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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Pariser Neuheiten in Strohmatten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0150

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Juli-Heft. Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration. öeite sOs).

pariser "Meuheiten in «Mtrohnratten.

!ei der starken Aufnahme, die Strohmatten speziell für Sommer-
Wohnungen gefunden und die sie den drei vereinigten Eigen-
schaften, praktisch, sauber und hübsch, zu danken haben, wozu
noch eine vierte, billig, hinzukommt, wenn man den vergleich
mit anderen Teppichen anstellt, ist es natürlich, daß das Interesse des
Publikums sich zu Beginn der schönen Saison dafür am lebhaftesten zeigt.
Dagegen ist für den Fabrikanten ja gerade perbst und lVinter die geeignete

damit zu beschäftigen. Linen prüfenden
Alte werfen, um die Spreu vom Weizen,
lungene von dem, was am meisten Beifall

Zeit, um sich
Blick auf das
daswenigerGe-
gefunden hat,
zu trennen, ist
gewiß erforder-
lich, genügt aber
nicht, handelt
es sich doch vor
Allem auch

darum, Neues
auszudenken u.
zu kombiniren,

Muster und

Farbendisxosi-
tionen zu ent-
werfen , die,
wennnicht durch
Schönheit, doch
mindestens!!"
durch ihre «Ori-
ginalität über-
raschen. Unter
letzterer Flagge
segelt jetzt gar
vieles, worüber
man vor einigen
Jahren — bei-
nahe könnte
man sagen eini-
gen Monaten —
noch Ach und
Weh geschrieen
hätte. wenn
wir uns mit der
neuesten Rich-
tung, in der man

jetzt arbeitet, näher befreunden wollen, so darf unser Auge vor Allem nicht
an den auffallenden Farbenmischungen Anstoß nehmen, die uns überall
entgegentreten. Blaue und lila, purpurne und burgunderrothe, graublaue und
gelbgraue, verwandte und diametral entgegengesetzte Töne gehen nebeneinander.

Lin Genre, in dem man viel zu arbeiten gedenkt, und das auch noch
mancher Vervollkommnung fähig ist, sind die Strohdecken mit Teppichmustern
in den stark gedämpften Nüancen, wie sie der ferne Grient uns übermittelt,
in gelb, grün, roth, rosa, mauvefarben, Alles reich untermischt mit braun;
letztere Farbe leitet die einzelnen Töne in einander über, wir unterscheiden
die Strohdecken, bei denen das Muster einfach aufgedruckt ist, wobei stets
ein sehr breiter, glatter Rand gelassen wird, und die aus gefärbten Strähnen
geflochtenen.

In die letztere Kategorie gehören auch die bekannten chinesischen Matten,
ebenfalls ein Genre, von dem wir bis jetzt sozusagen erst die Anfänge kennen
gelernt haben. Das Geflecht ist stets sehr fein; die Strohhalme sind nicht
rundlich wie bei den anderen Matten, sondern flach und für den Fond ganz
ungefärbt. Etwas breitere, stark glänzende, bunt gefärbte Strähnen in blau,
roth, blattgrün rc. durchziehen dann den letzteren, aber nicht in regelmäßigem,

schachbrettartigem oder sternähnlichem Muster, wie wir das Genre bisher
sahen, sondern unregelmäßige Kreuze, Sterne, Dreiecke rc. bildend und auch
stelleuweis ganz aussetzend. Der Strohhalm geht zu diesem Zweck auch nicht
von einem Ende der Matte zum anderen durch, sondern wird, nachdem das
Muster gebildet, kurz abgeschnitten und erst an einer anderen Stelle wieder
eingezogen. Dadurch ergibt sich, daß Bber- und Kehrseite nicht mehr gleich
sind und man die Matte also nicht inehr beliebig umkehren kann, dafür
gewinnt aber die Musterung an (Originalität und wirkt nicht so ermüdend,
wie das bei den anderen Decken oft der Fall ist. Die Strohmatte erscheint
wie mit einer Art flach aufliegender Stickerei verziert, die nur statt mit

Seide oder wolle, wie man dies früher
noch auf dem Rand verschiedener Matten
fäden ausgeführt ist. Ls lassen sich auch

^ (7/? ^





und auch jetzt
sieht, mit Stroh-
Monogramme,
Borten verschie-
denster Art so
hineinbringen,
am meisten
Genre aber sind
doch die steif-
linigen, an chi-
nesische oder ja-
panische Orna-
mente erinnern-
den unregelmä-
ßigen Dessins.

Reiche Ara-
besken- und
großblumige
Zeichnungen
als Randbor-
düre machen sich
gut zu einfar-
bigen Mitten;
größere Ab-
wechselung noch
erzielt man
durch das Pi-
«einziehen brei-
terer Palme, die
außerdem noch
abstechend glän-
zend gefärbt
sind. Ganz be-
sonders gut
macht sich blau-
grün sowie auch
braunroth in

dieser Art angewandt, besonders effektvoll da, wo das Muster einfach auf-
gedruckt ist. Man liebt große Dessins und alle die kleinen schachbrettartigen
oder schmal gestreiften stehen zu Gunsten der breit gestreiften oder, was noch
moderner ist, großkarrirten zurück. Man arbeitet Strohmatten Zsuvs öoossais,
deren Randbordüre in grün und blau auf beige Fond gehalten ist. Die Linien
der einen Farbe ziehen sich auch durch die Mitte durch, die der andern ver-
kreuzen sich ausschließlich für den Rand. Line mir vorliegende goldfarbene
Strohdecke ist durchweg durch weiße Doppellinien in große Rechtecke eingetheilt,
von denen immer eins leer bleibt und eins mit einer heraldischen Blume
in dunkel ausgefüllt ist.

Sehr groß sind die neuen Natten im Durchschnitt, da es für modern
gilt, das ganze Zimmer wenn möglich damit ausgelegt zu haben. Die ver-
Wendung der Strohdecken für Fußböden ist aber nicht die einzige; schön
gemalte oder besonders kunstvoll geflochtene werden auch als Schmuck an die
Wand genagelt oder ergeben einen originellen Thürvorhang. Man ist dazu
gelangt, sie so weich und schmiegsam fast wie Stoff zu fabriziren und verziert
mit breiten Borten, deren farbenprächtige, dem fernen Asien abgelauschte
Wirkung durch leichte Goldfäden noch gehoben wird. —
 
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