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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Schmidkunz, Hans: Die Ausstattung unserer Wohnungen
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E. R.: Das Flensburger Kunstgewerbe-Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0215

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Seite (60.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

September-l^eft.

sich kurz in den Satz zusammenfassen: Die Anlage und Ausstattung unserer
Wohnungen geschieht von Außen nach Innen statt von Innen nach Außen.
Das heißt zweierlei: Erstens legen der die Räume berichtende Baumeister
und der sie ausstattende wohuungsiuhaber das Schwergewicht auf die Räume,
die zur Schaustellung nach Außen gehören, also ins Empfangszimmer und
die ihm ähnlichen Räume. Manche Abweichungen von dem vorhin geschil-
derten Typus oder Ergänzungen zu ihm beziehen sich am ehesten wieder auf
die äußeren Theile: so werden je nach den Prunkzwecken das Treppenhaus
oder ein Emxfangskorridor und namentlich die zuerst durchschrittenen Thüren
mit Schönheit beladen oder überladen. Zweitens wird das Schwergewicht
auf diese sogenannte Schönheit, auf's „Ansehen" gelegt; die Frage nach der
Zweckmäßigkeit im Sinne praktischer Brauchbarkeit und sorgsamer Gesund-
heitspflege kommt erst nachher und wird dann in dem Maße gelöst, als sich
diese Zwecke in die Anforderungen des Ansehens eben noch einfügeu. Nun
läßt sich nicht gut darüber streiten, ob uns der Eindruck einer Wohnung für
den erst Eintretenden oder der Eindruck für den darin Thätigeu, und ob
uns die Kunst oder die Zweckdienlichkeit lieber ist. Nehmen wir aber selbst
an, uns sei jenes, also der Eindruck für den ersten Blick und die Kunst lieber,
so läßt sich doch sehr darüber streite», ob denn wirklich diese beiden Zwecke
auf dem gezeigten Wege am erfolgreichsten erfüllt werden, und ob jene
beiden anderen Zwecke — der Eindruck fürs alltägliche Leben und die Zweck-
dienlichkeit — nicht allzusehr darunter leiden. Und in der That dürste es
in jeder von diesen Beziehungen schlimm stehen. Wie die Dinge gewöhnlich
liegen, erreichen wir allerdings einen Eindruck nach Außen, aber nur einen

und gegen die, so in unserem Dienst arbeiten, die Fürsorge für unser Aller
Gesundheit und sogar die Kunst. Ist denn sie zu „hoch" und sind unsere
fürs Leben wichtigsten Räume zu „niedrig", als daß beide vereint behandelt
werden könnten?

Nähere Anweisungen zu geben, dazu fehlt uns hier allerdings der
Raum. Genug, wenn wir hier die falschen Grundsätze, die thatsächlich bei
der Ausstattung unserer Wohnungen walten, in einem kritischen Bild ange-
deutet und den wichtigsten Grundsatz einer Ausstattung, wie sie sein soll oder
besser: wie sie den meisten Erfolg verspricht, ausgesprochen haben. Der aber
ist: Fanget beim Kern eures Wohnens an; die Schale wird sich, wie's auch
sonst in der Natur ist, daraus von selber bilden. („Allgem, Z-i,unz.">

Das Flensburger Runstgewerbe-Mufeum.

<En den Nummern ;8 und 20 des laufenden Jahrganges vom „Lentralblatt
der Bauverwaltung" macht Regierungs- und Baurath Mühlke (Schles-
wig) in eingehender und anregender Weise auf das Kunstgewerbe-Museum
in Flensburg aufmerksam. Die Bestrebungen dieser, mit einer Fachschule
für Kunsttischler und Bildschnitzer in unmittelbarer Verbindung stehenden und
von dem überaus rührigen Direktor Sauermann geleiteten Kunstanstalt sind
für unsere Leser von so großem Interesse, daß uns wenigstens ein kurzer
Hinweis auf dieselben unumgänglich erscheint. — Das Grenzgebiet zwischen
Deutschland und Dänemark birgt noch jetzt zahlreiche Schätze einer lebhaften

Abbildung Nr. qzo. Lank im Bibliothek>Treppenha»r. Entwurf: Laurath Ludw. Hoffmanu. — Ausführung: Gossow, Berlin.

äußerlichen, der sozusagen in der Luft schwebt, der auf Scheu, gebaut ist,
und erreichen eine Künstlichkeit, aber keine Kunst. Außerdem sind unsere
derartig angelegten und ausgestatteten Wohnungen nicht so beschaffen, daß sie
uns auch nur genügend Brauchbarkeit und Gesundheit gewähren. Namentlich
ist der Irrthum zu berichtigen, als sei auf diese Weise ein künstlerischer
Erfolg zu erzielen. Die Kunst ist kein vereinzeltes Stück unserer Welt, so
etwa als flöge sie wie ein Meteorstein oder wie die Gabe einer guten Fee
zu uns hernieder, vielmehr wächst sie in natürlicher Weise aus unserem
gesammten Leb»n heraus; wächst sie nicht so, dann ist sie unnatürlich, eine
Künstlichkeit. Betrachten wir aber dieses unser gesammtes Leben, so erscheint
es uns vergleichbar einem Bau, in welchem ja die einen, unteren Theile
die anderen, oberen, tragen und die Vorbedingung für diese sind, also auch
zuerst gebaut werden müssen. In unserem Leben sind die alltäglichen Bedürf-
nisse ein solcher Unterbau: die Unterkunft unter häuslichen Schutz, das
Schlafen, das Essen, der zweckmäßige, bequeme Ablauf unserer Arbeiten.
Das Uebrige kommt nachher; die Herstellung eines Empfangsprunkes für
Besucher vielleicht ganz zuletzt. Kommt sie zuerst, so wird sie leicht zum
Schein oder gar zum Schwindel; „außen Putz und innen Schmutz". Wollen
wir also unsere Wohnung natürlich, echt und ehrlich und dadurch mit der
größten Aussicht auf künstlerischen Eindruck bauen und einrichten, so muß
der Grund dazu auch beim Grund unseres Lebens gelegt, die Wohnung von
Innen nach Außen gebaut und ausgestattet werden. Für sie bilden in diesem
Sinne die Grundlage das Schlafzimmer und die Küche; vor allem Uebrigen
kommen dann noch das Kinderziinmer und etwaige Arbeitsräume, zu denen
je nachdem auch sogenannte Nebenräume, selbst das Badezimmer und etwa
die Waschküche gehören; und erst zuletzt finden die Räume für den Verkehr
und für etwaige Schaustellung ihren Platz. So will es nicht nur die Brauch-
barkeit, sondern auch die Menschlichkeit gegen uns selbst, gegen unsere Kinder

Kunstgewerbsthätigkeit vom Ausgange der Gothik bis zum Beginn des
dreißigjährigen Krieges. Und diese Werke sind vielfach solche des Haus-
fleißes, also einer naiven Bethätigung des im Volke lebenden Kunstsinnes
jener geistig überaus regsamen Epoche. Auf diese Reste einer verhältniß-
mäßig reich und mannigfaltig entwickelten, besonders aber durchweg urge-
sunden Volkskunst zurückzukommen, von ihr erst einmal das A und V
alles kunstgewerblichen Bildens, d.i. die Entwickelung des Schmuckwerkes
im engsten Anschluß au das Konstruktive, aus diesem heraus,
neu zu lernen, ist gerade in unserer Zeit des empfindungslosen Zusammen-
leimens gestohlener Motive von höchster Wichtigkeit. Man wird alsdann
endlich wieder den vernünftigen Weg wählen, den namentlich der einfachere
Kunstschreiner, der Mann des Handwerkes für die Möbel des Mittelstandes,
allein einschlagen sollte: vom Einfachen zum Reichen vorzuschreiten, zunächst
die sinngemäße Grundform auszudenken und diese alsdann je nach den
Mitteln zu schmücken, statt daß man jetzt irgend ein üppiges Vorbild reichster
Kunst zum Modell nimmt, das dann solange beschnitten wird, bis es für
das vorhandene Geld ausgeführt werden kann.

Mit wie einfachen Mitteln man wirken kann, wenn man diese Nittel
nur beherrscht und auf schöne Verhältnisse und rhythmische vertheilung
des Schmuckwerkes hält, das zeigen die prächtigen Beispiele des Flensburger
Museums mit überzeugender Klarheit. Möge man daher diese Gegenstände
eingehender studiren, zu welchem Zwecke zunächst die Jahresberichte jenes
Museums angelegentlichst empfohlen seien. Mögen aber auch an anderen
Grten mit gleicher Liebe die Zeugen früherer volksthümlicher Kunst gesammelt
und so eingehend studirt werden, wie es in Flensburg geschieht. Namentlich
in Süddeutschland werden sich hier noch ungemein anregende Schätze ans
Licht ziehen und dem Studium erschließen lassen, die unserem deutschen
Kunstgewerbe von segensreichstem Nutzen sein würden. — II. R,.
 
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