Zuli-Heft.
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Seite f07.
die entweder selbst hohe künstlerische Bildung oder die Mittel haben, alles
in ihrem Haus durch Künstlerhaud Herstellen und anordnen zu lassen. Für
die große Menge der gut bürgerlichen Wohnungen wird dieses System des
malerischen Durcheinanders seine großen Gefahren mit sich bringen und
wenig Erfreuliches zu Tage fördern. Uebrigens — ist denn die noch so
interessante und geschmackvolle Anordnung eines solche» malerischen Durch-
einanders von Einrichtuugsgegeuständen verschiedener Stile ein idealer
Zustand? Erinnern derartig ausgestattete Wohnungen nicht vielmehr an
raffinirt aufgestellte Antiquariate? Machen wir nicht, wenn wir so kunst-
gewerbliche Stücke verschiedener Kunstperioden zusammenstellen, eine neue
Mahlzeit aus den Brocken, die von den reichbesetzteu Tafeln besserer Zeiten
übrig blieben? Müssen wir wirklich von unserer Zeit so gering denken, daß
wir keine Hoffnung mehr hegen könnten, einen selbstständigen künstlerischen
Ausdruck für unsere jetzigen Lebensverhältnisse, einen modernen Stil uns zu
erringen? Sollten wir und unsere Nachkommen auf unabsehbare Zeit hinaus
dazu verurtheilt sein, nur nachzuahmen, nachzuempfiuden, was unsere vor-
fahren in selbstbewußter Schaffensfreudigkeit hervorgebracht haben? Der
Gedanke ist ebenso beschämend, wie historisch unwahrscheinlich. Nein! wir
werden eine eigene dekorative Kunst, ein eigenes modernes Kunstgewerbe
haben, sobald wir das feste vertrauen hegen, daß wir es haben können,
sobald wir den Muth haben, es ernstlich zu wollen. Auch hier gilt das
stolze Wort Richard Wagners: „wollen Sie, so haben Sie eine Kunst!"
Aber vor allem müssen die Künstler wollen mit jener sicheren Zuversicht, mit
jener lebensfrischen Ueberzeuguug vom Rechte der Gegenwart, die sich in
folgenden Sätzen Walter Trane's äußert: „Der Unverwüstlichkeit des Kunst-
instiuktes vertraue ich so sehr, daß ich nicht vor der Behauptung zurückschrecke:
daß, wenngleich plötzlich mit einem Schlage alle Zeugnisse und Spuren der
gegenwärtigen Knnstepoche von dieser Erdoberfläche verschwinden würden,
sich jener doch ganz von selber eine neue Kunst mit durchaus neuen Forme»
schaffen würde, wenn ich hin und wieder einmal die vornehmen (Puartiere
unserer Großstädte durchwandere und dabei diese Unmasse von Entwürfen,
welche allen nur möglichen Stilarten des Erdballes entlehnt sind, betrachte,
so muß ich mir immer sagen, daß es gar nicht so übel wäre, wenn plötzlich
eine derartige eben angedeutete Katastrophe einträte. Ich für meine Person
jedenfalls würde diese mit Gleichmuth hinnehmen; denn dann könnte man
sich wenigstens nicht mehr aus assyrischen, chinesischen, mittelalterlichen,
griechischen und anderen Motiven alles nur mögliche zusammenstehlen, um
sich aus solchen nothdürftig zurecht gestutzten Bettelfetzen ein Gewand
zusammenzustoppeln, das man dann stolz als „eigene Idee" auf den Markt
wirft. Halten wir an unserer Anfaugsdesinition, daß die Kunst eine Art
von Naturtrieb sei, fest, so kann uns auch kein Fachstudium, keine Kunst-
geschichte der Welt mit dem Gefühl für Kunst begnaden, denn daun muß
dieses eben auch lediglich dem frisch pulsirenden Leben entspringen. Auf
realem Boden muß die Kunst fußen, den Erscheinungen des Tages muß sie ihre
Motive entlehnen. Lin Spiegelbild muß sie sein des Lebens, das sie umgibt,
um dergestalt die Geschichte ihres Volkes, ihrer Zeit bildlich niederzuschreiben."
Ja, ein Spiegelbild des Lebens muß die Kunst, muß noch weit mehr
das Kunstgewerbe sein, das ja in innigster Beziehung zum alltäglichen Leben
steht. Merkwürdig! In der Kunst, in der Literatur der Neuzeit ist diese
Auffassung mehr als genügend zum Durchbruch gelaugt; im deutschen Kunst-
gewerbe aber hat das „Freilicht" noch keinen Eingang gefunden, da herrscht
noch die braune Atelierslimmung, das alte „echte" Kostüm, die historische
Maskerade. Und doch wird Niemand den Satz bestreiten können: unsere
kunstgewerblichen Erzeugnisse können nur dann echt sein, wenn sie nicht echt
sind im Stile einer vergangenen Zeit. Solange nicht die Stühle, auf denen
wir sitzen, zu unserer Kleidung passen, solange nicht unsere Bücher in
Schränken stehen, deren künstlerische Erscheinung der Grundstimmung unseres
geistigen Lebens ebenso entspricht, wie die gothischen Folianten den gothischen
Schränken, die Renaissance-Literatur den Renaissance-Schränken entsprochen
haben, solange nicht die künstlerische Ausgestaltung unserer modernen Lebeus-
verhältnisse im Einklang steht mit den Bedürfnissen, den Bedingungen, der
ganzen geistigen Atmosphäre unseres Lebens, so lange haben wir keinen
Stil unserer Zeit, sondern nur einzelne „stilvolle" Stücke.
Nun haben die Vertreter alterthiimelnder Richtungen die Entgegnung
bereit: „wir danken für ein modernes Kunstgewerbe, das mit unserer
modernen Kleidung im Einklang stehen soll; denn diese ist doch die unkünst-
lerischste, die es jemals gegeben hat." Der Einwurf ist durchaus nicht so
schlagend, wie es zunächst scheinen mag. wir sind heutzutage allzu geneigt,
alles Historische für künstlerisch schön zu erklären, alles Moderne mit Miß-
trauen und Geringschätzung zu betrachten. Lin Beispiel: die jetzige
Damentracht, wie viele Philister nörgelten über die Bauschärmel! Uud
doch ist der weite Faltenärmel, wenn er nicht übertrieben wird, schön, vor
den Frauenbildnissen des Rubens und van Dyck zweifelt Niemand daran.
Aber man vergleiche doch einmal die Dame im weißen Atlaskleid mit dem
violonceü in der Münchener Pinakothek mit der Gesellschaftstoilette einer
eleganten Dame unserer Tage! Dieselben Faltenärmel, derselbe weite, glatte
Rock hier wie dort, dieselbe Einfachheit im Aufputz, dieselben großen, flotten
Linien. Erinnert man sich an die Mode von ;8?o etwa, mit dem kläglichen
Schnitt der Kleider, dem kleinlichen, karakterlosen Kram von Besatz, den
stumpfen, schmutzigen Farben, den häßlichen, plumpen Haarfrisuren, so wird
man unbedingt zugestehen müssen, daß das moderne Damenkostüm einen sehr
bedeutenden Fortschritt nach dem Künstlerischen hin aufweist. Namentlich
kann man jetzt Stoffe sehen von einer Gediegenheit und Schönheit im Gewebe
und in der Farbe, wie sie seit vielen Jahrzehnten bei gewöhnlichen Kleider-
stoffen nicht zu finden waren. Steigern sich die Leistungen der Stoffindustrie
in der eingeschlagenen Richtung unter künstlerischer Beihülfe, werden unsere
Damen mehr und mehr dazu erzogen, bei Zusammenstellung ihrer Kleidung
künstlerische Gesichtspunkte walten zu lassen, so dürfen wir auf ein Damen-
kostiim hoffen, das an künstlerischem Reiz dem Rokoko- und Empire-Kostüm
nicht nachstehen wird, viele werden pessimistischer hierüber denken. Sind
wir doch in Deutschland daran gewöhnt, über das Unkünstlerische der
modernen Kleidung zwar zu klagen, aber nichts zu thun, um eine Besserung
herbeizuführen. Und doch ist Besserung möglich; das zeigt die jetzige Damen-
tracht, die von England, und zwar von dortigen Künstlern stark beeinflußt
ist. Einfachheit im Aufputz bei Gediegenheit der Stoffe bekundet den
englischen Geschmack; der weite, malerische Faltenrock ist den Bewegungs-
spielen im Freien angepaßt, die in England so eifrig gepflegt werden, er steht
aber auch in Zusammenhang mit den hochkünstlerischen Serpentintänzen, die
von keinem geringeren als von lvalter Trane nach dem Vorbild der anmuthig
bewegten Mädchengestalten in flatternden Gewändern auf griechischen Reliefs
erfunden worden sind. Ls ist interessant, solchen Dingen nachzuspüren; sie
beweisen uns, daß auch unsere moderne Kleidung künstlerisch ausgebildet
werden kann, wenn Männer wie Walter Trane sich der Sache annehmen,
Männer, die mit feinfühligstem verständniß für das, was noth thut, uner-
müdlich an der künstlerischen Veredelung aller Erscheinungen unseres täglichen
Lebens arbeiten. Auch für unsere Herrenkleidung dürfen wir nicht alle
Hoffnung aufgeben, vor Jahren erschien in einer illustrirten Zeitung eine
Skizze zu einer künstlerisch gestalteten modernen Herrentracht von Rudolf Seitz.
Sie bestand aus weiten Kniehosen, Wadenstrümpfen, kurzem jaquetartigen
Rock und Reinbrandt-Hut und erinnerte etwas an die Niederländertracht
des t?- Jahrhunderts. Nun, dieser Skizze ziemlich nahe kommen manche
der modernen englischen Sportkostüme, die sich auch bei uns nun allgemein
eingebürgert haben und in unsere Herrenkleidung bedeutend mehr Leben,
mehr Farbe, mehr Individualität gebracht haben. Solche Beobachtungen
müssen uns zu denken geben, umsomehr, als es leider Thatsache ist, daß die
Deutschen seit Jahrhunderten iu Sachen des Geschmacks, der Mode niemals
tonangebend waren. Jetzt sind wir in der Kleidung ganz von den Engländern
abhängig, wie wir lange Zeit von Paris abhängig waren, und wir müssen
zugestehen, daß wir Deutsche zur Herausbildung des modernen Kostüms in
praktischer, wie in künstlerischer Hinsicht fast nichts beigetragen haben, daß wir
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Seite f07.
die entweder selbst hohe künstlerische Bildung oder die Mittel haben, alles
in ihrem Haus durch Künstlerhaud Herstellen und anordnen zu lassen. Für
die große Menge der gut bürgerlichen Wohnungen wird dieses System des
malerischen Durcheinanders seine großen Gefahren mit sich bringen und
wenig Erfreuliches zu Tage fördern. Uebrigens — ist denn die noch so
interessante und geschmackvolle Anordnung eines solche» malerischen Durch-
einanders von Einrichtuugsgegeuständen verschiedener Stile ein idealer
Zustand? Erinnern derartig ausgestattete Wohnungen nicht vielmehr an
raffinirt aufgestellte Antiquariate? Machen wir nicht, wenn wir so kunst-
gewerbliche Stücke verschiedener Kunstperioden zusammenstellen, eine neue
Mahlzeit aus den Brocken, die von den reichbesetzteu Tafeln besserer Zeiten
übrig blieben? Müssen wir wirklich von unserer Zeit so gering denken, daß
wir keine Hoffnung mehr hegen könnten, einen selbstständigen künstlerischen
Ausdruck für unsere jetzigen Lebensverhältnisse, einen modernen Stil uns zu
erringen? Sollten wir und unsere Nachkommen auf unabsehbare Zeit hinaus
dazu verurtheilt sein, nur nachzuahmen, nachzuempfiuden, was unsere vor-
fahren in selbstbewußter Schaffensfreudigkeit hervorgebracht haben? Der
Gedanke ist ebenso beschämend, wie historisch unwahrscheinlich. Nein! wir
werden eine eigene dekorative Kunst, ein eigenes modernes Kunstgewerbe
haben, sobald wir das feste vertrauen hegen, daß wir es haben können,
sobald wir den Muth haben, es ernstlich zu wollen. Auch hier gilt das
stolze Wort Richard Wagners: „wollen Sie, so haben Sie eine Kunst!"
Aber vor allem müssen die Künstler wollen mit jener sicheren Zuversicht, mit
jener lebensfrischen Ueberzeuguug vom Rechte der Gegenwart, die sich in
folgenden Sätzen Walter Trane's äußert: „Der Unverwüstlichkeit des Kunst-
instiuktes vertraue ich so sehr, daß ich nicht vor der Behauptung zurückschrecke:
daß, wenngleich plötzlich mit einem Schlage alle Zeugnisse und Spuren der
gegenwärtigen Knnstepoche von dieser Erdoberfläche verschwinden würden,
sich jener doch ganz von selber eine neue Kunst mit durchaus neuen Forme»
schaffen würde, wenn ich hin und wieder einmal die vornehmen (Puartiere
unserer Großstädte durchwandere und dabei diese Unmasse von Entwürfen,
welche allen nur möglichen Stilarten des Erdballes entlehnt sind, betrachte,
so muß ich mir immer sagen, daß es gar nicht so übel wäre, wenn plötzlich
eine derartige eben angedeutete Katastrophe einträte. Ich für meine Person
jedenfalls würde diese mit Gleichmuth hinnehmen; denn dann könnte man
sich wenigstens nicht mehr aus assyrischen, chinesischen, mittelalterlichen,
griechischen und anderen Motiven alles nur mögliche zusammenstehlen, um
sich aus solchen nothdürftig zurecht gestutzten Bettelfetzen ein Gewand
zusammenzustoppeln, das man dann stolz als „eigene Idee" auf den Markt
wirft. Halten wir an unserer Anfaugsdesinition, daß die Kunst eine Art
von Naturtrieb sei, fest, so kann uns auch kein Fachstudium, keine Kunst-
geschichte der Welt mit dem Gefühl für Kunst begnaden, denn daun muß
dieses eben auch lediglich dem frisch pulsirenden Leben entspringen. Auf
realem Boden muß die Kunst fußen, den Erscheinungen des Tages muß sie ihre
Motive entlehnen. Lin Spiegelbild muß sie sein des Lebens, das sie umgibt,
um dergestalt die Geschichte ihres Volkes, ihrer Zeit bildlich niederzuschreiben."
Ja, ein Spiegelbild des Lebens muß die Kunst, muß noch weit mehr
das Kunstgewerbe sein, das ja in innigster Beziehung zum alltäglichen Leben
steht. Merkwürdig! In der Kunst, in der Literatur der Neuzeit ist diese
Auffassung mehr als genügend zum Durchbruch gelaugt; im deutschen Kunst-
gewerbe aber hat das „Freilicht" noch keinen Eingang gefunden, da herrscht
noch die braune Atelierslimmung, das alte „echte" Kostüm, die historische
Maskerade. Und doch wird Niemand den Satz bestreiten können: unsere
kunstgewerblichen Erzeugnisse können nur dann echt sein, wenn sie nicht echt
sind im Stile einer vergangenen Zeit. Solange nicht die Stühle, auf denen
wir sitzen, zu unserer Kleidung passen, solange nicht unsere Bücher in
Schränken stehen, deren künstlerische Erscheinung der Grundstimmung unseres
geistigen Lebens ebenso entspricht, wie die gothischen Folianten den gothischen
Schränken, die Renaissance-Literatur den Renaissance-Schränken entsprochen
haben, solange nicht die künstlerische Ausgestaltung unserer modernen Lebeus-
verhältnisse im Einklang steht mit den Bedürfnissen, den Bedingungen, der
ganzen geistigen Atmosphäre unseres Lebens, so lange haben wir keinen
Stil unserer Zeit, sondern nur einzelne „stilvolle" Stücke.
Nun haben die Vertreter alterthiimelnder Richtungen die Entgegnung
bereit: „wir danken für ein modernes Kunstgewerbe, das mit unserer
modernen Kleidung im Einklang stehen soll; denn diese ist doch die unkünst-
lerischste, die es jemals gegeben hat." Der Einwurf ist durchaus nicht so
schlagend, wie es zunächst scheinen mag. wir sind heutzutage allzu geneigt,
alles Historische für künstlerisch schön zu erklären, alles Moderne mit Miß-
trauen und Geringschätzung zu betrachten. Lin Beispiel: die jetzige
Damentracht, wie viele Philister nörgelten über die Bauschärmel! Uud
doch ist der weite Faltenärmel, wenn er nicht übertrieben wird, schön, vor
den Frauenbildnissen des Rubens und van Dyck zweifelt Niemand daran.
Aber man vergleiche doch einmal die Dame im weißen Atlaskleid mit dem
violonceü in der Münchener Pinakothek mit der Gesellschaftstoilette einer
eleganten Dame unserer Tage! Dieselben Faltenärmel, derselbe weite, glatte
Rock hier wie dort, dieselbe Einfachheit im Aufputz, dieselben großen, flotten
Linien. Erinnert man sich an die Mode von ;8?o etwa, mit dem kläglichen
Schnitt der Kleider, dem kleinlichen, karakterlosen Kram von Besatz, den
stumpfen, schmutzigen Farben, den häßlichen, plumpen Haarfrisuren, so wird
man unbedingt zugestehen müssen, daß das moderne Damenkostüm einen sehr
bedeutenden Fortschritt nach dem Künstlerischen hin aufweist. Namentlich
kann man jetzt Stoffe sehen von einer Gediegenheit und Schönheit im Gewebe
und in der Farbe, wie sie seit vielen Jahrzehnten bei gewöhnlichen Kleider-
stoffen nicht zu finden waren. Steigern sich die Leistungen der Stoffindustrie
in der eingeschlagenen Richtung unter künstlerischer Beihülfe, werden unsere
Damen mehr und mehr dazu erzogen, bei Zusammenstellung ihrer Kleidung
künstlerische Gesichtspunkte walten zu lassen, so dürfen wir auf ein Damen-
kostiim hoffen, das an künstlerischem Reiz dem Rokoko- und Empire-Kostüm
nicht nachstehen wird, viele werden pessimistischer hierüber denken. Sind
wir doch in Deutschland daran gewöhnt, über das Unkünstlerische der
modernen Kleidung zwar zu klagen, aber nichts zu thun, um eine Besserung
herbeizuführen. Und doch ist Besserung möglich; das zeigt die jetzige Damen-
tracht, die von England, und zwar von dortigen Künstlern stark beeinflußt
ist. Einfachheit im Aufputz bei Gediegenheit der Stoffe bekundet den
englischen Geschmack; der weite, malerische Faltenrock ist den Bewegungs-
spielen im Freien angepaßt, die in England so eifrig gepflegt werden, er steht
aber auch in Zusammenhang mit den hochkünstlerischen Serpentintänzen, die
von keinem geringeren als von lvalter Trane nach dem Vorbild der anmuthig
bewegten Mädchengestalten in flatternden Gewändern auf griechischen Reliefs
erfunden worden sind. Ls ist interessant, solchen Dingen nachzuspüren; sie
beweisen uns, daß auch unsere moderne Kleidung künstlerisch ausgebildet
werden kann, wenn Männer wie Walter Trane sich der Sache annehmen,
Männer, die mit feinfühligstem verständniß für das, was noth thut, uner-
müdlich an der künstlerischen Veredelung aller Erscheinungen unseres täglichen
Lebens arbeiten. Auch für unsere Herrenkleidung dürfen wir nicht alle
Hoffnung aufgeben, vor Jahren erschien in einer illustrirten Zeitung eine
Skizze zu einer künstlerisch gestalteten modernen Herrentracht von Rudolf Seitz.
Sie bestand aus weiten Kniehosen, Wadenstrümpfen, kurzem jaquetartigen
Rock und Reinbrandt-Hut und erinnerte etwas an die Niederländertracht
des t?- Jahrhunderts. Nun, dieser Skizze ziemlich nahe kommen manche
der modernen englischen Sportkostüme, die sich auch bei uns nun allgemein
eingebürgert haben und in unsere Herrenkleidung bedeutend mehr Leben,
mehr Farbe, mehr Individualität gebracht haben. Solche Beobachtungen
müssen uns zu denken geben, umsomehr, als es leider Thatsache ist, daß die
Deutschen seit Jahrhunderten iu Sachen des Geschmacks, der Mode niemals
tonangebend waren. Jetzt sind wir in der Kleidung ganz von den Engländern
abhängig, wie wir lange Zeit von Paris abhängig waren, und wir müssen
zugestehen, daß wir Deutsche zur Herausbildung des modernen Kostüms in
praktischer, wie in künstlerischer Hinsicht fast nichts beigetragen haben, daß wir