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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Londoner Linoleum-Neuheiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0077

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INärz-k)eft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

5eite 5s.

Linoleum ziemlich vortheilhaft, nur hier und da durch den Glanz des Materials
gar zu grell zum Ausdruck kommt. Leider verlieren die eigenartigen Arabesken-
rnuster viel dadurch, daß sie in fortlaufende Dessins verwandelt werden
-müssen, während sie auf den Teppichen in der Regel ein abgeschlossenes
-Ganze bilden. Seit die Liebhaberei für Teppichmuster aufkam, wurden zahl-
reiche versuche gemacht, in Linoleum ebenfalls abgepaßte Teppiche herzu-
ftellen, wodurch die Täuschung viel vollkommener wird. Indessen scheinen
diese Neuheiten nicht sehr viel Anklang zu finden, da sie mit der bisherigen
Verwendung des Linoleums in den Zimmern zur Bedeckung des ganzen
Fußbodens nicht recht übereinstimmen. Auch in Blumendessins finden sich
eine Anzahl schöner Neuheiten, und zwar strebt der Modegeschmack sichtlich
nach Vergrößerung der Muster. Ganz eigenartig schön machen sich enorm
große, weißlich rothe Mohnblüthen mit blaßgrünem Laube auf purpurrothem
Grunde, der ein kleines unregelmäßiges Dessin zur Nachahmung des Gewebes
aufweist. Fast noch eleganter erscheint ein anderes Teppichmuster von crsme-
farbigem Grunde, über den sich ein Distelgeranke mit großen Asterblüthen
in einem Hellen Lohbraun ausbreitet, welch letzteres von dem Grundton nur
Wenig absticht. Line ganz ungewöhnliche Vorliebe wird gegenwärtig ver-
schiedenen grünen Tönen entgegengebracht, die man früher auf Linoleum
niemals zu sehen bekam. Es gibt sogar einzelne Muster, die nur aus grünen
Gönen verschiedener Art zusammengesetzt sind, eine Liebhaberei, die indessen
ihren Ursprung in der Teppichbranche zu haben scheint. Namentlich meer-
grün in Verbindung mit gelb, oliv, grau und braun sieht man häufig in
seltsamen neuen Mustern, deren Bedeutung schwer zu erkennen ist. Die
Figuren erscheinen wie Korallen, Meerpflanzen und Seesterne und so mag es
fein, daß die Vorliebe für meergrün zur Nachbildung des Meeresgrundes
Anlaß gab. Es kommen überhaupt neben den Blumen- und geometrischen
Mustern seit neuerer Zeit unregelmäßige, eigentlich nur durch die Farben-
Zusammenstellung wirkende Dessins auf, von welchen sich einige recht apart
ausnehmen, wenn sie auch in Linoleum etwas ungewöhnlich erscheinen. Die
Nachahmung von emaillirten Steinplatten gibt ebenfalls, und um so mehr
zu hübschen Effekten Anlaß, als eben diese „tilos", wie man sie hier nennt,
fetzt in wundervoller Meise ausgeführt und nicht mehr, wie früher in der
Regel, einzeln, sondern in fortlaufender Zeichnung gemustert werden. In
letzterer Art wurden sie mit vortrefflicher Wirkung auf Linoleum übertragen,
wie z. B. in einem Dessin, das Llematisranken in verschiedenen Tönen von
Grün, Blau und Gelb auf hell lilafarbigem Grunde zeigt, während schräge
Striche, die das Ganze durchkreuzen, die Steine andeutcn. Natürlich fehlt
-es nicht an ungezählten Mustern von ineinandergepaßten drei- und viereckigen
Steinen, die regelmäßige Zeichnungen bilden und in den beliebten olivbraunen,
gelben und rothen Töne», sowie schwarz und etwas weiß ausgeführt werden.
Es kommen in dieser Art fortgesetzt neue Sachen ans Tageslicht, die sich
jedoch von den älteren nicht wesentlich unterscheiden, sondern nur irgend
-eine Variation derselben darstellen. Dagegen wurden in Mattenmustern
wieder recht aparte Sachen gebracht, die, in einzelnen Details der Nachahmung
verbessert, einen neuen Beweis dafür liefern, deß sich Linoleum für Matten-
dessins ganz besonders gut eignet. Die zwei- oder mehrfarbig karrirten
Sachen, seien nun die Larreaux in komplizirtem Geflechte schräge oder einfach
in Schachbrettart gestellt, machen sich am besten, während die einfarbigen
Muster dadurch, daß die Schatten nicht sehr dunkel markirt werden können,
eintönig erscheinen.

In Läufern macht sich im Allgemeinen eine Vorliebe für grüne und
rothe Grundtöne auf Kosten von oliv und braun bemerkbar, aber viel Neues
ist nicht zu berichten. Stein-, Mosaik-, parquet- und Teppichmuster gelten
so ziemlich alle für gleich modern, und dasselbe, was für die breiten Artikel
gilt, das findet mehr oder weniger auch auf die Läufer Anwendung. Ein-
gelegtes Linoleum sieht man in allen möglichen Dessins, und für besonders
strapaziösen Gebrauch hat man einfarbige Läufer von chocoladebrauuem,
terrakottafarbigem oder dunkelgrünem Ton mit einem einfachen Grec- oder
sonstigem Laufe iu weiß, gelb oder blau. Ebenso werden imitirte Matten-
läufer mit hübschen Randstreifen und hier und da großen, schrägen Larreaux
in der Mitte, stets gerne gekauft.

Verbesserte Fnszbodenlrnke. Die meisten Fußbodenlacke aus
Sprit und Schellack bereitet, haben nach dem „Gewerbefreund" den Uebel-
staud, daß dieselben durch die Sprödigkeit des Schellacks rasch abgenützt
werden, indem der Schellack abspringt. Durch den Zusatz von Akaroidharz
oder dessen Lösung verhindert man das Abspringen des Schellacks. Erprobte
Vorschriften zur Herstellung von Lacken sind folgende: Fußbodenglanzlack:
2so Gramm dicken Terpentin, Zoo Gramm Grange-Schellack, loo Gramm
gelbes Akaroidharz und 2H0 Gramm Sprit, 950 « gelöst, oder p/2 Liter
Harzlösung, H,s Liter Akaroidlösung, p/2 Liter Schellacklösung, >'s Liter
dicken Terpentin, kalt gemischt. Harzlösung: 6 Kilogramm Kolophonium
in A Liter Sprit, 95 0/0, an einem warmen Drte durchdigeriren oder im
Masserbade gelöst und noch warm durch ein Tuch filtrirt.

Mn unseren Wllultrativnen.

<Em Zeichen der Vierteljahrhundert-Feier unserer glorreichen Gedenktage
von anno >870"?^ pulsirt stärker denn je unser Zusammengehörigkeits-
gefühl, das „Lins-sein" aller deutschen Stämme! Der deutsche Völkerfrühling
Hub mit jener großen Zeit an, deren Segnungen wir uns heute in so reichem
Maße erfreuen! Und der frische, köstliche Brodem, der uns allenthalben aus
allen Theilen des Reiches trifft, uns einen neuen Frühling, einen Kunst-
frühling ansagend, streift über Siegestrophäen, friedliche Arbeit und heiliges
Recht I was könnte man aus der unscheinbaren, zierlichen Anfangsvignette
in „schwarz und weiß" von unserem vortheilhaft bekannten Fenker, Karls-
ruhe, in dieser Hinsicht nicht Alles herauslesen!? Aber auch sonst steht
unser März-Heft mit seinen Illustrationen ganz im Zeichen des Frühlings.
Wiegand, der als Figurist der „Innen-Dekoration" uns schon mit mancher
sinnigen Komposition im Laufe der Jahre erfreute, spendet uns in Abbildung
Nr. 20s einen „Frühlings-Linzug". Bis in das Waldesdickicht dringt das
duftige Blumen- und Lichtkind mit seiner Schaar Luft- und Erdgeister. Das
ist eitel Wonne und Jubel, der Sieg des Lichtes, die Verkündigung froher,
beseligender Botschaft — das Eis schmilzt und es knospt und keimt. Und unter-
liegend räumt der alte „Griesgram" Winter wetternd das Feld und den Wald.

Des weiteren bietet uns Abbildung Nr. 2^5 ein echtes Frühliugs-Idyll
von F. von Hollaky, dem virtuosen Rokoko-Künstler und federgewandten
Zeichner. Ursprünglich für eine treffliche Bsenschirm-Dekoration entworfen,
kann das Blatt in vorliegender Größe gleich gute Dienste zu einem widmungs-
oder Kalenderblatte, Titelblatte oder auch Albumdeckel leisten. Die Spatzen-
oder Meisenfamilie im lauschigen Nest, doppelten Frühling genießend, zwischen
Blumengewinden, Gitterwerk und graziösen Schnörkeln, repräsentirt ja auch
so eine „Familie im Kleinen" und versinnbildlicht den Wahlspruch unserer
Zeitschrift: „Mein Heim — mein Stolz!"

Line weitere Frühlingsstimmung lacht uns ferner aus dem Entwurf
für eine Thür-Umrahmung in Wand-Malerei von A. Erd mann, Mainz,
in Nr. 2^7 an. Das ist die Formeusprache aus der Zeit unseres großen
Dürers und zwar wie er sie selbst pflegte, in den Triumphbögen und dem
Gebetbuche für Kaiser Maximilian. An Stelle schwerfälliger architektonischer
Lösung ein lustiges Laubengebilde aus Kandelabern, Zweigen und Blattwerk
— ganz im Geiste jener Frührenaissance Dberdeutschlands, dem ersten Früh-
lings deutscher Kunst. I» den Abbildungen Nr. 2^—2^ erblicken wir nun
noch die ersten Gaben der heimathlichen Erde, von unserem bewährten
A. I. Pleyer, Mainz, dessen talentvolles Können uns diese Intarsia-
Füllungen vermittelte.

Das ganze Illustrationsmaterial des vorliegenden Heftes ist überwiegend
deutschen Karakters. So haben wir in der kleinen Wohnzimmer-Skizze von
A. Müller ein gemüthliches Interieur in jener bescheidenen Behaglichkeit
deutscher Bürgersleute, die falschen Schein hassen. Nicht mehr als nothwendig,
aber dieses Nothwendige kräftig und ansprechend. Auch Abbildung Nr. 205,
Hausflur mit wand-Malerei — kleines Treppenhaus — von A. Kühn,
in süddeutscher Architektur ist durch seine behäbige, vortheilhafte Wirkung
für das bessere bürgerliche Haus ein recht praktisches Vorbild. In Abbildung
Nr. 208 geben wir einen zweiten Raum aus dem Palais Reichenbach,
Frankfurt a. M., Architekten Neher und von Kauffmann, und zwar das
in edelstem Barock ausgeführte Speisezimmer. Seine Abmessung geht über
das gewöhnliche Maß hinaus, wände, Decke und Mobiliar zeigen den großen
Wurf einheitlicher Gestaltung nach berühmten Vorbildern in Würzburg,
Ansbach und Bruchsal. Alles in diesem Raum ist echt und gediegen, ohne
kleinliche Dekorationseffekte. Ein Meisterwerk in seiner Art ist auch die in
Abbildung Nr. ZVI reproduzirte Portal- oder Fenster-Bekrönung iu angc-
tragenem Stuck von Bildhauer Robert Schirmer, Berlin. Die Arbeit ist
freihändig über ein Eisen- und Drahtgerüst angetragen, gilt also als Vrigiual-
werk im Gegensatz zu den aus Leimformen gegossenen, so und so oft anzu-
bringenden Stuck-Vrnamenten.

Die Möbelfabrik von Hermann Meinzer in Barmen bietet in Ab-
bildung Nr. 2lv Möbel und Stoff-Draperie im Rokokostil. Das Leichte und
Gefällige der Möbel im Stile des deutschen Brnamentisten Habermann
bestimmt sie für ein Damenzimmer, ihre Beschaffung erfordert natürlich schon
entsprechende Mittel.

Den Schluß der Abbildungen bildet ein Entwurf des uns bereits im
Februar-Heft durch mehrere Zeichnungen bekannt gewordenen A. Diederich:
Kamin-Partie mit Bücherschränken nach amerikanisch-englischem Typus. Der
Deutsche war bisher ziemlich unpraktisch in der Ausnützung der Kaminwand;
mehr oder weniger war der Kamin abgesondert und losgelöst von der
übrigen Dekoration, wir richteten uns hierin meistens nach französischen
Gepflogenheiten, ohne die hohe Schmuckäußerung derartiger Bildungen zu
erreichen, vorliegende Komposition liefert eine recht brauchbare Lösung; der
Kaminplah wird dadurch noch anziehender, er wird zum Mittelpunkt der
Raum-Anordnung.

Unsere Kunst-Beilagen bieten wieder Innenraum-Studien alter und
neuer Zeit. Beilage I, Bibliothek-Saal mit reich bemalter Decke im
 
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