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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Bach, Max: Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe in Stuttgart, [2]
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Der "Schwabenkessel": und die Edelmetall-Ausstellung der Firma P. Bruckmann & Söhne in
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Heibronn
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0243

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Dktober-kfeft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite (83.

an den richtigen Platz gesetzt. Da sehen wir einen großen Wandbehang
(Rücklaken), darstellend ein Turnier zwischen Graf Eberhard dein Aelteren von
Württemberg und Veit von Rechberg vor Kaiser Friedrich III. am 7. Oktober
tH7Z nach dem Entwurf von Maler Lloß, eine hervorragende, allen Ansprüchen
gerecht werdende Arbeit; ferner Wand- und (Ofenschirme, ein Antependium,
Dekorationsschilde, Albumdeckcn und kleinere Gegenstände aller Art.

Die übrigen hier ausgestellten Sachen gehen nicht über das Niveau
des Alltäglichen hinaus und können wir darüber hinweggehen, um uns in
den Bibliotheksaal zu verfügen. Hier haben die grafischen Künste
ihren Platz erhalten. Holzschnitt, Zinkografie, Lithografie, Buchdruck usw.
Hervorragend sind die Arbeiten von Seeger in der Lhromolithografie und
Schüler in der Zinkografie und Fototypie, auch die Leistungen der Xylo-
grafen find sehr anerkennenswerth und man staunt, daß neben den riesigen
Fortschritten der Fototypie doch noch so viel in Holz geschnitten wird. Neu
sind die Farbenholzschnitte und farbigen Lichtdrucke von Rommel. Mehrere
Anstalten haben auch den Entwickelungsgang ihrer Fabrikation übersichtlich
vorgeführt.

Eine Fortsetzung dieser grafischen Ausstellung finden wir in den Sälen,
welche für die Sammlungen der Königlichen Zentralstelle
reservirt bleiben. Hier ist namentlich der Entwickelung der Lithografie seit
Sennefelder ein großer Ranm angewiesen. Die schönen Blätter der öoisssvö-
Gallerte, die größtentheils hier in Stuttgart durch Strixner und Andere nach
den (Originalen ausgeführt wurden, sehen wir fast vollständig ausgehängt.
Ls ist hier nicht der Ort, näher darauf einzugehen, wir verfügen uns gleich
in den Keramiksaal, der eine wirklich großartige Sainmlung von
porzellanen aller Länder, Majoliken, Terrakotten, Glas usw. enthält, wir
staunen über die Fülle dieser Arbeiten, welche seiner Zeit, in der alten
Legionskaserne untergebracht, kaum gewürdigt wurden. Line kleine Nach-
blüthe dieser ausgesuchten Arbeiten bilden die Fabrikationserzeugnisse der
Schramberger Porzellan- und Steingut-Fabrik von villeroy
<L Boch; der Stil der Gegenstände ist überwiegend Rokkoko in feinem, gelb-
lichem Ton, erstmals sehen wir auch ganze Malereien in Blau, als Wand-
schmuck zu verwenden nach holländischer Art. An diese Sachen schließen sich
an die Uhren Industrie mit höchst schätzbaren Leistungen, besonders aus
Schwenningen, sowie die Geißlinger Elfenbein waaren, die in
der Wahl ihrer Sujets und der künstlerischen Ausführung entschieden einen
Fortschritt zeigen.

Sehr reichhaltig ist die Abtheilung der Textilindustrie, für die
Damenwelt ein Paradies. Prächtige Gardinen verhüllen die Wände der
Kojen, die Tische sind belegt mit Stickereien, Geweben und Gespinnsten
aller Art, ganze Braut-Ausstattungen, Tafelgedecke usw.

Sehr reich haben die verschiedenen Frauen-Arbeitsschulen des Landes,
vor allen Reutlingen, ausgestellt, theilweise auch mit Darstellungen ihres
Betriebs, so hat z. B. Ulm einen Webstuhl in Bewegung gesetzt. Damast
und Leinenwaaren zeigen in vorzüglicher Ausführung Eckstein L Kahn
in Stuttgart; originell ist die Vorführung der Württemb. Leinen-
Industrie in Blaubeuren und Laichingen; man sieht hier eine
schwäbische Bauernstube su miniaturs von der Alb, nach den Angaben des
Zeichnungslehrers weiß in Blaubeuren. Die kirchliche Kunststickerei ist
ebenfalls sehr schön vertreten, besonders durch Vsiander in Ravensburg.
Rosa Meier in Ulm, die bekannte Kunststickerei, gibt eine Garnitur

Kindermöbel in skandinavischem Bauernstil, sowie eine prächtige Sammel-
mappe mit reichem Barockornament.

Gleich am Eingang links treffen wir dann auch die kirchliche Kunst;
Altar und Orgelbau. Kaiser LUlbig in Iggingen bei Gmünd sind
durch einen gothischen und einen romanischen Altar vertreten. Ein Meister-
werk vornehmster Art, ein Lrgebniß langjähriger Kunstreisen ist der Kreuz-
altar von Schnell in Ravensburg für die dortige Frauenkirche.

Damit ist in der Hauptsache mit Ausnahme der Möbel-Industrie, welche
wir uns für einen späteren Artikel Vorbehalten, die kunstgewerbliche Aus-
stellung im Gewerbemuseum erschöpft, wenden wir uns daher in die benach-
barte Gewerbehalle und bewundern noch die schöne Ausstellung der
Geißlinger Metallwaarenfabrik. Diese Fabrik ist hervorgegangen
aus einer Plaqusfabrik, schon (852 von Straub in Geißlingen gegründet
und einer galvanischen Versilberungsfabrik, vom jetzigen Direktor Hügele in
Eßlingen (8?; gegründet. Seit dieser Zeit fortwährend vergrößert und mit
den neuesten Einrichtungen versehen, bildet die Fabrikanlage jetzt ein ganzes
Dorf mit Arbeiterwohnungen und allen möglichen zweckdienlichen Etablisse-
ments, die, zur Nachtzeit elektrisch beleuchtet, einen feenhaften Anblick gewähren.
Architekt Lauser hat für die Auslage der Fabrik eine ganze Halle entworfen,
deren architektonische Einzelnheiten, als: Kaxitäle, Basen, Iierglieder usw.
aus Galvanobronze bestehen, die in der Fabrik ausgeführt und theilweise im
Gewerbemuseum Verwendung gefunden haben. Die erfolgreiche Herstellung
der Galvanobronze ist ein besonderes Verdienst der Fabrik, welche zu diesem
Zweck seit (89H eine besondere Abtheilung für plastische Bildwerke geschaffen
hat. vor der Fassade der Halle sieht man die wappenthiere, Löwe und Hirsch,
von Lurfoß für das Karl Olga-Denkmal in Stuttgart entworfen, innerhalb
einen Lruzifixus, welchen der Großherzog von Baden augekauft hat; im
Stadtgarten ist die Kolossalbüste Bismarcks von Magnussen und ein Stand-
bild Kaiser Wilhelm I. von Günther-Hohenstein ausgestellt; ferner im Hof
der Gewerbehalle das Kriegerdenkmal für Krumbach (Bayern), darstellend
einen bayerischen Soldaten in voller Ausrüstung, eine eroberte französische
Fahne haltend. Weitere Figuren in der König Karl-Halle des Gewerbe-
museums, wohin die Fabrik, wie schon erwähnt, auch sämmtliche Kapitäle
und architektonische Dekorationsstücke lieferte. Die Auslage in den durch
elektrisches Licht beleuchteten Schaukästen ist eine geradezu entzückende, hier
trifft man Alles, was Luxus und täglicher Gebrauch von Gerüchen aller Art
erfordert, prächtige Tafelaufsätze in malerischen Gruppirungen mit allerlei
Blumen- und Früchtenschmuck, Vasen und Nippsachen aller Art, dann vor
allem Kaffee-, Thee-, Rauch-und Toilette > Garnituren, Speiseservice u. dergl.
mehr, reizende Figürchen, Thierstücke und vieles Andere, was nicht aufgezählt
werden kann. — Im Allgemeinen erkennt man auch in diesem Kunstgewerbe-
zweig das Streben nach einem besseren, nach künstlerischen Prinzipien aus-
geführten Stil, vorherrschend Rokoko, doch ist immer noch viel widerlicher
Naturalismus zu überwinden und auch das Rokoko paßt, besonders wenn
es nicht mit dem nöthigen verständniß ausgeführt ist, eben nicht für jeden
Gegenstand. Wir vermissen gerade in dieser Branche immer wieder das
Studium der italienischen Renaissance—Italien ist und bleibt aber die Hoch-
schule nicht allein für Malerei und Baukunst, sondern auch für das Kunstgewerbe.

chwabenkestel"

und die Edelmetall-Ausstellung der Firma P. Beuckmanu öv Sühne in Heildeonn

auf der Kunstgewerbe-Ausstellung in Stuttgart (8IS.

nter dem so hoch entwickelten württembergischen Kunstgewerbe
nimmt auf ihrem Spezial-Gebiet, der Ldelmetall-Industrie, die
im Jahre (805 ins Leben getretene Firma P. Bruckmann
L Söhne in Heilbronn wohl ohne Zweifel die erste Stelle
ein. Schon ihr Gründer, ein feinfühlender Kunsthandwerker und weitblickender
Geist, dessen Reliefbild jetzt neben denen anderer berühmter Schwaben den
Prachtbau des neuen Landesgewerbemuseums schmückt, verstand es, den
sicheren Weg zu finden, der die Firma zu dem Umfang und zu der künst-
lerischen Höhe führte, welche dieselbe heute mit Ehren einnimmt.

So war es der Firma wohl auch eine gewisse Ehrenpflicht, bei Er-
öffnung des neuen Museums und der damit verbundenen Kunstgewerbe-
Ausstellung sich so zu repräsentiren, daß sie der Väter werth erschien.
Dieses hat sie denn schon allein mit ihrem „Schwabenkessel" voll und
ganz erreicht.

Aus echt schwäbischer Anhänglichkeit an den sagenberühmten Boden
der Heimath und in dem Bestreben, an einem großen Werk die Leistlings-
fähigkeit seiner Künstler und Arbeiter aufs Höchste zu spannen, hat das
Haus Bruckmann dieses Stück für die Ausstellung geschaffen, das über das

Gewöhnliche hinausgeht und gedacht ist als Mittelstück bei festlichem Bankett
im Schwabenlande, wo man seiner Sagen und Geschichte gedenkt und sich
freut an seiner wiedererstandenen Kunstfertigkeit.

Dieser „Schwabenkessel", dessen Abbildung wir auf Seite Z8s bringen, ist
zunächst in seiner praktischen Bedeutung eine prächtige, ;6 Liter fassende
Bowle, und die drei schönsten Sagen, die auf Schwabens Boden spielen,
Ekkehard, Käthchen von Heilbronn und Lichtenstein, haben die
Motive zum „Schwabenkessel" gegeben, unter welchem Namen das Werk
schon populär geworden ist. Ein reichgetriebener Kessel mit Eisbehälter
enthält die Bowlen - Einrichtung, den Ablauf für das edle Naß bildet ein
Drache, der an die Knorren des Eisbehälters sich anklammert. Drei Pflanzen-
motive, Epheu für den Ekkehard, die Traube für das Käthchen und die
wilde Rose für den Lichtenstein, überranken, flott getrieben, den ganzen
Kessel und umfassen drei Basreliefs, „Virgil auf dem Hohentwiel", „Käthchen
unter dem Holderbusch" und „Herzog Ulrich in der Nebelhöhle", drei Me-
daillonköxfe, wie man sie an schwäbischen Renaissancebauten viel sieht, zeigen
den Alten aus der Heidenhöhle, Friedeborn und Götz von Berlichingen.
Den stark und mauerartig profilirten Bowlenrand schmücken drei erkerartige
 
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