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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Bach, Max: Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe in Stuttgart, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0265

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Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite 20 s.

November-Heft.

Husstellung für Elektrotechnik und ^Hunstgeioerke in Stuttgart.

III. Zimiiirr-Ansstattungeir.

^^^^»urch den Streik der Holzbildhauer erheblich verspätet, konnten erst
im August die verschiedenen Firmen ihre Pforten öffnen, mehrere
waren genöthigt ihr Programm theilweise zu ändern, einige
Fabrikanten mußten ganz zurückstehen, unter Anderen Buschle, welcher eine
Stube in tvroler Gothik angeküudigt hatte, auf die man gespannt sein durfte.
So kam es, daß das jetzt Gebotene den gehegten Erwartungen nicht ganz
entsprechen konnte, umsomehr nicht, als die Ausstellung in verschiedene
Lokale vertheilt, eine einheitliche Betrachtung sehr erschwert.

Trotzdem ist das vorhandene der Bedeutung, welche die hiesige Möbel-
industrie seit Zah-
ren genießt, ent-
sprechend, und es
ist nicht zu leug-
neu, daß die ein-
zelnen Firmen
große Anstreng-
ungen gemacht
haben, um wür-
dig auf der Aus-
stellung vertreten
zu sein. Das Bild,
welches die heu-
tige Mode den
Repräsentations-
und wohnräu-
men der höheren
Stände aufprägt,
ist ein wesentlich
anderes als im
Jahr t«8 l zur
Zeit unserer letz-
ten großen Ge
werbe-Ausstel-
lung. Damals
war noch die Stil-
richtung, welche
die Münchener

Ausstellung von 1876 provozirte, fast allein maßgebend, nämlich die deutsche
Renaissance, wenn auch schon vermischt mit italienisirenden und Barock-
Motiven. Heute hat mau mit diesen Errungenschaften fast ganz gebrochen, auf
die deutsche Renaissance folgte der Barockstil, daun das Rokoko, Konis ssi-e,
Empire und jetzt ist man schon daran, auch von den orientalischen Stilen,
besonders von Japan, Motive zu holen. Erfreulicherweise ist dieses Kunter-
bunt von Stilen in der gegenwärtigen Ausstellung nicht so recht fühlbar.
Der Haupteindruck, den wir gewinnen, ist das Bestreben, jeder Zimmereinrich-
tung einen bestimmt ausgeprägten Stil aufzudrücken und zwar vorherrschend
Empire. Drei unserer bedeutendsten Firmen: Mirth, Lpple <d Ege und
Brauer haben diesen Stil gewählt, vielleicht wohl auch deßhalb, weil
dieser Stil wenig Lildhauerarbcit verlangt, was unter den gegebenen von
uns schon erwähnten Umständen, angezeigt war.

Gut kann der Empirestil nur wirken im höchsten Prunk der Vor-
nehmheit, vor Allem durch seine Farbenpracht, wie wir sie bei Mirth und
Epple L Ege beobachten: die Möbel hell braunroth, gehoben durch den gut
gewählten grünen Ton der Draperien und Vorhänge, der kräftige Gegensatz
dieser Farben bei wirth etwas gedämpft durch den zartröthlichen Ton der
Seidentapeten, bei beiden wirksam belebt durch das Gold, das z. B. auf
den grünen Portieren außerordentlich festlich wirkt. Etwas monoton ist das
viele Gelb im Salon von Lpple L Ege, es stimmt auch zu den Hellrothen
Möbeln mit goldenem Beschlag nicht schön. Das dort als Hauptstück auf-

gestellte Büffet darf wohl als die höchste dekorative Ausbildung, welche das
Empire vertragen kann, angesehen werden. Einfacher ist der prunkschrank
bei lv irth, die architektonische Komposition bewegt sich in einfachen Linien,
der obere terassenförmige Abschluß ist bestimmt zur Aufstellung von Vasen,
die dort sehr gut wirken. Die anderen Möbel: Sofa, Tisch, Armstühle,
Lhaise-longne usw., sind stilistisch ebenfalls sehr gut durchgeführt und erinnern
an gewisse Vorbilder der alt-napoleonischen Zeit. Entsprechend vornehm
ist die Kamin-Dekoration, z Meter hohe polirte Mahagonisäulen, Marmor-
kamin in Ds.vsns.2r:o, geschmückt mit prächtiger Ilhr und Girandolen von
Paul Stotz. — Leider kam ein geplanter Rokoko-Salon von lvirth nicht

zur Ausführung,
wir sehen davon
nur eine Ecke als
dekorative Ma-
lerei verwendet.

Lin ganz an-
deres Bild gibt
die Ausstellung
von Gebrüder
lv eber nebenan.
Sic gibt ein tref-
fendes Beispiel,
wie man die
scheinbar verschie-
denartigsten Stile
doch zu einem
harmonischen
Ganzen vereini-
gen kann, vor-
herrschend ist der
englische Ge-
schmack, welcher
sich in den leicht
gebauten Etags-
ren und den be-
quem und breit
konstruirten po<
lirten Sitzmöbeln

mit ihren primitiven Stab und Gitterwerk geltend macht. Besonders reizvoll
ist der Fensterplatz mit dem in Ahornholz ausgeführten lvand-Ltablissemeut
von überaus feiner Struktur, belebt durch Streifen von Rosenholz und ver-
goldeter Bronze. Line zierliche Balustrade in Mahagoni trennt den Raum
von dem vorliegenden, welcher einen Herrenschrank in Barock und ein sehr
originelles Büffet im Uebergangsstil von der Gothik zur Renaissance enthält.
Echt englisch ist auch die Verbindung des Divans mit Etagsregestell, wo
man bequem alle die vielen Kleinigkeiten zur Hand hat, die der Reiz des
Lebens erfordert, oder zur jeweiligen Beschäftigung der Bewohner gehören.
Ganz vorzüglich ist die Beleuchtungsausstattung dieser Appartements von
Paul Stotz und sehr gut ausgewählt die Nippsachen von Märklin, worunter
besonders der Lautenschläger als Fenster-Dekoration in der Silhouette von
reizvoller Wirkung ist. Man sieht, hier waren Künstlerhände thätig, ohne
eigentlichen Prunk und ohne gleichmäßig durchgeführten Stil ist hier doch
ein anmuthiges Werk geschaffen.

Der Brauer'sche Salon, ebenfalls im Empirestil gehalten, ist, wenn
man so sagen darf, um einen Grad weniger vornehm, als die oben be-
schriebeueu. Der Reiz des ganzen Arrangements liegt besonders in dem
Alkoven, einein höchst gemüthlichen Winkel, in dem sich gewiß Jedermann
ein paar Stündchen behaglicher Ruhe gönnen, oder im Schein der elektrischen
Tischlampe sich in eine Lectüre vertiefen möchte. Die Rückwand ist mit
einer Kamin-Dekoration in schwarzem Holz — Mittelstück Gvalbild — aus-

Abbildung Nummer -i?l. waudbehaug in Leder, von Alb. Feucht, Stuttgart. (Stuttgarter Ausstellung.)
 
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