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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Schumann, Paul: Die Kunstgewerbliche Ausstellung in Dresden 1896, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0295

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Dezember-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite 227.

Firma villeroy L Boch vertreten. Letztere führt nur einen Zweig ihrer
so vielseitigen Fabrikation vor. nämlich gerade die keramische Dekoration des
Innenraumes. Sie besteht zunächst in der Verkleidung der wände mit farbig
glafirtem Steingut. In dieser weise hergestcllt, nimmt der Aufbau der
Firma eine Ecke ein, die nach außen durch einen prächtigen von Thür und
Fenstern durchbrochenen Frontban in blau, weiß und gold ihren Abschluß
findet. Die innere Ecke nimmt ein Delphinbrnnnen ein; ein Brunnen steht
auch frei in der Mitte. Die wandfläche ist durch Pilaster abgetheilt, ein
Ainderfries nebst Hohlkehle schließt sic ab. Sämmtliche Pilaster, Aartuschen,
Büsten usw. sind in farbig glafirtem Steingut mit theilweiser Vergoldung
hergestellt. Die Füllungen der Pilaster — weibliche Figuren, die Jahreszeiten
darstellend, ein hübscher blauer Ainderfries und ein großes landschaftliches
Bild — Schloß Moritzbnrg — sind auf Stcingutplatten unter Glasur gemalt.
Durch diesen imponirenden Aufbau zeigt die ausstellende Firma, daß sich
allerdings mit glafirtem Steingut eiue Innen-Dekoration schaffen läßt, die
ebenso prächtig wie für gewisse Zwecke praktisch ist. Natürlich läßt sich mit
diesem Stoffe nicht die warme, gemüthliche Wirkung erzielen, welche wand.
Vertäfelung und Decken in Holz
ergeben. Aber für ein wärmeres
Alima als das unsere und für
Geschäftsräume, bei denen es aus
große Sauberkeit ankommt, z. L.
für Fleischereien und Milchgeschäfte,
wird man nicht leicht etwas Ge-
fälligeres und Angenehmeres fin-
den, als diese keramische Dekora-
tion. Das große Dresdener Milch-
geschäft von Gcbr. Pfund hat z. B.
seinen Laden in Dresden-Neustadt
durchweg in dieser weise ausge-
stattet; im verhältniß zu den auf-
gewendeten Mitteln und der präch-
tigeu Wirkung des Ganzen ist der
Preis von 27000 Mark nicht als
hoch zu bezeichnen.

Innerhalb dieses kurz ge-
schilderten imponirenden Rahmens
hat nun die Firma villeroy
& B 0 ch eine Anzahl Gefäße auf-
gestellt, die uns theils bekannte,
theils neue Formen und verzie-
rungen weisen. Neu ist eine große
eiförmige Vase mit prächtig ge-
malten Malven, blau in blau unter
Glasur gemalt, ebenso einige Vasen
mit einer metallisch schimmernden
perlartigen Glasur. Zwei große
Vasen von t irr Durchmesser, eine
Tischlampe und zwei größere Vasen
mit Glasbirnen für elektrisches
Licht sind technische Meisterstücke
und zeigen die große Leistungs-
fähigkeit der Fabrik, für die es
technische Schwierigkeiten über-
haupt nicht zu geben scheint. Ganz
eigenartig wirken dann eine Anzahl
Gegenstände, welche mit gefärbten
Massen behandelt sind und theils
streng stilistische Vrnamente, theils
naturalistisch gemalte Blumen zeigen; mit kobaltblauer Glasur und anfge-
malten Watteau-Bildern geschmückt sind eine Anzahl Schmuckgcgenstände, wie
Vasen, Leuchter, eine mit Blumen belegte Ahr im Rokokostil, welche sich von
den besten Erzeugnissen dieser Art in Porzellanmasse kaum uuterscheideu lassen.
— Ueberschaut man den gesammten von villeroy L Boch hergestellten
Raum, so erhält man einen sehr angenehmen Eindruck; namentlich das
plätschernde Wasser, welches der Delphin in eine große Muschel speit, und
der aufspringende «Duell im Mittelbecken geben ihm etwas Anheimelndes
und Lebendiges.

Auch die Aönigl. Porzellan-Manufaktur zu Meißen sucht zur Belebung
der Innen-Dekoration beizutragen und zwar durch Fliesengemälde aus
Hartxorzellan in Aobaltblau. Sie sind je 2,5S rn hoch und z in breit und
bestehen aus tlH Fliesen von oin im Geviert und einer Platte von
43 : SS ein. Auch die Berliner Manufaktur hat ja — in der Berliner Aus-
stellung — Porzellangemälde zur Schau gebracht und zwar große buntfarbige
Malereien, die mit Schmelzfarben auf Weichporzellan hergestellt sind. Diese
Berliner Porzellangemälde haben nun allerdings so störende Reflexe, daß
ein voller Ueberblick unmöglich ist. Vb diese Reflexe daher rühren, daß die
Bilder in der Art der Malerei mit Bleiglasuren auf Aacheln hergestellt sind,

oder ob sie bloß eine Folge unzweckmäßiger Aufstellung sind und sich durch
eine geringe Neigung des oberen Theiles leicht beseitigen ließen, vermögen
wir nicht zu entscheiden. Sind die Reflexe nicht zu beseitigen, so müßte diese
Dekorationsmeise als verfehlt und unstilistisch bezeichnet werden; im entgegen-
gesetzten Falle aber hätte man es mit einer überaus prächtigen und wirk-
samen Dekorationsweise zu thun. Die beiden Meißener Gemälde — Aurora
und die Geburt der Venus darstellend — stehen künstlerisch betrachtet nicht
so hoch, technisch betrachtet, sind sie Meisterstücke, und da sie auf Hart-
Porzellan bei scharfem Feuer gebrannt sind, so bilden derartige Gemälde
jedenfalls die dauerhafteste Wandverkleidung, die man sich denken kann.
Daneben hat die Manufaktur eine Fülle von Vasen, Dosen und Gebrauchs-
geschirr der verschiedensten Techniken und Schmuckweisen ausgestellt, in deren
Fülle sie von Niemand übertroffen wird. Neu ist u. a. eiue köstliche Samm-
lung von Gefäßen im Empirestil, die nach den wieder hervorgesuchten alten
Modellen von der wende des Jahrhunderts neu geformt worden sind. Ls
ist bekanntlich ein Hauptvorzug der Meißener Manufaktur, daß sie alle
Modelle, die seit ihrer Begründung geschaffen worden sind, aufbewahrt, daß

mau somit jedes Stück nachgelie-
fert, jedes Service ergänzt erhalten
kann. Sollte jetzt wirklich der
Empirestil wieder ernstlich in Mode
kommen, so kann die Manufaktur
mit einer Auswahl von Lmpire-
gefäßen in Porzellan aufwarten,
wie man sie nirgends in gleicher
Zahl und Vollendung bieten kann,
wir empfinden es dabei als einen
Vorzug, daß die Manufaktur nicht
neue Empire-Modelle aufdeu Markt
gebracht hat. Sieht man doch an
anderen neuen Empire-Nachahm-
nngeu, daß Alles, was daran gut
ist, der Lmpirezeit und mehr noch
der Antike angehört, während was
daran neu ist, nur als ein schwäch-
licher dritter Aufguß der Antike
erscheint. Neu ist ferner das
Meißener Wedgewood - Porzellan.
Iosiah Wedgewood bezeichnet« be-
kanntlich eine Glanzperiode der
englischen Aeramik; unter seinen
zahlreichen technischen Neuerungen
ragt die Iasperwaare hervor, eine
Art Biscuit (unglasirte Thonwaare)
mit Reliefdarstelluugen in weiß,
meistens auf stumpfblauein Grunde.
Antike Darstellungen wurden dabei
bevorzugt. Bei den interessanten
Meißener Nachahmungen sind die
Gründe ebenfalls meist unglasirt,
die Reliefs größtentheils ebenso,
an einigen Stücken auch vergoldet.
Unter diesen Gegenständen befinden
sich Vasen, Becher und Tassen, die
in ihrer Einfachheit höchst vornehm
wirken. Sie gehören zum schönsten
was die Manufaktur diesmal an
Neuem bietet. Angewendet sind
hier übrigens wieder die Dessins
des alten rothbrauncn Böttger-Porzellans, ohne daß indeß dieses selbst, welches
gar kein echtes Porzellan ist, wieder angefertigt wurde. Zu diesen Wieder-
erweckungen kommt weiter die Wiederaufnahme der irisirenden Aupferoxyd-
farbeu grün und chinablau, die mit Anfang des Jahrhunderts durch die
leichter zu behandelnden, aber nicht irisirenden Ehromfarben verdrängt waren.

Wirklich neu sind eine Reihe von Dekorations-Tellern mit Ansichten aus
der Schweiz, aus Belgien, Hamburg, Frankfurt usw., ferner einige Tafel-
service, darunter ein wundervolles mit reicher Blumenmalerei in blauer
Aobaltfarbe mit Goldgräsern und verschiedene einfache, die dazu ausersehen
scheinen, das berühmte Meißener, aber von aller Welt nachgemachte Zwiebel-
innster zu ersetzen. Unter diesen neuen Mustern sind einige sehr ansprechende,
die sich an die einfachen Muster der volksthümlichen Schmuckweise anlehnen,
auch stilistisch insofern billigenswerth erscheinen, als die Dekoration meist
nur den Rand sinnimmt. wir halten diejenige Dekorationsweise für Schüsseln,
Teller usw. für die vornehmste, welche die innere Fläche von allem Brnament
ganz frei läßt oder nur die Mitte leicht betont. Weniger vermögen wir
uns zu erfreuen an einem Service mit Fischbildern und an solchen mit
gemalten Gemüsestillleben, mit Iagdtrophäen und Fruchtstücken. So vor-
trefflich diese Aleiumalereien in Meißen hergestellt werden, so können wir
 
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