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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Jaffé, Franz: Die Beleuchtung, eine entstehende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0129

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Juni-Heft.

Illustr. kunstgerverbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Leite fl3.

DieWeleuchtung, eine entstehende-Hnnst.

von ^ranz )affd.

^/^D^eit den ältesten Zeiten ist man gewöhnt gewesen, das
Licht als ein Sinnbild des Lebens und die Nacht als
das Sinnbild der Ruhe und des Todes zu betrachten.
Solange das Tageslicht scheint, erblüht Leben und Lust rings
umher; die Nacht, die sich herniedersenkt, umfängt Alles mit
Ruhe, und während die „rosenfingerige" Göttin Ilos, die Morgen-
röthe, als Vorläuferin des Apollowagens empor-
steigt, um allen Geschöpfen einen neuen Tag
und neues Leben zu bringen, steigt Apollo mit
seinem Sonnenwagen der Sage nach in den
Gkeanos hinab, um auszuruhen und zu rasten
zu neuem Werke.

Erst die erhöhte Kultur lehrt das geschwun-
dene Tageslicht durch künstliches ersetzen. Das
künstliche, durch Prometheus vom Himmel ge-
holte Feuer erwärmte die Erde und leuchtete
den Nächten der Sterblichen. Tine weniger
abgehärtete Generation empfand es als Be-
dürfniß, der Kälte zu wehren, und wollte des
Lichtes trotzdem theilhaftig sein. So entstand
die Verglasung und gleichzeitig mit ihr die
Heizung, welche man sich bei fortgeschritteneren
Nationen der Folgezeit als gleichzeitig entstanden
zu denken hat. Jedoch liegt dies nicht so lange
hinter uns, als man gewöhnlich anzunehmen
geneigt ist. Noch die Burgen des früheren
Mittelalters hatten keine verglasten Fenster; im
Winter schloß man die Deffnungen mit Läden,
in denen sich runde, kleine Geffnungen befanden,
um wenigstens etwas Luft und Licht einzulassen.

Dem einfachen Fenster folgte in jüngster Zeit
das Doppelfenster.

Welche Wandlungen die Tagesbeleuchtung
im Laufe der Jahrhunderte auch erfahren hat:
das Licht als solches blieb dasselbe, von dem
man stets abhängig war, und außer Glas
boten sich nur sehr wenige Stoffe als Licht
durchlassende Medien dar. Allerdings ist nicht
zu leugnen, daß durch die Stellung der lichtgebenden Geffnung
eine große Verschiedenheit der Wirkung hervorgebracht wird, ob
es als niederes Seitenlicht, als Gberlicht, oder als hochgestelltes
Seitenlicht auftritt. Aus dem Fenster eines Wohnhauses verlangt
man auf die Straße sehen zu können; will man sich festlichen
oder gottesdienstlichen Gedanken hingeben, so verlangt man dem
Alltäglichen und Irdischen entrückt zu sein und verlangt Gberlicht
oder hohes Seitenlicht. Rann es etwas heiligeres geben, als
wenn die Figuren des Erlösers und der großen Männer des
Evangeliums zu dem Betenden herabblicken, wenn der in der
Kirche Befindliche seinen Blick zu den bildergeschmückten Glas-
fenstern erhebt, die ihre Züge tragen? — Gewiß nicht.

Doch soweit man die Kunst der Tageslichtzuführung auch

getrieben hat, ob man wie in Frankreich und Italien — man
denke an die Doppelkuppel im Invalidendom zu Paris — die
raffinirtesten Lichteffekte hervorgebracht hat: man wird mit der
Ausbildung der Lichtzuführung eine Grenze erreichen oder hat
sie schon erreicht. Es wird vergeblich sein, eine Kathedrale des
Mittelalters und einen Invalidendom in Bezug auf den Modus
der Zuführung des Tageslichtes zu überflügeln. Diese Kunst der
Beleuchtung bildet eine abgeschlossene Kunst für sich und befindet
sich in einem Beharrungszustande. — Nicht so in Bezug auf die
künstliche Beleuchtung von Räumen, hier ist
man erst ganz kürzlich zu einer glanzvollen höhe
gelangt, die die weitesten Ausblicke in eine ver-
heißungsvolle reiche Zukunft gewährt, und wir
stehen mit unseren Kenntnissen und Erfahrungen
bislang nur im Vorhofe der Erkenntniß. Nie
ist ein Kind der Wissenschaft und der Technik
riesiger unter den Händen seiner Erzeuger ge-
wachsen, als die Elektrizität und das elektrische
Licht. Mit einem gewissen Bedauern sieht der
Mensch am Ende des l9- Jahrhunderts auf
das Beleuchtungswesen der früheren Jahrhun-
derte herab; denn in einem Jahrzehnt ist so
viel geleistet worden, wie alle früheren Jahr-
tausende zusammen nicht entfernt leisten konnten.
Man entsinnt sich der Fackel- und Lampen-
beleuchtung des Alterthums und des Mittel-
alters, man denkt an die Talg- und Wachs-
kerzen der Vergangenheit: erkannte man doch
erst s?83 die Vorzüge eines runden Dochtes
gegenüber dem flachen Dochte in der Lampe,
und beschenkte doch erst Argand s?89, im Re-
volutionsjahre, die damalige Welt mit einer
epochemachenden Erfindung, dem hohlen Rund-
docht; daher wurden solche Lampen Argand-
Lampen genannt, was sich später auch auf
Gasbrenner übertrug. Erfand man doch erst
s836 die Moderateur-Lampe, die s85H verbessert
wurde, und wurde doch erst s855 die erste
Petroleumlampe, wie man annimmt, in Amerika
konstruirt. — Dazwischen geht in unserem Jahr-
hundert die Entwickelung der Gastechnik und
ihrer Ableitungen, die sich für Deutschland speziell in jeder Be-
ziehung als segensreich erwiesen haben, und erst in neuester Zeit
weicht das Gas als Lichtquelle vor der Elektrizität zurück, während
es als heizquelle und in seinen Nebenprodukten, welche ganze
Industrien neu hervorgerufen haben, immer noch eine erste Stelle
einnimmt. Man hat es nicht daran fehlen lassen, der Ausbildung
der Gasbeleuchtung eine erhöhte Sorgfalt in Bezug auf die Formen-
gebung der Beleuchtungskörper und Färbung des Lichtes zuzu-
wenden. Man erinnert sich an Laternen, Wand-Lampen und -Arme,
Hängelampen, Kandelaber, Kronen aus den verschiedensten Ma-
terialien, Steinpappe, Zink, Kupfer, Goldbronze, Messing, echter
Bronze, Eisen und Kristallglas, und zu gleicher Zeit an die Aus-
bildung des Gaslichtes oder Glühlichtes in seinen verschiedenen

Lüsten - Ständer.

Abbildung Nr. Z68. Non Rob. Vrs'ans.
 
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