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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Seite (6.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Zanuar-l^eft.

zeugung zu setzen, die Hans Schliepmann in seinem einleitenden Aufsatz so
eindringlich predigt. Nach der eingehenden Art, in welcher sich dieser letztere
mit Hermann werle beschäftigt, können wir es uns versagen, auf die Bei-
träge, welche dieser so ganz eigenartige Künstler zum vorliegenden Hefte geliefert
hat, näher einzugehen. Die große Komposition zu einem Schlafzimmer
(Beilage I) ist dein an dieser Stelle bereits eingehend besprochenen Werke
„das vornehme deutsche Haus" entnommen, wir wollen nur auf Einzelheiten
aufmerksam machen: auf die augenscheinliche Berücksichtigung der Hygiene,
die im Zurücktreten aller Stoffvorhänge, in der hübschen Bekleidung des
wandtheils über der Boiserie mit japanischen Matten sich ausspricht. In
dem Bort, welches hinter den Kopfenden der Betten der Nische abgewonnen
ist, in den seewärtigen Erweiterungen des Waschtisches durch Behälter für
Eimer re., in dein Stollen-
schränkchen mit Aufsatz im
Vordergrund rechts bekundet
werle sein Talent aus den
Gebrauchsmustern des Mo-
biliars neue Hormgedanken
heraus zu gestalten. Der
„kleine Salon" des-
selben Künstlers (Abbildung
Nr. 2SY), durch eine große
Bogenöffnung mit dem
großen Salon verbunden,
zeigt in Dekoration und
Mobiliar ebenfalls wieder
eine Hülle neuer Gedanken
— wenn uns auch das An-
klingen der Balkendecke im
mittleren Rundfeld des
Plafonds ein etwas gefähr-
liches Motiv däucht. Lin
origineller Schreibtisch, ein
Bücherschrank, theils offen,
theils geschlossen mit ange-
bauter Sitzbank geben Mo-
tive für die Ausstattung
eines Herrenzimmers. An-
dere Lösungen für das
gleiche Programm, ein
S'tollenschrank, ein Tisch
mit Lehnstuhl und eine in
eine Ecke eingebaute Biblio-
thek zeigen, wie man mit
der Verwendung gothischer
Motive Möbel schaffen kann,
die doch völlig modern sind.

Das sehr eingehend durch-
gearbeitete Interieur von
A. Warnemünde (Abbildg.

Nr. 282) verräth in der Ge-
staltung der Thüre und des
Abschlußgeländers etwas
werleschen Einfluß. Auch
hier haben wir das gesunde
Bestreben, die Dekorations-
kunst von innen aus zu
bereichern — nicht durch
Häufung des Details, son-
dern durch geschickte und
neue Kombination der
Programm-Gedanken. So
ist hier an der Hensterseite
eines Wohnzimmers ein
Sitzplatz mit Tisch und
Schränkchen gebildet; dahinter, zwei Stufen erhöht, hat der Künstler einen
abgeschlossenen und doch nach dem Zimmer frei geöffneten Platz gewonnen,
in welchem die Musik gepflegt werden soll.

Die Motive der Tyroler Gothik benutzte Kuhn bei dem Entwurf seines
Arbeitszimmers (Abbildung Nr. 28Z): aus dem Wandbüffet ist ein
Bücherschrank geworden, der schwere Bauerntisch mit den Schemeln in der
Mitte ist wohl nicht als der Arbeitsplatz des Besitzers aufzufassen, vielmehr
hat dieser in dem traulichen Erker einen Schreibtisch mit bequemer Wandbank.
Aehnlich, nur etwas weniger anspruchslos in der Zeichnung der Möbel ist
das gothische Trinkz immer von Karl Pfeiffer gehalten (Abbildg. Nr. 28-^).
Lüsterweibchen und Iagdfries geben dem oberen Theil des Raumes bedeut-
samen Schmuck. Der büffelartige Schrank mit dem weitausladenden Zinnen-
kranz würde seiner Masse nach wohl für ein großes Speisezimmer ausreichen.

Ebenso wie diese beiden Innenräume und die ansprechende Skizze eines
Erkers, welche als Anfangs-Vignette die erste Seite des Heftes schmückt, steht
auch die Vestibül-Dekoration (Abbildung Nr. 278) von A. van de Sandt
unter dem Zeichen der mittelalterlichen Hormenwelt. Die kleine ausgebaute
Empore, unter deren Bogen der Treppenaufgang liegt, kommunizirt im
ersten Stock mit den offenen Gallerien, welche als Ersatz für den Korridor
die vestibülhalle umgeben und die Verbindung der oberen Zimmer unter
einander vermitteln. Ein weises Maßhalten in den Hormen zeichnet diese
Skizze aus, wie es namentlich da am Platze ist, wo sich der Dekoratör aus-
schließlich auf dem Gebiet der Monumental-Dekoration bewegt. In leichteren
Motiven des Holzbaues ist die Halle mit Aufstieg von H. Mieritz
gehalten (Abbildung Nr. 27I); an den behaglichen Heuerplatz der Halle

schließt sich das malerisch
angelegte Treppenhaus mit
Holzdecke und hölzernen
Ständern, zu dessen Dekora-
tion das bei den Amen-
kauern so beliebte Gitter-
werk in reichlichem Maße
herangezogen ist.

Waren die Interieurs,
welche uns das Heft bisher
geboten, freies Spiel der
künstlerischen Hantaste, so
wird uns in der „Halle
im Palais Reichen-
bach" in Hrankfurt a. M.
(Beilage II) ein stattliches
Bild wirklich ausgeführter
Monumental-Dekorationge-
zeigt. Das von den Archi-
tekten Neher und v. Kauff-
mann ausgeführte Palais
gehört zu den opulentest
durchgeführten privatbau-
ten der letzten Jahre. Hier
war den Künstlern die
schöne Aufgabe zugefallen,
die Winter-Residenz einer
fürstlichen Hamilie in der
schönsten Raumentfaltung
und in einer bis ins letzte
Detail ausgefeilten künst-
lerischen Durchführung zu
gestalten. Die hier dar-
gestellte kreisrunde Halle,
welche durch zwei Stock-
werke durchgeführt ist und
auf Höhe der zweiten Etage
eine breite Gallerie als Ver-
bindungsgang der oberen
Zimmer enthält, ist aufs
Reichste mit Relief-Bild-
werk, (Original-Kompost-
tionen des Bildhauers Hritz
Hausmann ausgestattet.
Das Mobiliar der Halle, wie
es sich auf unserem Bilde
zeigt, dürfte nur als pro-
visorisch zu betrachten sein.

Der Kunstschmiederer
sind drei weitere Abbil-
düngen unseres Heftes ge-
widmet. Das von Professor
L. Levy in Karlsruhe ent-
worfene elegante Gitter (Abb. Nr. 277) füllt in gefälliger Weise den Raum,
zwischen zwei Pfeilern einer Steinbrüstung aus, und macht von dem stets
wirkungsvollen Barock-Motiv der gekreuzten Gitterstäbe als Hlächenfüllung aus-
giebigen Gebrauch, von den beiden schmiedeeisernen Kandelabern von Herd.
Paul Krüger in Berlin bringt der erste (Abb. Nr. 2S8) die schwierige Aufgabe,
für Bogenlicht eine passende Aufhängung zu gestalten, ihrer Lösung in glück-
licher Weise näher. In der Gesammtsilhouette der Horm klassischer Marmor-
kandelaber folgend, verleugnet er doch den Karakter der Schmiedetechnik keinen
Augenblick und hat in seinem oberen Aufsatz für den ausladenden Arm in den
beiden rückläufigen Ranken ein glückliches Motiv des Gegengewichts gefunden.
Der zweite (Abb. Nr. 280) schließt sich den reichen Barockformen des „Neuen
Palais" in Potsdam, das er zu schmücken bestimmt ist, in gelungener weise
an und beendet aufs glücklichste die Gruppe, zu deren Bekrönung er dient. I,.


Abbildung Nr. 285. Fenster-Dekoration im Stil Louis XVI. von L. phrygio.
 
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