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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Fischbach, Friedrich: Die Bühne als Vorbild für Innen-Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0024

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Januar-Heft. Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration. Seite ß.

nihnp als Worvild für ^Hnnen-^Wekorativn.

von Friedrich ^ischbach.

Abbildung Nr. 277.


.0 fchätzenswerth zum Studiun^ die in Museen auf-
gespeicherten Neberreste aus alten Zeiten sind und so
wichtig die Abbildungen und Beschreibungen der In-
terieurs aus alter und neuer Zeit, so ist doch die positive Wirk-
lichkeit arn lehrreichsten. Nur Wenigen ist es gestattet, die
künstlerisch ausgeführten Wohnräume der Fürsten und Patrizier zu
besuchen. Würden von Kunstgewerbeschullehrern öfter Exkursionen
durch solche Räume mit den besten Schülern veranstaltet, so wäre

der Gewinn viel größer als durch
noch so gute Vorträge. Als ich

kann deshalb nicht bestritten werden, weil zuweilen schlechte Bilder
durch einen kostbaren Rahmen werthvoller erscheinen sollen.

Wo die Mittel zu knapp sind, wird selbstverständlich keine
allzugroße Pracht der Dekorationen und Kostümes möglich sein;
wo aber, wie z. B. in Wiesbaden, die Königliche Subvention
mithilft, ist es erfreulich, zu sehen, wie sehr das Publikum die
pflege der so lange vernachlässigten bildenden Kunst begrüßt.
Herr General-Intendant von Hülsen hat in den Herren Schick und
Raupp Kräfte ersten Ranges für
die reichste künstlerische Ausstattung

Brüstungs-Kitter aus Schmiedeeisen. — Entworfen von Professor t. Lcvy in Karlsruhe.

in Wien Professor Th. von Hansen wöchentlich begleiten durfte,
als er mit Rahl das Palais Tedesco dekorirte, habe ich mehr
gelernt als in Schulräumen.

Da wir ohne Ausnahme jährlich mit Fragen der Ausstattung
unserer Wohnräume zu thun haben, und es nicht angeht, beson-
deren Unterricht nachträglich zu genießen, so bleibt unser Haupt-
Lehrmaterial das gute Beispiel. Mit Vorliebe suchen wir künst-
lerisch geschmückte Hallen auf, seien es Restaurationen, Kaffeehäuser,
Konzertsäle rc. Wir beobachten, was neu und effektvoll. Vor
Schaufenstern bleiben wir stehen und bewundern die Zusammen-
stellung von Salon-Möbeln, Schlafzimmer-Ginrichtungen, ja sogar
von Küchen-Utensilien.

Als die „Meininger" zuerst die historische und Natur-Wahrheit
in Kostümes, Landschaften, Interieurs, Geräthen rc. auf die Bühne
brachten, befürchtete man nicht mit Unrecht, es werde die Haupt-
sache, „das Spiel", auf Kosten des Beiwerkes benachtheiligt.
Heute sind wir schon so verwöhnt, d.h. unser Auge sucht so sehr
das Bessere, daß uns unharmonische, mangelhafte Dekorationen
stören. Gin gutes Bild verlangt einen schönen Rahmen. Das

der Dekorationen und Kostüme. Gs kommt hinzu, daß der
Architektur-Rahmen an Pracht nichts zu wünschen übrig läßt.
In jüngster Zeit wurde mit dem Wiesbadener Antiquitäten-
Teppichlager, Besitzer N. Heß, das Abkommen getroffen, daß
derselbe Fall zu Fall aus seinem reichen Vorrathe die ächten
orientalischen Teppiche, Bronzen, Möbel rc. leiht, um besonders
fürstliche Gemächer nicht nur reicher auszustatten, sondern auch
größere Abwechselung dem Auge zu bieten. — Gs ist für regel-
mäßige Theaterbesucher störend, z. B. dieselbe Vase heute im
Zimmer der Maria Stuart oder Ludwig XIV. und morgen im
Zimmer eines Kommerzienrathes zu finden. Gs geht aber nicht
an, alle diese prunkgeräthe in zehnfacher Zahl anzuschaffen.
Indem man sich freut, Neues zu sehen, bewundert man zugleich,
wie die Künstler ein harmonisches Gesammtbild geschaffen haben,
in welchem die Personen in historischer Treue auftreten. Als die
Studien der alten Kostüme und Geräthe nur wenige Archäologen
interessirten, lag wenig daran, daß ein Tannhäuser einen Mantel
! mit einem Lyoner Muster des s8. Jahrhunderts trug und daß
umgekehrt Don Juan mehr als Landsknechts-Hauptmann als
 
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