebergang von einer
Kreis-Ausstellung in die andere sich hier in der erfrischenden Nittelhalle
inmitten der sieben Kreisportale eine kurze Ruhepause gönnt. Es werden
Stimmen laut, die die Verschiedenart der Kreisportale verwerfen, deren
Wunsch eine einheitliche architektonische Durchführung der Mittelhalle gewesen
wäre. Man kann ihnen in einigen Punkten Recht geben, aber sicher nicht
in allen, denn der Plan, sieben namhafte bayerische Künstler mit den Ent-
würfen der einzelnen Kreisportale zu betrauen und diesen freie Hand in
der Wahl des Stiles und der Anordnung zu überlassen, hat doch wirklich
ein Lrgebniß zu Tage gefördert, das ein überaus glückliches und hocherfreu-
liches genannt werden muß. vergessen wir doch nicht, daß wir in einer
Ausstellung uns befinden und schicken wir unsere etwas allzu „monumentalen"
Wünsche in diesem Falle in den Hintergrund.
Fast jedes der Kreisportale hat seine lokale Eigenart, das oberbayerische
ist echt münchnerisch, das untersränkische zeigt durchwegs Würzburger
Architekturmotive, aus dem portalbau der Pfälzischen Abtheilung athmet
uns der Frohsinn und die sprudelnde Lust dieser gesegneten Gaue entgegen
und in der mittelsränkischen Portal-Architektur ist ein Bau wiedererstanden,
der in Nürnberg vor nahezu 200 Jahren als Triumphpforte beim Einzug
eines deutschen Kaisers gedient hat. Und so hat auch jedes der anderen
Kreisportale, mit wenigen Ausnahmen, sein karakteristisches Gepräge erhalten.
Einen stimmungsvollen Empfangsraum bildet der Kuppelsaal mit
lebendig bewegten Malereien an den Wänden und der Kuppelwölbung. Die
Entwürfe dazu rühren von dem Direktor der Kunstgewerbeschule Professor
Karl Hammer her und sind von den Kunstmalern Hermann Kellner
und Karl Lürtzing in vortrefflicher weise zur Ausführung gebracht, von
reizender Wirkung ist namentlich ein durch glückliche Beleuchtung wirkungs- !
voll gehobenes Deckenbild, das drei das Bayernwappen umschwebende Lngels-
siguren zeigt, sowie mehrere Gobelin-Imitationcn, die die Städte München,
Nürnberg, Augsburg und Würzburg mit entsprechenden Staffagen zur Dar-
stellung bringen.
Ueber eine Anzahl Treppen schreitend, vor denen in frischem Grün die
Büste des Landesregenten auf hohem Sockel angebracht ist, gelangt man in
die ziemlich tiefer gelegene Haupthalle. Die Kreisportale sind so angeordnet,
daß zur rechten Seite die von Gberbayern, Unterfrauken und Gberfranken,
links die der Rheinxfalz, der Dberpfalz und von Schwaben sich erheben,
während das Portal von Mittelfranken im Raume freistehend den Abschluß
der Halle bildet.
Das Portal von Gberbayern und die Ausstattung der ganzen Ab-
theilung lag in den Händen des Architekten E Manuel Seidl, München,
der auch hier wieder, wie schon zu often Malen, sein Geschick bewiesen hat,
mit den einfachsten Mitteln eine schöne malerische Wirkung zu erzielen. Es
ist eine fünftheilige Bogenstellung, ganz in weiß mit leichter Anwendung
von Gold und grüner, pflanzlicher Dekoration. Ueber dem Portal ist eine
Bogenöffnung eingebaut, in deren Mitte sich zwei von Gedon modellirte
tubenblasende Genien erheben, die in eleganter Kartusche das Bayeruwappen
Abbildung Nr. H72. «Ofenschirm in Leder, von Alb. Feucht, Stuttgart.
tragen. Darüber ragt ein spitzer «Obelisk mit dem Bildnißrelief des Landes-
regenten in die Höhe. Einfach in den Formen, anspruchslos in der Farbe
und Anordnung, muß es doch als eines der besten der portalbauten bezeichnet
werden. Das Weiß der gesammten Architektur, das Gold des Kartuschen-
und Figurenschmuckes wird durch das geschickt vertheilte Grün des pflanz-
lichen Schmuckes vortheilhast gehoben und ist von vorzüglicher, edler Wir-
kung. Die Innen-Dekoration der Halle, die ein hübsches Abschlußxortal von
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Seite 203.
deren Verfertigung vielleicht Jahre und eine große Aufopferung von Geduld
und Mühe nöthig waren, zu schaffen. Ganz eigenthüinlich ist das Bestreben,
europäische Polstermöbel in Holzschnitzstil nachznahmen, indem die Polsterung
selbst, nicht bloß das Gestell, durch Schnitzerei ausgedrückt wird.
Georg Schüttle hat in der Geißlinger Abtheilung der Gewerbehalle,
vielleicht von Manchen unbeachtet, eine ganz originelle „arabische Ecke"
arrangirt. Unter einem reich draxirten Zelt, zu dessen Stützen verschieden-
artige Lanzen verwendet wurden, sieht man ein wirkungsvolles orientalisches
Gemälde. Die Möbel: Kornmode, Kanapee, Stühle, Tischchen, sind von
einfacher Konstruktion — Grundton weiß mit schwarzem Holz und aufge-
nagelten Metallbeschlägen — haben etwas ganz eigenartig fremdartiges,
echt arabisches. Ein geheimnißvoller Zauber, der wesentlich durch die
santasievolle Beleuchtung hervorgebracht wird, ist über das Ganze gegossen;
da sehen wir z. B. einen Reisleuchter in mittelalterlichen Formen, der aus
mosaikartig zusammengesetzten, von Licht durchglühten Glassteinen besteht,
das Zelt erleuchtet eine echt orientalische Hängelampe kuppelartig durch-
brochen mit herabhängenden Zierrathen.
von den verschiedenen Arrangements in der Gewerbehalle möchten wir
noch auf dasjenige des Stuttgarter Gas- und Wasserleitungs-
Geschäfts besonders aufmerksam machen; es ist entschieden das künstlerisch
hervorragendste der ganzen Halle. Zwei Appartements, das eine für die
Beleuchtungskörper, das andere als Badezimmer eingerichtet. Das letztere
enthält alle nur wünschenswerthen Bequemlichkeiten: Marmorbassin, Toilette,
Kloset, «Ofen, Divan rc. Die Wände sind mit Porzellanplatten mit auf-
gemalten originellen Dessins bekleidet. Malerarbeit ausgeführt von Hermann
Müller in Stuttgart, welcher auch das Fenster in durchaus stilvoller Weise
bemalt hat. von höchst origineller Komposition ist der Aushängeschild mit
dem daran hängenden Beleuchtungskörper: ein malerisch gewundener Kranz,
in dessen Mitte sich eine Amorette auf einer Trommel tummelt, in der einen
Hand den Paukenschlegel, in der anderen eine Guitarre schwingend.
Damit haben wir unseren Rundgang beendigt; trotz der obwaltenden,
schon erwähnten mißlichen Umstände ist noch immer viel Gutes zu Tage
getreten und der altbewährte Ruhm der Stuttgarter Möbel-Industrie hat
sich aufs Neue bewährt. Sie war redlich bemüht, nicht allein der herrschenden
Mode zu folgen, sondern auch dem verfeinerten Geschmack und den Bedürf-
nissen der Neuzeit zu entsprechen.
Von der II. Kaymschkn Fandes-Ansstkllnng in Nürnberg.
von Vscar Beringe r.
II.
enn man an dem sprudelnden Eascadenbrunnen vorbei, die Frei-
treppe des Industriepalastes emporgestiegen ist, um in der weiten,
lichten Kuppelhalle kurze Rast zu halten, ruft ein Blick in die
große Mittelhalle mit ihren Strauch- und Baumgruxpen, den Palmen und
Blumenbeeten einen ungemein erfrischenden Eindruck hervor, der durch die
reiche Verschiedenheit der Kreisportale, sowie einen in der Mitte aufgestellten
lustig aus Tropfsteinen emporsteigenden Springbrunnen noch gehoben wird.
Ls ist eine gute Vorbereitung für das, was in bunter Abwechselung bayerischer
Kunst- und Gewerbefleiß hinter den Portalen aufgestellt hat, es ist aber auch
ein Ruhepunkt für den Beschauer, der gerne bei dem Uebergang von einer
Kreis-Ausstellung in die andere sich hier in der erfrischenden Nittelhalle
inmitten der sieben Kreisportale eine kurze Ruhepause gönnt. Es werden
Stimmen laut, die die Verschiedenart der Kreisportale verwerfen, deren
Wunsch eine einheitliche architektonische Durchführung der Mittelhalle gewesen
wäre. Man kann ihnen in einigen Punkten Recht geben, aber sicher nicht
in allen, denn der Plan, sieben namhafte bayerische Künstler mit den Ent-
würfen der einzelnen Kreisportale zu betrauen und diesen freie Hand in
der Wahl des Stiles und der Anordnung zu überlassen, hat doch wirklich
ein Lrgebniß zu Tage gefördert, das ein überaus glückliches und hocherfreu-
liches genannt werden muß. vergessen wir doch nicht, daß wir in einer
Ausstellung uns befinden und schicken wir unsere etwas allzu „monumentalen"
Wünsche in diesem Falle in den Hintergrund.
Fast jedes der Kreisportale hat seine lokale Eigenart, das oberbayerische
ist echt münchnerisch, das untersränkische zeigt durchwegs Würzburger
Architekturmotive, aus dem portalbau der Pfälzischen Abtheilung athmet
uns der Frohsinn und die sprudelnde Lust dieser gesegneten Gaue entgegen
und in der mittelsränkischen Portal-Architektur ist ein Bau wiedererstanden,
der in Nürnberg vor nahezu 200 Jahren als Triumphpforte beim Einzug
eines deutschen Kaisers gedient hat. Und so hat auch jedes der anderen
Kreisportale, mit wenigen Ausnahmen, sein karakteristisches Gepräge erhalten.
Einen stimmungsvollen Empfangsraum bildet der Kuppelsaal mit
lebendig bewegten Malereien an den Wänden und der Kuppelwölbung. Die
Entwürfe dazu rühren von dem Direktor der Kunstgewerbeschule Professor
Karl Hammer her und sind von den Kunstmalern Hermann Kellner
und Karl Lürtzing in vortrefflicher weise zur Ausführung gebracht, von
reizender Wirkung ist namentlich ein durch glückliche Beleuchtung wirkungs- !
voll gehobenes Deckenbild, das drei das Bayernwappen umschwebende Lngels-
siguren zeigt, sowie mehrere Gobelin-Imitationcn, die die Städte München,
Nürnberg, Augsburg und Würzburg mit entsprechenden Staffagen zur Dar-
stellung bringen.
Ueber eine Anzahl Treppen schreitend, vor denen in frischem Grün die
Büste des Landesregenten auf hohem Sockel angebracht ist, gelangt man in
die ziemlich tiefer gelegene Haupthalle. Die Kreisportale sind so angeordnet,
daß zur rechten Seite die von Gberbayern, Unterfrauken und Gberfranken,
links die der Rheinxfalz, der Dberpfalz und von Schwaben sich erheben,
während das Portal von Mittelfranken im Raume freistehend den Abschluß
der Halle bildet.
Das Portal von Gberbayern und die Ausstattung der ganzen Ab-
theilung lag in den Händen des Architekten E Manuel Seidl, München,
der auch hier wieder, wie schon zu often Malen, sein Geschick bewiesen hat,
mit den einfachsten Mitteln eine schöne malerische Wirkung zu erzielen. Es
ist eine fünftheilige Bogenstellung, ganz in weiß mit leichter Anwendung
von Gold und grüner, pflanzlicher Dekoration. Ueber dem Portal ist eine
Bogenöffnung eingebaut, in deren Mitte sich zwei von Gedon modellirte
tubenblasende Genien erheben, die in eleganter Kartusche das Bayeruwappen
Abbildung Nr. H72. «Ofenschirm in Leder, von Alb. Feucht, Stuttgart.
tragen. Darüber ragt ein spitzer «Obelisk mit dem Bildnißrelief des Landes-
regenten in die Höhe. Einfach in den Formen, anspruchslos in der Farbe
und Anordnung, muß es doch als eines der besten der portalbauten bezeichnet
werden. Das Weiß der gesammten Architektur, das Gold des Kartuschen-
und Figurenschmuckes wird durch das geschickt vertheilte Grün des pflanz-
lichen Schmuckes vortheilhast gehoben und ist von vorzüglicher, edler Wir-
kung. Die Innen-Dekoration der Halle, die ein hübsches Abschlußxortal von