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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Schliepmann, Hans: Von der Berliner Gewerbe-Ausstellung, [1]
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Beringer, Oscar: Von der II. Bayerischen Landes-Ausstellung in Nürnberg, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0182

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Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

August-^eft.

gemachte Butzenscheibenlyrik entsprossenen Schöpfung im Bilde bringen. Aber
nur die Wirklichkeit kann den vollen Reiz^smärkischer Sonne, märkischen
Silberhimmels über das Ganze weben. — Unserem Leserkreis dürfte höchstens
noch die Notiz erwünscht sein, daß die schier lächerliche ..Echtheit" dieser
malerischen Backsteinbauten allerdings nur dem Gips verdankt wird. Man
hat ganze Flächen echten alten Mauerwerkes abgegossen, in „Stafs" nach-
geformt und auf dem im übrigen recht soliden Fachwerksgerüst der Häuser
und Befestigungswerke angenagelt. Lin sehr geschickter Anstrich macht die
Täuschung bis auf Poren, Risse. Abbröckelungen und Moosbildung ganz
vollkommen. — Ist dieses „Alt-Berlin" auch nur eine „Schau", so ist sie
um ihres kulturgeschichtlichen und rein malerischen Stimmungsgehaltes willen
doch auch ein wirkliches, großes Kunstwerk.

Erscheint somit Karl Hoffacker als ein Architekt ersten Ranges,
dem die Ausstellung ihre „Zugkraft" vornehmlich verdanken wird, so zeigt
doch zugleich auch Bruno Schmitz, der Schöpfer des eigentlichen Reprä-
sentationsstückes im Treptower park, daß man ihn den größten Monumental-
künstler Deutschlands nennen darf. Die ganze, in die ursprünglichen Park-
anlagen mit größtem Geschick hineinkomponirte Platzgestaltnng ist von einer
Großartigkeit, einem Fluß und einer Mannigfaltigkeit der architektonischen
Melodien und einer Originalität der Erfindung, daß man trotz des Unter-
schiedes im Maßstabe doch ohne Scheu den vergleich mit dem grandiosen
„Oourt ol Ironour". dem Prachtforum der Ausstellung von Lhicago. wagen
darf. Beiden Anlagen gemeinsam ist die inmitten des Platzes angelegte
Spiegelfläche eines riesigen Wasserbeckens, dem sich unmittelbar vor dem
Hauptbau in der Längsachse ein Blumenparterre mit Springbrunnen vorlegt.

Trotzdem aber statt der klassischen Palastfronten Chicagos, in Berlin
nur schattenspendende, allerdings auch für eine Riesen-Illumination einge-
richtete Laubgänge und Baumreihen die Längsseiten dieser mächtigen Platz-
anlage bilden. — oder vielleicht auch weil das Auge nicht durch immer
neue Riesen. Architekturen abgestumpft wird, wirken die beiden baulichen
Abschlüsse an den Schmalseiten, die Front des Hauptgebäudes und der Wasser-
thurm mit dem Hauptrestaurant geradezu überwältigend.

Beide Anlagen betonen die Mitte durch hohe Aufbauten und umfassen
den Platz gleichsam anschmiegend, einladend mit Hallenanlagen, die sich,
beiderseits im viertelkreis geschwungen und am Ende durch reichere Pavillons
abgeschlossen, dem Mittelbau angliedern.

Auf die Architektur im Einzelnen einzugehen, wäre ohne Beigabe von
Abbildungen doch nur von fragwürdigem Nutzen. Denn was hilft es
schließlich zur Anschauung, wenn man feststellt, daß das Hauptmotiv für das
Ausstellungsgebäude aus einer, von großen viereckigen Thürmen slankirten
und überragten Flachkuppel ohne Spitze, doch mit Fensterkranz nach Art
byzantinischer Bauten, besteht, daß der Stil des Ganzen auf eine Wahrung
der Flächenwirkungen gerichtet ist. daß er am ehesten noch an spanische
Frührenaissance und spanischen Kolonialstil anklingt? Man weiß doch nicht,
wie das alles zu einer harmonischen und ganz modern-persönlichen Einheit
zusammengebracht ist! Man wird es sehen und studiren müssen, mindestens
in Abbildungen, an denen es ja nicht fehlen wird! — Auf die Ausgestaltung
des Inneren werde noch an anderer Stelle zurückkommen müssen. —-

Das zweitgrößte der eigentlichen Ausstellungsgebäude, das für chemische
Industrie, rührt von Hans Grisebach her und ist gleich den Bauten von
Bruno Schmitz anscheinend ein massiver Monumentalbau und durchweg in
verständiger Weise auf Flächenwirkung, nicht auf Stützenstellungen, die dem
Surrogatstoff allzusehr widersprochen hätten, berechnet. Nur die Bogenreihen
im Inneren, das als eine mächtig wirkende, breit überwölbte Basilika aus-
gebildet ist, stehen auf Säulen. Das Ganze scheint zwar nicht ganz so
zwanglos und selbstverständlich in der Erfindung wie die vorberührten Bauten,
muß aber doch als eine ganz eigenartige und groß wirkende Schöpfung
bezeichnet werden.

Erwähnt sei noch, daß das Verwaltungsgebäude, ein zierlicher
Bau Hoffackers, halb Schlößchen mit Pazio-artigem Innenhofe, halb Thor-
gebäude, im Aeußeren — als einziges bemerkenswerthes Beispiel auf der
Ausstellung — eine reiche dekorative Bemalung erhalten hat. jedenfalls der
sinngemäßeste. wenngleich natürlich auch der theuerste und zeitraubendste
Schmuck derartiger vergänglicher Putzstächenbauten.

Auf die übrigen Baulichkeiten auch nur mit kürzester Karakterisirung
einzugehen, erscheint ganz unmöglich; die Fülle derselben ist schier erdrückend
und nicht wenige Leistungen müßten als hervorragend bezeichnet werden.
Erwähnt sei wenigstens die überaus malerische und „echt" erscheinende
Anlage von Tirolerbauten, die von Hochgürtel erfunden sind. Auch die
vom Laienpublikum am meisten bewunderte Schöpfung „Lairo", von Wohl-
gemuth errichtet, verdient in der That großes Lob selbst vom höheren
Standpunkt. Für diesen bleibt allerdings Alt-Berlin immer noch ebenso viel
höher im künstlerischen Werth, als Nach emp find en und aus tiefster
Nachemxfindung Neuschaffen über Nach bilden steht. —

Uon der II. Bayerischen Landes-Ausstellung in Nürnberg.

haben Zweifel über den Erfolg der diesjährigen

II. Bayerischen Landes-Ausstellung in Nürnberg nicht verschwiegen.

Und ihre Besorgnisse schienen nicht pure Schwarzseherei zu sein.
Wurden doch bei einer von Jahr zu Jahr steigenden Zunahme der Aus-
stellungen immer häufiger Klagen laut, daß die von den Ausstellern gebrachten
Opfer durch einen entsprechenden Nutzen nur selten belohnt würden. Wurde
doch überhaupt ernstlich bestritten, daß Ausstellungen ihren ursprünglichen
Zweck jetzt noch erfüllten, und der plan einer Welt-Ausstellung in Berlin
fand bei der Mehrzahl der deutschen Großindustriellen keine Gegenliebe.
Nun ist trotz alledem dieses Jahr mit Ausstellungen gesegnet, wie wohl
noch keines vorher. Neben der Milleniums-Ausstellung in Budapest und
einem halben Dutzend kleinerer Ausstellungen schien besonders die große
Berliner Gewerbe-Ausstellung dazu angethan, dem Nürnberger Unternehmen
Konkurrenz zu machen. Erfreulicherweise aber haben sich solche Befürchtungen
nicht bewahrheitet. Man ist in Nürnberg mit den finanziellen Erfolgen
bisher wohl zufrieden. Das braucht nicht zugleich ein sicherer Beweis für
die Güte der Sache zu sein. Thatsächlich aber hängt hier der materielle
Erfolg mit dem ideellen innig zusammen. Die II. Bayerische Landes-Aus-
stellung in Nürnberg ist wohl gelungen, namentlich auch nach der künstlerischen
Seite; das ist das allgemeine Urtheil, in das die große Schaar der Besucher
ihre Eindrücke zusammenfaßt.

vor Allem findet das Ganze der Anlage auf und an der verhältniß-
mäßig nicht sehr großen Fläche des Maxfeld-Stadtxarkes ungetheilte. wohl-
verdiente Anerkennung. Dieses von prächtigen Linden- und Kastanien-Alleen
durchzogene Feld batte bei der ersten Landes-Ausstellung im Jahre Z882 sich
vorzüglich bewährt. Die damals um die schönen alten Bäume neu geschaffenen
gärtnerischen Anlagen waren während des Ausstellungssommers den Nürn-
bergern so lieb geworden, daß ihre ständige Erhaltung beschlossen wurde.
Der inzwischen üppig zusammengewachsene Stadtgarten mit seinem großen,
herrlichen Rosenparterre, seinen sorgfältig gepflegten, mit Teppichbeeten und
Zierpflanzen reich geschmückten Rasenplätzen, dem kleinen, von Schwänen
belebten Teich bot sich dem diesjährigen Unternehmen als ein fertiger Aus-
stellungspark. wie er schöner nicht zu wünschen ist. Freilich waren mit diesen
vortheileu. die der Platz gewährte, erhöhte Schwierigkeiten verbunden. Galt
es doch, die großen und kleinen Ausstellungsbauten um und in dem Park
so anzuordnen und auszuführen, daß die gärtnerischen Anlagen möglichst
unversehrt blieben. Diese Aufgabe ist in voll befriedigender Weise gelöst.
Naturgemäß sind die großen Haupt-Ausstellungsgebäude, zu einer zusammen-
hängenden Baugruppe vereinigt, am Rand des Parkes angelegt, während
iu diesem selbst die kleineren Bauten, die Kunsthalle, das Armeemuseum,
die Bauten für Erholung und Erfrischung. Kioske und Pavillons unter
Schonung jeden größeren Baumes so geschickt vertheilt und durchgebildet
sind, daß sie mit den gärtnerischen Anlagen innig verwachsen erscheinen und
zum Theil zwischen Bäumen und Buschwerk halb versteckt die malerischsten,
überraschendsten Bilder gewähren. Die in verschiedenen Stilen und Stil-
schattirungen ausgeführten Baulichkeiten befriedigen alle gleichermaßen durch
ungesuchte, liebenswürdige Gefälligkeit, wie durch Vermeidung jeglicher Auf-
dringlichkeit und Effekthascherei. Als äußere Fassung dessen, was unser
besonderes Interesse erregt, verdienen diese Lauten zunächst eine kurze Betrach-
tung. wobei die Innen-Ausstattung vorwiegend berücksichtigt werden soll.

Die Kunsthalle, entworfen und ansgeführt von Architekt Fritz Küfner
in Nürnberg, empfängt den Beschauer mit einer im Halbkreis vortretenden
Vorhalle, deren mit dem Genius der Kunst gekröntes Kegeldach von paar-
weise gekuppelten toskanischen Säulen getragen wird. Daran schließt sich
eine Kuppelhalle — auch iin Aeußeren durch einen hohen Aufbau gekenn-
zeichnet — deren Hochwände durch rothe Stuckmarmorsäulen gestützt werden.
Die eigentlichen Ausstellungsräume sind, da eine Baumgruppe umgangen
werden mußte, im Rechteck um einen Hof angeordnet, der nach Art des
stimmungsvollen Nittelraumes südländischer Häuser eine Säulenstellung
rings um einen plätschernden Brunnen erhalten hat. eine sehr glückliche,
beim Genuß der Kunstwerke erfrischende Anlage. Die Ausstattung der Räume
ist einfach, aber würdig und geschmackvoll. — Reizend, eigentlich zu zierlich
und heiter für seinen Inhalt, hebt sich das Armeemuseum wie die „Solitude"
eines Rokokoschlosses vom grünen Baumhintergrund ab. Zwei einen Halb-
kreis umschließende niedere Flügelbauten nehmen rückwärts in der Mitte
eine Terrasse zwischen sich, auf der ein runder mit einer Kuppel gedeckter
Pavillon steht; eine breite, geschwungene Freitreppe führt zu seiner mit
schöner Kartusche geschmückten Rundbogenthüre empor. Die gute Wirkung
des Aeußeren des anmuthigen Baues wird durch heitere Farben, das Gelb
der Wandflächen, das Ziegelroth der Flügeldächer, das Kupfergrün der Kuppel
noch erhöht. Im Innern hat nur der Kuxxelraum eine einfache Stuck-
dekoration erhalten, die ohne Farbe belassen ist, während die Seitenbauten,
in denen Uniformstücke und Waffen an den wänden aufgehängt sind, ganz
schmucklos geblieben sind. Der Bau wurde nach dem Entwurf Th. v. Kramer's
 
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