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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Pariser Neuheiten in Wandbekleidungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0204

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September-Heft.

<lbschattirtem Icmä oslomps zeigt. Ein derartiger Hand kommt
ebenso wie der leicht schillernde lonä oxulius noch bei verschie-
denen anderen Tapetenmustern vor und besteht in der diskreten
Anwendung mehrerer Farben über einander, wodurch ein fleckiger,
wolkenartiger Hintergrund geschaffen wird, von dem sich das Dessin
gut absetzt. Ein schönes Wandpanneau führt dem Beschauer ein
lächelndes Frauenantlitz unter einem Blätterdach, von dein saftige,
goldgelbe Früchte niederhängen, vor Augen. Nit offenbarem
Behagen beißt die Schöne herzhaft in eine derselben hinein, zu-
gleich die Hand nach einer zweiten ausstreckend.

Nichts als riesige, voll ausgebreitete, von grün bis rothbraun
Llbschattirte Kastanienblätter zeigt eine cremefarbene Tapete, wäh-
rend bei einer anderen mit etwas dunklerem Fond die Blätter nur
die Skala der grünen Abschätzungen durchlaufen und außerdem
weiße Blüthen immer zwischen drei Blättern Vorkommen. Das-

Seite s5s.

so recht geeignet, den Schmollwinkel einer schönen Frau würdig
auszustatten. Das Ganze ist durchweg in matten Tönen gehalten,
nur einzelne Blumenmitten sind durch Ueberlegen mit bunten
Seidenfäden in langen Stichen hervorgehoben. Es ist künstlerisches
Auffassen und Können in diese Wandbekleidung hineingelegt worden,
deren Entstehen ein eifriges Studium des s8. Jahrhunderts jeden-
falls vorausgegangen sein muß, da das Dessin nicht nach einem
alten Modell kopirt, sondern vollständig originell ist.

In einer Art DcmZss, d. h. in einem ganz leichten, dünnen
Seidenstoff, ist ein prächtiges panneau: blaue Hortensien auf
mattem Goldfond, sowie ein anderes: Trisanthemen auf hellgrün
mit zartblau geflecktem Untergründe .da. Neben den Stoff hat
der Künstler eine Tapetenprobe mit gleichem Muster gelegt, um
zu zeigen, daß sich dasselbe in Papier mit Farbendruck auch ganz
gut machen würde. So groß die Vorliebe für Stoff-Wandbeklei-

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Abbildung Nr. H20. Thür im nördlichen Strafsenats-Saal. — Mod.: Gieseke, Berlin. — kfolzarb.: Schneider, Leipzig; Riegelmann, Berlin.

selbe Dessin ist noch in gelbgrau auf weißgrau vorhanden und
macht in seiner vortrefflichen Abtönung wirklich „Stimmung".
Von etwas unruhigem Effekt sind Olluts", ein Wandpanneau,
das eine Anzahl !rastlos zwischen Baumästen hin und her klet-
ternder Katzen vorführt.

Das Interessanteste der ganzen Ausstellung ist entschieden ein
panneau, das eine getreue Nachbildung eines Kostümstoffes der
Zeit Louis XIII. bedeutet und nicht wie Druck, sondern wie schöne
Malerei und an einzelnen reliesartigen Stellen sogar wie Stickerei
erscheint. Es handelt sich hier um einen schon längere Zeit ver-
suchten Effekt, nämlich einzelne parthien des Musters besonders
vortreten und wie Stickerei aussehen zu lassen. Zuweilen geschieht
das nur für die Konturen der Blätter und Blüthen, die stark vor-
springen und metallisch schillernd den Eindruck vermitteln, als
wären Goldreifen oder feine Silberspangen vorhanden.

In blaugrauer, leichter Seide mit Schäferszenen in medaillon-
artiger Einfassung, die aus lauter Blüthenzweigen gebildet wird,
dicht bedruckt, ist eine wundervolle Isrckurs cls boucloir vorhanden,

düngen auch ist, so schrecken Viele doch vor"dem Preis zurück und
ziehen die einfache Tapete nach „guter alter Väter Meise", die man
durch Umkleben mit einer breiten Borte ganz gut in ein oder mehrere
panneaux verwandeln kann, aus Sparsamkeitsrücksichten vor.

Als „äsruisr ori" auf dem Gebiete der Wandbekleidungen
möchte ich schließlich noch ein Genre erwähnen, das in kleinen
nur den oberen Theil der Wandflächen deckenden panneaux besteht,
die beispielsweise auf hellgrünem Fond einen Strauß weißer Blüthen
als Mittelstück aufweisen, während die dazu gehörige, den unteren
Theil der Wand bedeckende Tapete in blatt- oder dunkelgrün eben-
falls mit weiß aber ganz eng gemustert ist. Es soll hiermit an
eine sehr alte Mode, nämlich an die griechische und auch teil-
weise mittelalterliche Manier, die Wände mit Fresken oder Malerei
mindestens im oberen Theil zu zieren, erinnert werden. Wie alles
Neue, hat auch diese Art der Wandbekleidung große Thancen
sich einzuführen, falls nicht vor allgemeiner Verbreitung sie noch
durch ein neueres Genre verdrängt wird, denn der Reiz, der in einer
raschen Abwechselung liegt, wird entschieden sehr hoch geschätzt. —
 
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