Leite 8H.
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Mai-kfeft.
M unseren ?Dllustrationen.
Nachdem die im vorliegenden Hefte enthaltenen Abbildungen aus der
„Wilhelms" und dem Schlosse „Mainau", sowie die elektrischen Koch-
und Heiz-Einrichtungen bereits in eigenen Artikeln Erläuterung gefunden,
erübrigt es in Nachstehendem nur noch auf die nicht erwähnten Illustrationen
mit einigen Worten zurückzukommen.
Unser Reichstagsgebäude hat, das werden auch die Gegner Meister
wallots anerkennen, dadurch befreiend gewirkt, daß in der Entwickelung des
inneren Raumgedankens auch das verhältniß gewisser Mobilien zur Architektur
geregelt ist. Der Gedanke ist schon mehrfach künstlerisch zu lösen versucht
worden, wie weit eigentlich unsere Mobilien wirklich beweglich sind; denn
der Architekt, der eine Sitzbank, einen Nischenschrank, ein Podest oder Aehn-
liches dem Raume einzufügen hat, steht hier leicht vor einer heiklen Frage.
Soll er z. B. bei einem Schrank
aus ein vorhandenes Wandgesims
derart Rücksicht nehmen, daß
ersterer nur an seinem Platz stehen
kann, oder soll er auch berücksich-
tigen, daß der Schrank bei verän-
derter Lage ebenfalls noch ein
ganzes Werk für sich bleibt. In
den meisten Fällen ist die Beant-
wortung von dem Zweck des
Raumes abhängig, der bald diese,
bald jene Lösung bevorzugen läßt,
wallot hat beide je nach dem
Bedürfnisse gefunden; seine Schule
und unsere Innen-Architekten, so-
weit sie sich von künstlerischen —
nicht geschäftlichen — Rücksichten
leiten lassen, sind ihin gefolgt. Sie
haben damit einen Weg beschritten,
der möglicher Weise zu einer
Sonderstellung gewisser Innen-
räume, wie Korridore, Hallen,
Loggien usw. führen kann. Die
Halle in Abbildung Nr. z^d,
dem kunstgewerblichen Atelier
M. Kimbels entstammend, ist
unseres Erachtens ein weiterer
Fortschritt in dieser Entwickelung,
obwohl sie, unter dem Einfluß der
Gothik stehend, für die Bedürfniß-
losigkeit des Raumes ruhige, kräf-
tigere Ausdrucksmittel vorzieht.
In dasselbe Gebiet ist auch
der von I. Heymann entworfene
Durchgangsraum zu einem
Wintergarten (Abbild. Nr. 35»)
zu verweisen. Die offenbar Hellen
Wände mit ihrer wirkungsvollen
dekorativen Malerei, der warme
Ton des Holzes, die einladenden
Bänke, sie mögen auch ohne Hinein-
ziehen von Schaugeräth, das hier
vielleicht nicht ganz am Platze ist,
in zweckentsprechender weise ver-
wendet sein. In den Formen ist
der englische Einfluß unverkennbar, aber er ist selbständig verarbeitet und
ohne aufdringliche Betonung des fremden Ursprungs berücksichtigt. Da hier
die Bänke vollständig mit der wand verbunden sind, und letztere überdies
in sehr geschickter weise in die Decke und das Vberlicht hinübergeleitet ist,
so kann die Abbildung als ein weiterer Beitrag auch die im obigen angeregte
Frage beantworten helfen.
Lin prunkvoller Erker-Einbau stellt sich in Abbildung Nr.Z5H dar.
wulstige Formen der Renaissance verkleiden als Tafelwerk die wände, über
die sich oben eine ebensolche Decke spannt. Freundlich fluthet durch das
breite Fenster das volle Tageslicht herein, Wand und Boden, Tisch und
Geräthe überleuchtend. Der Architekt hat sicher im Einklänge mit den
Formen an Eichenholz gedacht und man kann in der That mit der kräftigen
Sprache zufrieden sein, wenn auch ein zartes Frauenempfinden sich nach
anderer Umgebung sehnen wird, als sie hier geboten. Die Renaissance hat
aber in ihren Prunkformen vielfach etwas Mannhaftes, Kerniges an sich
und der Künstler wird sich im Geiste an dem Tische wohl eine fröhlich
zechende Runde gedacht haben.
Intimer, lauschiger und wahrscheinlich auch billiger dürfte das von
der Hof-Möbelfabrik L. I. Peter in Mannheim ausgeführte Thurm-
Zimmer eines herrschaftlichen Schlosses sein, Abbildung Nr. Z5S, das statt
der Renaissance die gemüthliche Gothik Tirols angewendet zeigt. Die Flach-
schnitzerei, die unter Berücksichtigung verschiedener Motive, die eichenen Thüren,
Vertäfelungen und Möbelstücke belebt, bietet nicht allein eine malerische,
sondern auch eine dankbare Technik dar. Die tiefe Fensternische ist mit großem
Geschick zum Erker ausgenutzt, dessen Polstersitze heraldische Muster aufweisen.
Der bis zur Decke reichende Kamin ist aus rothem Sandstein gedacht, während
das Holzwerk in seinem satten Braun, das lichte Deckengewölbe mit seiner
mäßigen Bemalung, das Traulich-Intime dieses Innenraumes wahren. —
Abbildung Nr. 358. Elektrisch heizbarer Ofenschirm, von p. Stotz, Stuttgart.
Ein Noll-Vorhang kn siecle.
von einer überraschenden Erfindung berichtet das pateutbureau von
H. L w. Pataky in Berlin. Es handelt sich nämlich um nichts Geringeres,
als um einen Roll-Vorhang oder
Marquise zum Schutz gegen die
Sonnenstrahlen, wobei die Sonne
selbst so liebenswürdig ist, das
Herunterlassen sowie das Aufziehen
je nach Bedarf zu bewirken. So
unglaublich diese Nittheilung
klingt, so ist sie doch buchstäblich
wahr, und wird man die Trag-
weite dieser einfachen und sinir-
reichen Erfindung bemessen können,
wenn man den Schaden bedenkt,
der den Möbeln in den Privat-
Wohnungen, ganz besonders aber
den Auslagen in den Schaufenstern
durch die Sonne zugesügt wird,
da man sehr häufig die Rouleaux
zu spät herunterläßt oder völlig
vergißt. Alle Gegenstände leiden
unter dem Einfluß der Sonne, vor
Allem aber Tuch- und Seidenstoffe,
alle Nahrungsmittel, Delikatessen
und Lonfituren. Der neue Ap-
parat zum selbstthätigen Herab-
lassen von Vorhängen, System
Roth, verhütet nun alle diese
Uebelstände und macht obendrein
noch die Thätigkeit des Wärters
überflüssig. Die originelle Idee,
die Sonne selbst für diese Arbeit
dienstbar zu machen, ist folgender-
maßen ausgeführt: Eine hufeisen-
förmige Glasröhre ist theilweisr
mit (Quecksilber gefüllt und wirb
an jedem Ende durch eine luft-
dichte Halbkugel abgeschlossen. An
beiden Armen dieser Röhre sink»
an entsprechender Stelle Platin-
drähte eingeschmolzen, die zu einem
kleinen Elektromotor gehören, der,
sobald er in Thätigkeit gesetzt wird,
den Roll-Vorhang herunter- resp.
aufrollt. Der Vorgang ist nun
folgender: Die Sonnenstrahlen
fallen nur auf die eine Halbkugel,
da die andere durch eine Hülle geschützt ist; sofort dehnt sich die darin befind»
liche Luft aus und treibt das (Quecksilber in dem anderen Arm der Glasröhre
bis zu den dort befestigten Platindrähten, der Stromschluß ist herbeigeführt
und setzt nun den mit der Vorhangstange verbundenen Mechanismus in
Thätigkeit, der den Vorhang herabläßt. Hört die Einwirkung der Sonnen-
strahlen auf die Halbkugel aus, so bekommt die darin enthaltene Luft die
alte Spannung wieder, sodaß die (Quecksilbersäule ihre ursprüngliche Lage-
einnimmt; der Stromkreis für Schatten wird geschlossen, der Elektromotor
dreht sich in entgegengesetzter Richtung und windet den Roll-Vorhang wieder
in die Höhe. Der ganze Apparat ist, wie man sieht, ebenso einfach wie
originell, sunktionirt sicher und stellt sich für den Käufer auf zo Mark. Ein
unschätzbarer Vorzug der neuen Einrichtung besteht noch darin, daß auch
Sonntags bei geschlossenem Geschäft die Schaufenster offen bleiben können,
ohne daß die ausgestellten waaren durch die Sonne angegriffen werden.
Alles Nähere ist durch das Patentbureau von H. L w. Pataky, Berlin,
Luisenstraße 25, zu erfahren, von welcher wir auch die vorstehende Noti^
zugestellt erhielten. Wie sich der Vorhang in der Praxis bewährt, können
wir unseren Lesern heute noch nicht verrathen. —
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Mai-kfeft.
M unseren ?Dllustrationen.
Nachdem die im vorliegenden Hefte enthaltenen Abbildungen aus der
„Wilhelms" und dem Schlosse „Mainau", sowie die elektrischen Koch-
und Heiz-Einrichtungen bereits in eigenen Artikeln Erläuterung gefunden,
erübrigt es in Nachstehendem nur noch auf die nicht erwähnten Illustrationen
mit einigen Worten zurückzukommen.
Unser Reichstagsgebäude hat, das werden auch die Gegner Meister
wallots anerkennen, dadurch befreiend gewirkt, daß in der Entwickelung des
inneren Raumgedankens auch das verhältniß gewisser Mobilien zur Architektur
geregelt ist. Der Gedanke ist schon mehrfach künstlerisch zu lösen versucht
worden, wie weit eigentlich unsere Mobilien wirklich beweglich sind; denn
der Architekt, der eine Sitzbank, einen Nischenschrank, ein Podest oder Aehn-
liches dem Raume einzufügen hat, steht hier leicht vor einer heiklen Frage.
Soll er z. B. bei einem Schrank
aus ein vorhandenes Wandgesims
derart Rücksicht nehmen, daß
ersterer nur an seinem Platz stehen
kann, oder soll er auch berücksich-
tigen, daß der Schrank bei verän-
derter Lage ebenfalls noch ein
ganzes Werk für sich bleibt. In
den meisten Fällen ist die Beant-
wortung von dem Zweck des
Raumes abhängig, der bald diese,
bald jene Lösung bevorzugen läßt,
wallot hat beide je nach dem
Bedürfnisse gefunden; seine Schule
und unsere Innen-Architekten, so-
weit sie sich von künstlerischen —
nicht geschäftlichen — Rücksichten
leiten lassen, sind ihin gefolgt. Sie
haben damit einen Weg beschritten,
der möglicher Weise zu einer
Sonderstellung gewisser Innen-
räume, wie Korridore, Hallen,
Loggien usw. führen kann. Die
Halle in Abbildung Nr. z^d,
dem kunstgewerblichen Atelier
M. Kimbels entstammend, ist
unseres Erachtens ein weiterer
Fortschritt in dieser Entwickelung,
obwohl sie, unter dem Einfluß der
Gothik stehend, für die Bedürfniß-
losigkeit des Raumes ruhige, kräf-
tigere Ausdrucksmittel vorzieht.
In dasselbe Gebiet ist auch
der von I. Heymann entworfene
Durchgangsraum zu einem
Wintergarten (Abbild. Nr. 35»)
zu verweisen. Die offenbar Hellen
Wände mit ihrer wirkungsvollen
dekorativen Malerei, der warme
Ton des Holzes, die einladenden
Bänke, sie mögen auch ohne Hinein-
ziehen von Schaugeräth, das hier
vielleicht nicht ganz am Platze ist,
in zweckentsprechender weise ver-
wendet sein. In den Formen ist
der englische Einfluß unverkennbar, aber er ist selbständig verarbeitet und
ohne aufdringliche Betonung des fremden Ursprungs berücksichtigt. Da hier
die Bänke vollständig mit der wand verbunden sind, und letztere überdies
in sehr geschickter weise in die Decke und das Vberlicht hinübergeleitet ist,
so kann die Abbildung als ein weiterer Beitrag auch die im obigen angeregte
Frage beantworten helfen.
Lin prunkvoller Erker-Einbau stellt sich in Abbildung Nr.Z5H dar.
wulstige Formen der Renaissance verkleiden als Tafelwerk die wände, über
die sich oben eine ebensolche Decke spannt. Freundlich fluthet durch das
breite Fenster das volle Tageslicht herein, Wand und Boden, Tisch und
Geräthe überleuchtend. Der Architekt hat sicher im Einklänge mit den
Formen an Eichenholz gedacht und man kann in der That mit der kräftigen
Sprache zufrieden sein, wenn auch ein zartes Frauenempfinden sich nach
anderer Umgebung sehnen wird, als sie hier geboten. Die Renaissance hat
aber in ihren Prunkformen vielfach etwas Mannhaftes, Kerniges an sich
und der Künstler wird sich im Geiste an dem Tische wohl eine fröhlich
zechende Runde gedacht haben.
Intimer, lauschiger und wahrscheinlich auch billiger dürfte das von
der Hof-Möbelfabrik L. I. Peter in Mannheim ausgeführte Thurm-
Zimmer eines herrschaftlichen Schlosses sein, Abbildung Nr. Z5S, das statt
der Renaissance die gemüthliche Gothik Tirols angewendet zeigt. Die Flach-
schnitzerei, die unter Berücksichtigung verschiedener Motive, die eichenen Thüren,
Vertäfelungen und Möbelstücke belebt, bietet nicht allein eine malerische,
sondern auch eine dankbare Technik dar. Die tiefe Fensternische ist mit großem
Geschick zum Erker ausgenutzt, dessen Polstersitze heraldische Muster aufweisen.
Der bis zur Decke reichende Kamin ist aus rothem Sandstein gedacht, während
das Holzwerk in seinem satten Braun, das lichte Deckengewölbe mit seiner
mäßigen Bemalung, das Traulich-Intime dieses Innenraumes wahren. —
Abbildung Nr. 358. Elektrisch heizbarer Ofenschirm, von p. Stotz, Stuttgart.
Ein Noll-Vorhang kn siecle.
von einer überraschenden Erfindung berichtet das pateutbureau von
H. L w. Pataky in Berlin. Es handelt sich nämlich um nichts Geringeres,
als um einen Roll-Vorhang oder
Marquise zum Schutz gegen die
Sonnenstrahlen, wobei die Sonne
selbst so liebenswürdig ist, das
Herunterlassen sowie das Aufziehen
je nach Bedarf zu bewirken. So
unglaublich diese Nittheilung
klingt, so ist sie doch buchstäblich
wahr, und wird man die Trag-
weite dieser einfachen und sinir-
reichen Erfindung bemessen können,
wenn man den Schaden bedenkt,
der den Möbeln in den Privat-
Wohnungen, ganz besonders aber
den Auslagen in den Schaufenstern
durch die Sonne zugesügt wird,
da man sehr häufig die Rouleaux
zu spät herunterläßt oder völlig
vergißt. Alle Gegenstände leiden
unter dem Einfluß der Sonne, vor
Allem aber Tuch- und Seidenstoffe,
alle Nahrungsmittel, Delikatessen
und Lonfituren. Der neue Ap-
parat zum selbstthätigen Herab-
lassen von Vorhängen, System
Roth, verhütet nun alle diese
Uebelstände und macht obendrein
noch die Thätigkeit des Wärters
überflüssig. Die originelle Idee,
die Sonne selbst für diese Arbeit
dienstbar zu machen, ist folgender-
maßen ausgeführt: Eine hufeisen-
förmige Glasröhre ist theilweisr
mit (Quecksilber gefüllt und wirb
an jedem Ende durch eine luft-
dichte Halbkugel abgeschlossen. An
beiden Armen dieser Röhre sink»
an entsprechender Stelle Platin-
drähte eingeschmolzen, die zu einem
kleinen Elektromotor gehören, der,
sobald er in Thätigkeit gesetzt wird,
den Roll-Vorhang herunter- resp.
aufrollt. Der Vorgang ist nun
folgender: Die Sonnenstrahlen
fallen nur auf die eine Halbkugel,
da die andere durch eine Hülle geschützt ist; sofort dehnt sich die darin befind»
liche Luft aus und treibt das (Quecksilber in dem anderen Arm der Glasröhre
bis zu den dort befestigten Platindrähten, der Stromschluß ist herbeigeführt
und setzt nun den mit der Vorhangstange verbundenen Mechanismus in
Thätigkeit, der den Vorhang herabläßt. Hört die Einwirkung der Sonnen-
strahlen auf die Halbkugel aus, so bekommt die darin enthaltene Luft die
alte Spannung wieder, sodaß die (Quecksilbersäule ihre ursprüngliche Lage-
einnimmt; der Stromkreis für Schatten wird geschlossen, der Elektromotor
dreht sich in entgegengesetzter Richtung und windet den Roll-Vorhang wieder
in die Höhe. Der ganze Apparat ist, wie man sieht, ebenso einfach wie
originell, sunktionirt sicher und stellt sich für den Käufer auf zo Mark. Ein
unschätzbarer Vorzug der neuen Einrichtung besteht noch darin, daß auch
Sonntags bei geschlossenem Geschäft die Schaufenster offen bleiben können,
ohne daß die ausgestellten waaren durch die Sonne angegriffen werden.
Alles Nähere ist durch das Patentbureau von H. L w. Pataky, Berlin,
Luisenstraße 25, zu erfahren, von welcher wir auch die vorstehende Noti^
zugestellt erhielten. Wie sich der Vorhang in der Praxis bewährt, können
wir unseren Lesern heute noch nicht verrathen. —