Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

DOI article:
Mielke, Reinhard: Die "Wilhelma" in Cannstatt
DOI article:
B. B.: Neue Kunst in der Innen-Dekoration
DOI article:
Schloß Mainau
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0110

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Seite 78.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Mai-Heft.

düngen Nr. 5H3 bis 3H8 und der Beilage I zeigt, auf den ersten
Blick etwas Unbefriedigendes, Abweisendes aufweist, etwas von
jener Stimmung, die nicht zum stillen Genießen einladen will.
Völlig ausgeschlossen dürfte es ja sein, daß die orientalische Kunst
sich bei uns einbürgert; in dem Maße aber, in dem sie dem
architektonischen Gefüge der „Wilhelma" unterjocht ist, beweist sie,
daß ein echter Künstler
auch aus heterogenen
Bestandtheilen etwas
Vollendetes schaffen kann,
wenn er es eben—-kann.

Sucht man — losgelöst
von dem engen Begriff
des historischen Stiles —
nur das Gefällige, das
Angenehm-Schöne, dann
beut die „Wilhelma" in
den Einzelheiten, in den
überaus reizvollen orna-
mentalen Erfindungen
soviel des Interessanten,
des Anmuthig-Sinnigen
dar, daß sie, wenn auch
nicht zur Nachahmung
— denn ein wirkliches
Kunstwerk kann nur ein-
mal geschaffen werden—
so doch zur Würdigung
ihrer Schönheiten auf-
fordert. — Mer es aber
einmal unternimmt, die
Geschichte des künstle-
rischen Geistes — nicht der Kunst — unseres Jahrhunderts zu
schreiben, der wird bei den Bestrebungen, das Verständniß für
die Antike zu vertiefen und den Geist der Gothik wieder auf-
leben zu lassen, nicht stehen bleiben dürfen, sondern bei der
modernen Orient-Kunst verweilen müssen. — Wer Stuttgart besucht,
sollte die Besichtigung der „Wilhelma" nicht versäumen. R. Melke.

NeuLsMUnst in

Anregungen von L. D.

ie seit einiger Zeit sich eine neue Richtung in der Kunst
hervorgethan hat, welche dem Künstler den weitesten Spiel-
raum für seine Gedanken und seinen Geschmack läßt, so muß

sich auch im Kunstge-
werbe und in der Deko-
ration eine neue Richtung
Bahn brechen. Nach
dem Spruche des großen
Friedrich, „Jeder kann
nach seiner Faoon selig
werden", wollen wir
auch jedem Künstler der
Innen - Dekoration freie
Hand lassen und von den
althergebrachten Stilen,
Louis XIV., XVI., Ro-
koko, Empire rc. abkom-
men, die ja doch für
uns kaum passend sind.
Man denke sich z. B.
einen Salon Louis XIV.
in lichten Farben, mit
den kleinen, zierlichen
Möbeln, den vielen Ver-
zierungen und Schnörkeln
und in diesem Raume
Personen nach der jetzigen
Mode gekleidet! Welch
schlechte Figur machen
wir zwischen diesen Möbeln! — Wir müssen einen ernsten, glatten
Stil heute haben, keine Verzierungen und möglichst gerade Linien
in den Formen. Um aber das Zimmer zu heben und elegant
zu gestalten, wenden wir Farben an und dies soll der Zweck
dieses kurzen Artikels sein, darauf hinzuarbeiten, daß der Dekoratör
weniger auf Stil und reiche Schnitzereien, als auf Farben sieht.

Abbildung Nummer 352. Dalle aus Schloß Mainau, vergl. untenstehenden Text.

chwtz

n der an Naturschönheiten so reichen Bodenseegegend erfreut sich
die Insel Mainau einer ganz besonderen Werthschätzung. Gibt
sie uns doch am schnellsten und sichersten einen Ueberblick über
die Lieblichkeit und Großartigkeit der ganzen Landschaft zugleich.
Von kaum einer halben Stunde im Umfange, ist sie angefüllt mit Allein,
„was die Natur zum Genuß, zum Nutzen und zur Augenlust darbieten kann.
Lachende wiesen, herrliche Aecker, freudig sich erhebende Weinberge, schöne
Gemüseanlagen, reizende Gruppen von Gbstbäumen, mannigfaltige Schöpf-
ungen der schönen Gartenkunst wechseln mit einander ab und ergötzen das
Auge, das nicht weiß, an was es sich zuerst laben soll." So feiert Gustav
Schwab Ende der zwanziger Jahre das reizende Eiland, schildert uns ebenso
den Blick von der Seeseite ans auf die Insel mit den „grünen Ufern, den
hochstämmigen Gbstbäumen, alten Thürmen und dem modernen Schloß", das
„mit doppelter Herrlichkeit dem anlandenden Wanderer entgegen blickt, vom
höchsten Ufer herab und abgespiegelt von der blauen Fluth herauf, und seinen
geräumigen Balkon gegen ihn ausstreckt, um ihn einzuladen zum Genüsse
einer der herrlichsten Aussichten, die das Ufer des Bodensees nur irgend zu
bieten vermag." Seitdem aber dieser alte Deutschherrensitz von einem knnst-
sinnigen Fürstenpaar erworben worden ist, das seinen regelmäßigen Sommer-
ausenthalt hier nimmt, sind zu der Natnrpracht im Großen noch tausenderlei
kleine Reize in Schloß, Gärten und Anlagen getreten, es wird jedes einzelne
Plätzchen auf der ganzen Insel mit der gleichen Liebe und Sorgfalt gehegt
und gepflegt, so daß der Besucher sich in ganz unbeschreiblicher Weise ange-
zogen fühlt und nur ungern das kleine Paradies wieder verläßt.

Im südöstlichen Teile des Ueberlingersees gelegen, nahe am Südufer
desselben, mit dem sie durch eine eiserne Brücke verbunden ist, steigt die
Mainau von West nach Gst in mehreren Absätzen bis zu HS rn empor. Die
oberste Terrasse, ans der sich das Schloß erhebt, fällt steil gegen Gsten ab.

mnau.

In Folge dieser natürlichen Gestaltung erschien sie zur Anlage einer Burg
oder eines Lustschlosses trefflich geeignet, während sie bei ihrem geringen,
nur etwa Ho üa betragenden Inhalte zu wenig Raum für eine größere
Ansiedlung bot. Die ältesten Nachrichten über die Insel stammen aus dem
;3. Jahrhundert. Jedenfalls war sie, als das Lhristenthum am Bodensee
festen Fuß gefaßt hatte, von der Reichenau aus urbar gemacht worden und
gehörte, wie die uahegelegenen Brte Allmanusdors, Dettingen und Woll-
matingen, zum dortigen Uloster. Mit der zunehmenden Verweltlichung des-
selben gewannen aber die Reichenauer Dienstleute und Vasallen größeren
Einfluß, sie wurden vielfach die eigentlichen Herren auf den ihnen verliehenen
Grundstücken, während der Abt sich mit der Lehensherrlichkeit begnügen
mußte. Als solche Emporkömmlinge haben wir die um die Mitte des >3. Ih.
erwähnten Ritter von Mainau aufzufassen, ihnen war vom Uloster Reichenau
das Gelände und die vielleicht am Anfänge des ;2. Iahrh. erbaute Burg
als Dienstlehen verliehen worden, von diesem Geschlechts wird die Burg,
ebenfalls als ein Reichenauer Dienstlehen, an die jetzt erloschene Familie
von Langenstein gelangt sein, deren Stammburg im Hegau liegt. Um 1,372
vergabte nun Arnold von Langenstein nebst seinen vier Söhnen mit Geneh-
migung des Reichenauer Abtes die Insel Mainau dem deutschen Vrden. Sie
wurde alsbald Sitz eines Uomthurs. Durch Schenkungen und vielfache
Ankäufe vergrößerte sich der Besitz rasch. Zum Schutze gegen die unruhigen
Nachbarn wurde die Insel befestigt, die obere Burgterrasse mit Wällen und
Gräben versehen, längs des Ufers eine Mauer errichtet, die durch Bastionen
und Thürme verstärkt war. Schwer hatte sie irn zojährigen Uriege zu leiden.
;SH7 wurde sie von den Schweden unter Wrangel eingenommen, bis zum
Abschluß des westfälischen Friedens besetzt und ihrer Uunstschätze und beweg-
lichen Habe beraubt. Durch die Drangsale des Schwedenkrieges hatte die
alte Drdensburg, die außerdem als ein düsteres, unwohnliches Gebäude
geschildert wird, schwer gelitten. Zu einer stattlichen Wiederherstellung fehlten
aber geraume Zeit alle Mittel. Sobald aber der Wohlstand der Eommende sich
wieder gehoben hatte, mußten die baufälligen Gebäude einem Neubau weichen.
 
Annotationen