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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Schliepmann, Hans: Das Reichsgerichts-Gebäude in Leipzig und seine Innen-Dekoration, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0205

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Seite Z52.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

September-Heft.

!as MeichÄgerichts-LMelräude in Meipzig und seine -Dnnen-^Wekvratinn.

von ff ans Schliepman».


Zwischen den helleren und den dunkleren Theilen sind wie
monumentale luftige Spitzenschleier zwei jener köstlichen Gitter
gespannt, die ich oben bereits ihres praktischen Zweckes wegen
erwähnte. Zhre ästhetische Aufgabe ist von größter Wichtigkeit.
Sie schließen den Hallenraum für das instinktive Bewußtsein ab,
gewähren ihm also den Eindruck des Einheitlichen; ihre
Durchsichtigkeit aber läßt den dahinterliegenden Theil wie ein
lockendes, interessantes Bild erscheinen. Ohne diese Gitter würde
man den Wechsel Heller und matter beleuchteter Partien in diesem
langen Gange als Unruhe erweckend empfinden; durch diese
durchsichtige Theilung erscheint das Unvermeidliche wie Absicht
(vergl. die Abbildungen Nr. u. ^f5). Das aber zu erreichen,
wird allezeit eine Hauptaufgabe des Baukünstlers sein. Denn

das energische — vielleicht etwas zu lebhafte Grün der patinirten
Wappentafeln unter den Kämpfern der Haupttragebögen und der
wundervoll gestalteten Beleuchtungskörper. Erst wenn der Blick
in das Treppenhaus fällt, das sich in harmonischster Weise dem
Hauptraume anfügt und durch Lessings beide Figurengruppen
einen weit über das lediglich Dekorative hinausgehenden Schmuck
erhalten hat (vergl. Abbildung Nr. HfO), tritt wieder durch die
drei großen, goldige Lichtströme verbreitenden, ornamental bemalten
Fenster — gleich den Fenstern des Hauptraumes von Linnemanns
Meisterhand — eine neue Farbennote auf. Erwägt man hierzu,
daß jedes Detail einfach mustergültig ist, daß die berührten wunder-
vollen Gitterabschlüsse der Korridore an allen vier Ecken des
Raumes in beiden Stockwerken, nach oben und vorn zu immer

Abbildung Nummer ffaupt - Vestibül. — Blick nach der Seitcnwand?

nur in den seltensten Fällen ist ein Raumgebilde im Wesentlichen
so sehr ästhetischer Selbstzweck wie die große Halle, die wir nun
betreten.

Diese Halle ist unstreitig einer der großartigsten Räume,
den die ganze moderne Baukunst geschaffen. Festlich und wuchtig,
kräftig und maßvoll zugleich, mit einem Blicke überschaubar, und
doch von jedem Punkte neue Durchblicke eröffnend, aus feinstem
Proportionsgefühl geboren, darf sie als der Gipfel von Hoffmanns
Kunst gelten. Alle Darstellungen (vergl. Abbildung Nr. H09, sickl,
und Beilage I) vermögen nicht den vollen Reiz dieser Schöpfung
wiederzugeben, denn er liegt einerseits in der ganz wunschlos
lassenden Abgeschlossenheit und Nebersehbarkeit des ganzen
Raumes, andererseits in der Beleuchtung durch die vier riesen-
haften Halbkreisfenster, aus deren farbenreichen figürlichen Kom-
positionen — in der Mitte auf lichtblauem Grunde — leuchtende
Lichtbündel auf die klaren Formen der in Hellem Eottaer Sand-
stein gestalteten Wände fallen. Nur ein einziger selbständiger
Farbenton gesellt sich zu diesem ästhetischen Spiel des Lichtes:

reicher werdend, wiederkehren, so kann man nicht im Zweifel
bleiben, daß hier die Architektur einen Triumph ersten Ranges feiert.

(Die Besprechung der übrigen Abbildungen erfolgt im Gktober- bezw.
November-ffeft, welche ebenfalls dem Reichsgerichtsbau gewidmet sind. —

Färben und Schattirrn von Hölzern. Nach dem paten-
tirten Verfahren von Paul Zäger in Eßlingen werden die in einem
gemauerten Dampfraume aufgeschichteten Bretter mit Sägsepänen
bestreut, welche mit Farbstoffen oder Farbhölzern, beispielsweise
Blauholz, Gelbholz, oder mit Beizmitteln, wie chromsaurem Kali,
Alaun, Eisenvitriol vermengt sind und etwa sH Tage lang vor-
sichtig mit nur so viel Dampf behandelt, daß die Temperatur erst
am zweiten Tage 50° E. erreicht und 90° L. überhaupt nicht über-
steigt. Der Dampf löst die Färbe- und Beizmittel allmählich und
theilweise auf und die Lösung dringt in die Poren der Hölzer und
färbt letztere dadurch entweder eintönig oder schattirt,je nachdem man
die Farbstoffe auf den Sägespänen mehr oder weniger gleichmäßig
mengt oder eine oder mehrere Mischungen gleichzeitig anwendet.—
 
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