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Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Närz-^eft.
HHür-W skrönurrg in crngetrcrgenern Stuck. — Hlon WitöHcruor Wobert ScHirrnsr. Wert'in.
^Mer^ "Meppich und seiny ^Mrrrrogat^ als ^Ellndbekleidung.
er Stil der Zimmer, Einrichtungen hängt nicht lediglich von der
Art der Möbel ab, sondern gewisse Muster und Farben der
Stoffe, Teppiche und Tapeten sind zur Einheit des Ganzen, zu
einer geschmackvollen Harmonie erforderlich. Bestimmte Farben-
Zusammenstellungen berühren das Auge wohlthuend, andere beleidigen
es; die Bedeutung dieser äußeren Einflüsse aus unsere Sinne und unser
physisches und seelisches Behagen sollte man nicht unterschätzen, sie steigt
noch, wenn es sich um Räume handelt, die unseren täglichen Aufenthalt
bilden. Zn Frankreich ist man mehr als anderswo bemüht, diese Harmonie
der Farben und Muster der Zimmer-Einrichtung zu erreichen und seinen
Salon in einem einheitlichen Stil, Rokoko, Louis XV., Empire usw., auszu>
schmücken. Zndeß ist das Bestreben aller Perioden daraus gerichtet gewesen,
in Form und Farbe der Teppiche, Stoffe, Gobelins rc. eine gewisse Abwechselung
zu bringen, neue Gewebe zu ersinnen und sie mit Zeichnungen und Emblemen
aller Art zu verzieren. Zn den Krankenhäusern und Kurorten verbannt man
die gewöhnlichen Teppiche und schweren Stoffe allerdings mit gutem Grunde
aus den Zimmern, weil sich zahlreiche Mikroben und Bacillen darin fest-
nisten; stellenweise werden die Wollengewebe durch Zutematten oder über-
Haupt solche, die aus vegetabilischer Faser hergestellt sind, ersetzt. Beim
Anblicke der Stoffe, die in den großen pariser Möbelstoffläden ausgelegt sind,
erstaunt man wirklich über die wunderbar geschmackvollen und eleganten
Sachen; es wird nicht nur immer Neues darin erfunden, sondern auch die
alten Muster und Modelle werden unseren modernen Bedürfnissen augepaßt.
Wie himmelweit ist der Unterschied zwischen unseren heutigen Teppichen und
Stoffen und den Thierfellen, womit unsere Vorfahren ihre Wohnungen
schmückten! Er ist genau so groß wie zwischen den Möbeln der Neuzeit und
den alten großväterlichen und unpraktischen Truhen.
Den Asiaten gebührt die Ehre, den Geschmack an reichen, werthvollen,
gold- und silbergewirkten Stoffen im Abendlande eingeführt zu haben. Zur
Zeit Alexanders des Großen machten sie die Perser in Griechenland bekannt,
zur Zeit der Kaiser kamen sie dann nach Rom. Bei den Römern verwendete
man diese orientalischen Stoffe zum Schmucke der Wände, drapirte damit die
Räume zwischen den Marmorsäulen, ganz so wie jetzt die Portiören einem
ähnlichen Zweck dienen. Nach dem Sturze des römischen Kaiserreiches trat
Byzanz dessen Erbschaft an und nahm mit den Reichthümern des Drients
auch die Trümmer des erschöpften, europäischen Luxus mit in den Kauf.
Die „attalischen" Tapeten schmückten die Wohnungen von Byzanz. Dann
kam die Völkerwanderung und mit ihr die Barbaren, die die mit vielem
Fleiß geschaffenen Prachtwerke der Dekorationskunst mit roher Gewalt ver-
nichteten. Erst nach dem Aufhören ihrer Znvasionen fing auch die Kunst
der Znnen-Dekoration wieder an aufzublühen. Zn den Kirchen ersetzte man
bereits die Wandgemälde durch Perlenstickereien. Dies führt uns zum Mittel-
alter, in dem die Hängestoffe aufkamen, die in den Zimmern ringsum
angebracht waren. Man nannte sie Kurtinen (Oonrtinss), Vorhänge; sie
mußten mit den Möbeln harmoniren. Zn einem Znventarium der Brüsseler
Hofhaltung Karls V. aus dem Zahre ;5Z6 heißt es von ihnen, daß sie mit
den Jahreszeiten wechselten und mit diesen im Zusammenhänge standen,
wenn auch meist in einem negativen: im Sommer stellten ihre Muster nämlich
schneebedeckte Landschaften dar, im Winter dagegen Blumen usw. Zm
;s. und Jahrhundert wußte inan sich mit wollenen Tapeten gegen Kälte
und Luftzug zu schützen, und der bisherige Luxusgegenstand wurde so zur
Nothwendigkeit. Diese Gewebe bedeckten gleichzeitig die Thüren und fielen
in Falten bis aus den Fußboden herab. Die Thüren schlossen vermuthlich
damals sehr schlecht; man mußte also diese Vorhänge zu Hülfe nehmen. Zm
Sommer wurden die wollenen durch die leichteren und gefälligeren Leder-
tapeten ersetzt. Unsere Vorfahren hatten also, wie man sieht, ein besseres ver-
ständniß für eine komfortable Einrichtung als gewöhnlich angenommen wird.
Zm Zahre (S2Y schmückte mau die wände der Säle des Louvre-Museums
mit gold- und silbergewirkter Seide, indem Gemälde in Graumalerei nach-
gebildet wurden, welche Szenen aus der Geschichte Deboras im Buch der
Richter darstellten, und wurde die Königliche Manufaktur der Gobelins
definitiv errichtet, ein Institut, das bekanntlich geradezu wunderbare Stoffe
und damals auch Teppiche produzirte, die von nun an die Schlösser zierten.
Es muß überdies noch erwähnt werden, daß bereits im Mittelalter bei
Gelegenheit königlicher Feste und bei öffentlichen Anlässen mit der Hanb
gemalte Leinwand zur Dekoration der Straßen und Paläste verwendet wurde.
Das Hots! - visu in Reims besitzt eine sehr schöne Sammlung solcher, die
aus dem ;5. Jahrhundert stammen. Bis ins ;s. Jahrhundert benutzte man
auch zur Dekoration der Wohnungen und Kirchen gemalte Leinwand, unb
ein sehr gutes Exemplar derselben findet sich in der Geräthekammer des
Louvre, die, mit der Hand gemalt, Ludwig XIV. und seinen Hof darstellt.
Die Farben derselben haben ihre Frische bis auf den heutigen Tag bewahrt.
Später hat man versucht, mit der Hand gemalte Leinwand durch gedruckte
Tapeten zu ersetzen, die sehr schön und zur Dekoration der Wohnungen, auch
was ihre Farbenechtheit betrifft, wohl verwendbar sind. Zur Herstellung
derselben sind haltbare Farben benutzt worden, die noch mit Del und Firniß
verdichtet und auf starke Stoffe von großer Breite und unter Zugrundelegung
alter, stilvoller Muster und von Motiven alter Zeichnungen gedruckt wurden.
Man verfertigte sie aus einem Stück Streifen von 2 Meter Breite und mehr
als ;c> Meter Länge. Es findet sich noch eine solche in den großen „Dunnsuux^
des Sitzungssaals der Bank von Frankreich, die nach einem besonderen ver-
fahren gedruckt sind, das Eigenthum der Bank ist. Dies Verfahren konnte
sich jedoch nicht einbürgern, es erforderte zu viel Zeit und war zu kostspielig.
Man vereinfachte daher das Muster und ersetzte es durch weniger komplizirte
Sujets, wie Fabelthiere, Löwen, Blumen, Wappen und Schrift. Der Preis
verminderte sich so bedeutend, besonders da man auch einen Stoff von geringerer
(Dualität benutzte; heutigentags verwendet man mit Vorliebe Jute dazu. Die
ordinären Artikel sind aus ungebleichten Grund gedruckt, d. h. der Stoff bleibt
so, wie er vom Webstuhl kommt. Dagegen gibt man ihm bei den besseren
Sachen einen Farbenton. Man druckt mit Gelfarben. Gepreßte und gedruckte
Jute, Plüsch, der sehr schwer herzustellen ist, da sich das Gewebe nach dem,
Pressen verlängert oder zusammenzieht, wird ebenfalls verwendet. —
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Närz-^eft.
HHür-W skrönurrg in crngetrcrgenern Stuck. — Hlon WitöHcruor Wobert ScHirrnsr. Wert'in.
^Mer^ "Meppich und seiny ^Mrrrrogat^ als ^Ellndbekleidung.
er Stil der Zimmer, Einrichtungen hängt nicht lediglich von der
Art der Möbel ab, sondern gewisse Muster und Farben der
Stoffe, Teppiche und Tapeten sind zur Einheit des Ganzen, zu
einer geschmackvollen Harmonie erforderlich. Bestimmte Farben-
Zusammenstellungen berühren das Auge wohlthuend, andere beleidigen
es; die Bedeutung dieser äußeren Einflüsse aus unsere Sinne und unser
physisches und seelisches Behagen sollte man nicht unterschätzen, sie steigt
noch, wenn es sich um Räume handelt, die unseren täglichen Aufenthalt
bilden. Zn Frankreich ist man mehr als anderswo bemüht, diese Harmonie
der Farben und Muster der Zimmer-Einrichtung zu erreichen und seinen
Salon in einem einheitlichen Stil, Rokoko, Louis XV., Empire usw., auszu>
schmücken. Zndeß ist das Bestreben aller Perioden daraus gerichtet gewesen,
in Form und Farbe der Teppiche, Stoffe, Gobelins rc. eine gewisse Abwechselung
zu bringen, neue Gewebe zu ersinnen und sie mit Zeichnungen und Emblemen
aller Art zu verzieren. Zn den Krankenhäusern und Kurorten verbannt man
die gewöhnlichen Teppiche und schweren Stoffe allerdings mit gutem Grunde
aus den Zimmern, weil sich zahlreiche Mikroben und Bacillen darin fest-
nisten; stellenweise werden die Wollengewebe durch Zutematten oder über-
Haupt solche, die aus vegetabilischer Faser hergestellt sind, ersetzt. Beim
Anblicke der Stoffe, die in den großen pariser Möbelstoffläden ausgelegt sind,
erstaunt man wirklich über die wunderbar geschmackvollen und eleganten
Sachen; es wird nicht nur immer Neues darin erfunden, sondern auch die
alten Muster und Modelle werden unseren modernen Bedürfnissen augepaßt.
Wie himmelweit ist der Unterschied zwischen unseren heutigen Teppichen und
Stoffen und den Thierfellen, womit unsere Vorfahren ihre Wohnungen
schmückten! Er ist genau so groß wie zwischen den Möbeln der Neuzeit und
den alten großväterlichen und unpraktischen Truhen.
Den Asiaten gebührt die Ehre, den Geschmack an reichen, werthvollen,
gold- und silbergewirkten Stoffen im Abendlande eingeführt zu haben. Zur
Zeit Alexanders des Großen machten sie die Perser in Griechenland bekannt,
zur Zeit der Kaiser kamen sie dann nach Rom. Bei den Römern verwendete
man diese orientalischen Stoffe zum Schmucke der Wände, drapirte damit die
Räume zwischen den Marmorsäulen, ganz so wie jetzt die Portiören einem
ähnlichen Zweck dienen. Nach dem Sturze des römischen Kaiserreiches trat
Byzanz dessen Erbschaft an und nahm mit den Reichthümern des Drients
auch die Trümmer des erschöpften, europäischen Luxus mit in den Kauf.
Die „attalischen" Tapeten schmückten die Wohnungen von Byzanz. Dann
kam die Völkerwanderung und mit ihr die Barbaren, die die mit vielem
Fleiß geschaffenen Prachtwerke der Dekorationskunst mit roher Gewalt ver-
nichteten. Erst nach dem Aufhören ihrer Znvasionen fing auch die Kunst
der Znnen-Dekoration wieder an aufzublühen. Zn den Kirchen ersetzte man
bereits die Wandgemälde durch Perlenstickereien. Dies führt uns zum Mittel-
alter, in dem die Hängestoffe aufkamen, die in den Zimmern ringsum
angebracht waren. Man nannte sie Kurtinen (Oonrtinss), Vorhänge; sie
mußten mit den Möbeln harmoniren. Zn einem Znventarium der Brüsseler
Hofhaltung Karls V. aus dem Zahre ;5Z6 heißt es von ihnen, daß sie mit
den Jahreszeiten wechselten und mit diesen im Zusammenhänge standen,
wenn auch meist in einem negativen: im Sommer stellten ihre Muster nämlich
schneebedeckte Landschaften dar, im Winter dagegen Blumen usw. Zm
;s. und Jahrhundert wußte inan sich mit wollenen Tapeten gegen Kälte
und Luftzug zu schützen, und der bisherige Luxusgegenstand wurde so zur
Nothwendigkeit. Diese Gewebe bedeckten gleichzeitig die Thüren und fielen
in Falten bis aus den Fußboden herab. Die Thüren schlossen vermuthlich
damals sehr schlecht; man mußte also diese Vorhänge zu Hülfe nehmen. Zm
Sommer wurden die wollenen durch die leichteren und gefälligeren Leder-
tapeten ersetzt. Unsere Vorfahren hatten also, wie man sieht, ein besseres ver-
ständniß für eine komfortable Einrichtung als gewöhnlich angenommen wird.
Zm Zahre (S2Y schmückte mau die wände der Säle des Louvre-Museums
mit gold- und silbergewirkter Seide, indem Gemälde in Graumalerei nach-
gebildet wurden, welche Szenen aus der Geschichte Deboras im Buch der
Richter darstellten, und wurde die Königliche Manufaktur der Gobelins
definitiv errichtet, ein Institut, das bekanntlich geradezu wunderbare Stoffe
und damals auch Teppiche produzirte, die von nun an die Schlösser zierten.
Es muß überdies noch erwähnt werden, daß bereits im Mittelalter bei
Gelegenheit königlicher Feste und bei öffentlichen Anlässen mit der Hanb
gemalte Leinwand zur Dekoration der Straßen und Paläste verwendet wurde.
Das Hots! - visu in Reims besitzt eine sehr schöne Sammlung solcher, die
aus dem ;5. Jahrhundert stammen. Bis ins ;s. Jahrhundert benutzte man
auch zur Dekoration der Wohnungen und Kirchen gemalte Leinwand, unb
ein sehr gutes Exemplar derselben findet sich in der Geräthekammer des
Louvre, die, mit der Hand gemalt, Ludwig XIV. und seinen Hof darstellt.
Die Farben derselben haben ihre Frische bis auf den heutigen Tag bewahrt.
Später hat man versucht, mit der Hand gemalte Leinwand durch gedruckte
Tapeten zu ersetzen, die sehr schön und zur Dekoration der Wohnungen, auch
was ihre Farbenechtheit betrifft, wohl verwendbar sind. Zur Herstellung
derselben sind haltbare Farben benutzt worden, die noch mit Del und Firniß
verdichtet und auf starke Stoffe von großer Breite und unter Zugrundelegung
alter, stilvoller Muster und von Motiven alter Zeichnungen gedruckt wurden.
Man verfertigte sie aus einem Stück Streifen von 2 Meter Breite und mehr
als ;c> Meter Länge. Es findet sich noch eine solche in den großen „Dunnsuux^
des Sitzungssaals der Bank von Frankreich, die nach einem besonderen ver-
fahren gedruckt sind, das Eigenthum der Bank ist. Dies Verfahren konnte
sich jedoch nicht einbürgern, es erforderte zu viel Zeit und war zu kostspielig.
Man vereinfachte daher das Muster und ersetzte es durch weniger komplizirte
Sujets, wie Fabelthiere, Löwen, Blumen, Wappen und Schrift. Der Preis
verminderte sich so bedeutend, besonders da man auch einen Stoff von geringerer
(Dualität benutzte; heutigentags verwendet man mit Vorliebe Jute dazu. Die
ordinären Artikel sind aus ungebleichten Grund gedruckt, d. h. der Stoff bleibt
so, wie er vom Webstuhl kommt. Dagegen gibt man ihm bei den besseren
Sachen einen Farbenton. Man druckt mit Gelfarben. Gepreßte und gedruckte
Jute, Plüsch, der sehr schwer herzustellen ist, da sich das Gewebe nach dem,
Pressen verlängert oder zusammenzieht, wird ebenfalls verwendet. —