Gktober-Heft.
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Seite f65.
Einheit der großen Fläche zu verwischen. — Die größte Wirkung
aber ist durch das Hineinziehen der Auhörerlogen in die Dekoration
des Saales erreicht worden. Derartige Logen stellen sich — aus-
genommen Abends bei künstlicher Beleuchtung — in der Regel
als mehr oder minder dunkle Höhlen dar, in denen es mit der
reichen Musik des Architekten zu Ende ist. Als nicht mehr
eigentlich zum Hauptraume gehörig, werden sie mindestens erheblich
einfacher ausgestattet. Nicht so bei Hoffmann. Zwar stimmt er
in der Theilung und profilirung der Loggiendecken eine etwas
abgeänderte Melodie an, führt sie aber durchaus mit vollem
Mrchester durch, in reicher
Schnitzerei und mindestens
ebenso umfangreicher Ver-
goldung. Za, er beleuchtet
diese Decken durch vom
Saal aus nicht sichtbare
Fenster in den Logen Heller
als die Decke des Haupt-
saales und lenkt so die
Blicke unwiderstehlich auf
diese, prächtige Durchblicke
bietenden Erweiterungen
des Saales.
Als einzigen Farben-
schmuck außer den Fenstern
hat der Raum nur noch
zwei große Porträts, die
beiden ersten Deutschen
Aaiser in ganzer Figur
darstellend. Die Tönungen
dieser Gemälde ordnen sich
der ruhigen Haltung des
Saales harmonisch ein;
allerdings aber kommt doch
der leise Wunsch nach
etwas umfangreicheren und
bewegteren Schilderten
auf. So voll berechtigt
der Gedanke ist, gerade
auch an dieser Stelle die
beiden erhabenen Gestalten
unserer Reichsschöpfer leb-
haft ins Gedächtniß zu
rufen: als Figuren an der
Wand verlieren sie sich
etwas und drücken den
Maßstab des Raumes.
Zn Hermenform etwa,
gleich der jetzt etwas ver-
einsamten Büste unseres
gegenwärtigen Aaisers,
würden sie mindestens
ebenso eindrucksvoll gewirkt haben. Freilich, größere allegorische
Darstellungen an dieser Stelle würden wahrscheinlich weit über
die vorhandenen Mittel hinausgegangen sein. Da ist es denn
schließlich weiser, auf die Mittel wahrhaft monumentaler Malerei
ganz zu verzichten, statt Räume zu schaffen, deren provisorischer
Stoffbezug oder deren Aalkweiße höhnisch davon spricht, daß wir
dazu in Deutschland kein Geld — und, Geselschap ausgenommen,
auch keinen geeigneten Maler hätten! — Uebrigens möchte ich
noch ausdrücklich betonen, daß es sich bei dem Gesagten mehr
um einen Wunsch nach höchstem Glanz als um einen ernstlichen
Ein wand handelt, und daß ein solcher nicht einmal dem
Architekten, sondern — den Finanzen zu machen wäre.
Ehe wir jetzt die Präsidenten-Wohnung betreten, die wiederum
eine Schöpfung ganz für sich ist, möchte ich der Ausstattung der
übrigen Räume noch mit zwei Worten gedenken, soweit sie im
Vorigen noch nicht erwähnt worden. Der Zweckbestimmung
entsprechend, handelt es sich nur um verhältnißmäßig wenige
Gegenstände. Mit besonderer Liebe sind da zunächst die Beleuch-
tungskörper behandelt, und zwar ist, wie wir bereits gesehen, für
Bogenlicht (das Haus ist in allen Haupträumen nur elektrisch
beleuchtet) die Laternenform gewählt, während für Glühlicht neben
einzelnen Wandarmen der Aronleuchter in allen Räumen ein
besonderes Schmuckstück bildet. Auch hier sind absolute Neuerungen,
wie sie augenblicklich von
Amerika ausgehen, ver-
mieden, die alten Formen
indessen mit Glück weiter-
gebildet und den neuen
Bedingungen angepaßt.
Die Ringkrone ist nicht
so ausschließlich wie in:
Reichstagsbau zur Ver-
wendung gelangt und über-
schreitet nicht die üblichen
Abmessungen! mannigfach
sind alsdann noch die ein-
zelnen Glühlampen aus-
gebildet, bald zapfenartig,
bald kugelig, welch letztere
Form trotz der angenehmen
Lichtzerstreuung zuweilen
etwas zu auffällig und
schwer wirkt. Neben der
Ringkrone ist auch die
Anaufkrone mit vortreff-
lichem Erfolg mehrfach
ausgebildet worden. Ab-
bildung Nr. H2H im vorigen
Heft und Nr. q.^6 in diesem
Heft — letztere schon zur
Präsidenten-Wohnung ge-
hörig und mit der interes-
santen Neuerung versehen,
daß der durchbrochene
Mittelknauf Licht aus
innen verborgenen Glüh-
lampen ausstrahlt, geben
vorzügliche Beispiele dieser
Gattung, während Nr. H22
und zwei Ringkronen
zeigen.
Das Mobiliar der
Säle besteht lediglich aus
dem großen Berathungs-
tisch mit den nöthigen
Stühlen, dem großen Lehnsessel des Vorsitzenden und einigen
Aktenständern, wozu etwa noch die Schranke kommt, welche das
Podium der Richter von dem übrigen Theile des Saales trennt.
Dieses Mobiliar ist zum größten Theil von Hoffmanns
Landsmann, dem Professor am Berliner Aunstgewerbemuseum
Alfred Messel, einem der feinsinnigsten jüngeren Architekten,
gezeichnet worden, da Hoffmanns Thätigkeit in der letzten Periode
der Gebäudefertigstellung anderweit allzusehr in Anspruch genom-
men war. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß dieses
Mobiliar sich trotzdem den Räumen ganz und gar harmonisch
eingliedert. Wie überall auch Aleinigkeiten mit größter Liebe
behandelt wurden, wie z. B. die Gitter der Heizöffnungen orna-
mental bis zu bedeutsamen Schmuckmotiven gesteigert wurden
Abbildung Nr. HZS. Abschlußwand des Uorridors im oberen Geschoß.
Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.
Seite f65.
Einheit der großen Fläche zu verwischen. — Die größte Wirkung
aber ist durch das Hineinziehen der Auhörerlogen in die Dekoration
des Saales erreicht worden. Derartige Logen stellen sich — aus-
genommen Abends bei künstlicher Beleuchtung — in der Regel
als mehr oder minder dunkle Höhlen dar, in denen es mit der
reichen Musik des Architekten zu Ende ist. Als nicht mehr
eigentlich zum Hauptraume gehörig, werden sie mindestens erheblich
einfacher ausgestattet. Nicht so bei Hoffmann. Zwar stimmt er
in der Theilung und profilirung der Loggiendecken eine etwas
abgeänderte Melodie an, führt sie aber durchaus mit vollem
Mrchester durch, in reicher
Schnitzerei und mindestens
ebenso umfangreicher Ver-
goldung. Za, er beleuchtet
diese Decken durch vom
Saal aus nicht sichtbare
Fenster in den Logen Heller
als die Decke des Haupt-
saales und lenkt so die
Blicke unwiderstehlich auf
diese, prächtige Durchblicke
bietenden Erweiterungen
des Saales.
Als einzigen Farben-
schmuck außer den Fenstern
hat der Raum nur noch
zwei große Porträts, die
beiden ersten Deutschen
Aaiser in ganzer Figur
darstellend. Die Tönungen
dieser Gemälde ordnen sich
der ruhigen Haltung des
Saales harmonisch ein;
allerdings aber kommt doch
der leise Wunsch nach
etwas umfangreicheren und
bewegteren Schilderten
auf. So voll berechtigt
der Gedanke ist, gerade
auch an dieser Stelle die
beiden erhabenen Gestalten
unserer Reichsschöpfer leb-
haft ins Gedächtniß zu
rufen: als Figuren an der
Wand verlieren sie sich
etwas und drücken den
Maßstab des Raumes.
Zn Hermenform etwa,
gleich der jetzt etwas ver-
einsamten Büste unseres
gegenwärtigen Aaisers,
würden sie mindestens
ebenso eindrucksvoll gewirkt haben. Freilich, größere allegorische
Darstellungen an dieser Stelle würden wahrscheinlich weit über
die vorhandenen Mittel hinausgegangen sein. Da ist es denn
schließlich weiser, auf die Mittel wahrhaft monumentaler Malerei
ganz zu verzichten, statt Räume zu schaffen, deren provisorischer
Stoffbezug oder deren Aalkweiße höhnisch davon spricht, daß wir
dazu in Deutschland kein Geld — und, Geselschap ausgenommen,
auch keinen geeigneten Maler hätten! — Uebrigens möchte ich
noch ausdrücklich betonen, daß es sich bei dem Gesagten mehr
um einen Wunsch nach höchstem Glanz als um einen ernstlichen
Ein wand handelt, und daß ein solcher nicht einmal dem
Architekten, sondern — den Finanzen zu machen wäre.
Ehe wir jetzt die Präsidenten-Wohnung betreten, die wiederum
eine Schöpfung ganz für sich ist, möchte ich der Ausstattung der
übrigen Räume noch mit zwei Worten gedenken, soweit sie im
Vorigen noch nicht erwähnt worden. Der Zweckbestimmung
entsprechend, handelt es sich nur um verhältnißmäßig wenige
Gegenstände. Mit besonderer Liebe sind da zunächst die Beleuch-
tungskörper behandelt, und zwar ist, wie wir bereits gesehen, für
Bogenlicht (das Haus ist in allen Haupträumen nur elektrisch
beleuchtet) die Laternenform gewählt, während für Glühlicht neben
einzelnen Wandarmen der Aronleuchter in allen Räumen ein
besonderes Schmuckstück bildet. Auch hier sind absolute Neuerungen,
wie sie augenblicklich von
Amerika ausgehen, ver-
mieden, die alten Formen
indessen mit Glück weiter-
gebildet und den neuen
Bedingungen angepaßt.
Die Ringkrone ist nicht
so ausschließlich wie in:
Reichstagsbau zur Ver-
wendung gelangt und über-
schreitet nicht die üblichen
Abmessungen! mannigfach
sind alsdann noch die ein-
zelnen Glühlampen aus-
gebildet, bald zapfenartig,
bald kugelig, welch letztere
Form trotz der angenehmen
Lichtzerstreuung zuweilen
etwas zu auffällig und
schwer wirkt. Neben der
Ringkrone ist auch die
Anaufkrone mit vortreff-
lichem Erfolg mehrfach
ausgebildet worden. Ab-
bildung Nr. H2H im vorigen
Heft und Nr. q.^6 in diesem
Heft — letztere schon zur
Präsidenten-Wohnung ge-
hörig und mit der interes-
santen Neuerung versehen,
daß der durchbrochene
Mittelknauf Licht aus
innen verborgenen Glüh-
lampen ausstrahlt, geben
vorzügliche Beispiele dieser
Gattung, während Nr. H22
und zwei Ringkronen
zeigen.
Das Mobiliar der
Säle besteht lediglich aus
dem großen Berathungs-
tisch mit den nöthigen
Stühlen, dem großen Lehnsessel des Vorsitzenden und einigen
Aktenständern, wozu etwa noch die Schranke kommt, welche das
Podium der Richter von dem übrigen Theile des Saales trennt.
Dieses Mobiliar ist zum größten Theil von Hoffmanns
Landsmann, dem Professor am Berliner Aunstgewerbemuseum
Alfred Messel, einem der feinsinnigsten jüngeren Architekten,
gezeichnet worden, da Hoffmanns Thätigkeit in der letzten Periode
der Gebäudefertigstellung anderweit allzusehr in Anspruch genom-
men war. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß dieses
Mobiliar sich trotzdem den Räumen ganz und gar harmonisch
eingliedert. Wie überall auch Aleinigkeiten mit größter Liebe
behandelt wurden, wie z. B. die Gitter der Heizöffnungen orna-
mental bis zu bedeutsamen Schmuckmotiven gesteigert wurden
Abbildung Nr. HZS. Abschlußwand des Uorridors im oberen Geschoß.