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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Beringer, Oscar: Von der II. Bayerischen Landes-Ausstellung in Nürnberg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0302

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Seite 232.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Dezember-^eft.

stellung geschah durch die Bamberger Meister V. Bottler und Sebastian
Jacob. — Lin gothisches Herrenzimmer in Natureichen mit einer reizvollen
Tirolerdecke war nach den Plänen des Fürstlich Thurn und Taxis'schen Dber-
baurathes Max Schultze in Regensburg durch Hof-Möbelfabrikant Larl
Mild in technisch äußerst sauberer weise angefertigt. Die Möbelindustrie
der Rheinpfalz war durch eine vollständige Herrenzimmer-Linrichtung mit
anschließender Bibliothek vertreten, die durch die Kaiserslauterer Möbelfabrik
Nikolaus Lckel zur Ausstellung gelangte. Hier waren flandrische Motive
zur Anwendung gebracht.

von gediegener Noblesse und duftiger Farbenstimmung war das Rokoko,
zimmer der Hof-Möbelfabrik I. A. Eyßer, Bayreuth, das sich mit seinen
leichten Formen großen Beifalles, namentlich von Seiten der Damenwelt
erfreute. Gleiches Lob verdient ein mit feiner Empfindung ausgeführtes
Zimmer von Hof-Möbelfabrikant Vogt in Würzburg.

Daß bei einer Reihe der ausgestellten Zimmer der Humor nicht fehlte,
darf nicht zu verwundern sein. Daß
einer ein Zimmer brachte, dessen For-
men einige Ähnlichkeit mit Hühner-
ställen hatten, ein Anderer eine
Rokoko-Bettlade, die scheinbar von
einem Erdbeben betroffen war, ein
Dritter ein Zimmer mit einem neuen
Stil erfunden hatte, das sind Dinge,die
wohl überall zu finden sein werden.

Prächtige Holzmosaikbilder, na-
mentlich Ansichten der alten Stadt-
mauerxarthien Nürnbergs waren von
Hans Stark und I. Adelhardt
in Tausenden von einzelnen vielfar-
bigen Holztheilchen zusammengesetzt
und erhielten vielen Beifall.

Die Kunstschlosserei auf dem
Gebiete der Innen-Dekoration zeigte
manch hervorragendes Stück, vor
Allem ragte Gustav Frey, Nürn-
berg, mit einer Zusammenstellung
überaus gut erdachter und verständ-
nißvoll ausgeführter Beschläge,

Griffe, Schlösser, Lüster hervor, die
ein bewnndernswerthes Eingehen
auf alte Form und Technik zeigten.

Einige Lüsterweibchen des Nürn-
berger Bildhauers Jean Stöttner
waren in Verbindung mit Kunst-
schmiedearbeiten des obengenannten
Meisters Frey von recht ansprechender
Wirkung, von einem geschmiedeten
Leuchter, bei dem die Passionsblume
als Ornament geschickte Anwendung
gefunden hat, bringen wir neben-
stehend eine Abbildung. Auch Lei-
bold L Sohn, Nürnberg, brachten
gute Proben ihres Könnens auf dem
Gebiete der Kuustschmiedearbeiten.

Lin Schlüsselhalter, von dem eine
Abbildung im November-Heft S. 205
gegeben ist, war technisch recht flott
und elegant ausgeführt.

Die alte Technik der Rupfertreib,
kunst kommt immer mehr und mehr
in Blüthe. Die Nürnberger Aus-
stellung enthielt in reicher Mannigfaltigkeit recht anerkennenswerthe Proben
davon. Die Münchener Firmen H. Seitz Nachfolger und Holländer,
sowie Löblein L Rrafft, Nürnberg, und Rainziuger, Nürnberg, stellten
eine Reihe getriebener Rupfer, und Zinngefäße aus, die zum Theil aus geschickten
Roxieu alter Stücke und zum Theil aus modernen Erzeugnissen bestanden.

Mit Beleuchtungskörpern von origineller Erfindung, als Lüstern, Lampen,
Ampeln rc., war L. A. Rieding er, Augsburg, wie immer vorzüglich ver-
treten; großes Interesse erregten die ausgestellten Bronzefiguren, die den
großen Lüster im Reichstagsgebäude schmücken.

Auch in Goldschmiedearbeiten zeigten vor Allem die Münchener Roth-
müller, Gg. Sanktjohanuser's Erben, G. Merk emsiges Streben nach
Vollkommenheit. Ed. wolle »weder, München, erwarb sich mit seiner
Ropie des leider unserem vaterlande verloren gegangenen Iamnitzer'schen
Tafelaufsatzes große Anerkennung. Ebenso ragen durch gute Arbeiten
Häberlein, Nürnberg, und I. L. wich (Inhaber Gscar Dessart), Nürn-
berg, hervor. Letzterer stellte den großen von Prof. Brochier entworfenen
Schützenpokal aus, den die Stadt Nürnberg für das nächstjährige Deutsche

Bundesschießen stiftete und der in seiner Bekrönung die alte Nürnberger
Reichsburg in reizender Modellirung und Liseliruug trägt. Lin sehr nett
erdachtes Stück ist auch die getriebene Silberplatte, von der wir im November-
Heft Seite 205 eine Abbildung brachten.

Die Rönigl. Bayerische Porzellan-Manufaktur Nymphen-
bnrg erfreute mit ihrer geschickt aufgebauten Ausstellung, die eine große
Menge duftiger und farbenfröhlicher Erzeugnisse enthielt. In sehr muster-
gültiger weise war I. F. P. Hausleiter, Nürnberg, durch eine reiche
Kollektion von Vefen der verschiedensten Stilperioden vertreten, so durch den
als Illustration im November-Heft Seite 20? beigegebenen grün glasirten
Kamin, durch einen großen, ganz in gelb und weiß gehaltenen Rokoko-Gfen,
einen in Elfenbeinton mit leichter Vergoldung ausgeführten Vfen im Empire-
stil, sowie einen weißen mit blauer Fayencemalerei in Watteaumanier bemalten
Ofen in Schweizerart. — Die Majolika-Fabrik I. v. Schwarz, Nürnberg,
stellte neben reich bemalten Vasen, Iardinisren, Tafelaufsätzen, auch einen

technisch vollendeten Lüster und einen
reich dekorirten Blumentisch in
Fayence aus, den das November-Heft
auf Seite 20S als Illustration enthält.

Lin hervorragendes und künst-
lerisch bedeutsames Werk war der
reiche in rothem Kiefersfelder Mar-
mor von der Marmor-Industrie
Kiefersfelden ausgeführteKamin,
der für den Schloßsaal des Kom-
merzienrathes Stieber in Roth bei
Nürnberg bestimmt ist. Der Professor
an der Nürnberger Kunstgewerbe-
schule, Lonradin Walther, hat
den Entwurf dazu gefertigt. Alle
Theile, besonders der figurenreiche
Bacchantenzug, der den oberen Fries
schmückt und die bekrönenden, schild-
tragenden Lngelsfignren zeugen bei
feiner technischer Behandlung zu-
gleich von hohem künstlerischem ver-
ständniß. wir werden voraussichtlich
in einer der nächsten Nummern eine
Abbildnng dieses Prachtstückes folgen
lassen, von großer Schönheit ist
auch das verkleinerte Modell eines
in reicher Ornamentik ausgeführten,
mit flotten Malereien von der Hand
Ferdinand Wagner's geschmück-
ten Plafonds, der ebenfalls für oben-
genannten Saal zur Ausführung
bestimmt ist.

Glasmalereien waren in vor-
züglicher Arbeit von den Firmen
F. F. Jettler, G. van Treeck,
L. de Bonchs, Mayer u. E. Ule,
sämmtlich in München, ausgestellt.
Letzterer hat namentlich einige gute
Stücke in Glasintarsien und Glas-
mosaik hergestellt, die sich für Innen-
Dekoration vorzüglich eignen.

Meck, Nürnberg, und Herr-
mann, Nürnberg, brachten Geld-
schränke in künstlerisch ausgeführten
Ummantelungen. —- Klaviere und
Flügel waren in reicher Auswahl
vorhanden, darunter auch einige mit hübschen Gehäusen. Meyer L Eie.
und Berduse, München, sowie Steingräber L Söhne, Bayreuth und
Nürnberg, haben hierin hervorragende Stücke ausgestellt. Von besonderem
Reize ist Steiugräbers Rokoko-Flügel, in milder, graugrüner Tönung mit
eleganter Vrnamentation in gedämpftem Goldtone und feinen eingemalten
Lnuettendildern (siehe Abbildung Nr. 492). Zum Schlüsse sei noch des
netten Brünuchens im Vestibül der Kunsthalle gedacht, das von dem um
die plastischen Dekorationen der Ausstellungsgebäude sehr verdienten Nürn-
berger Bildhauer Philipp Kittler erfunden und modellirt und von uns
auf Seite 222 wiedergegeben ist.

Möge das heiße Mühen, das die Ausstelluugsleitnng mit ihrem hoch-
verdienten Leiter, Direktor Th. v. Kramer, dem Unternehmen gewidmet,
und mögen die schweren Opfer, die die Aussteller selbst gebracht haben, recht
vielfältigen Segen dem Bayerulande bringen. Möge dieser Segen besonders
auch Jenen beschicken sein, die „unbekannt der großen Welt" in stiller Werk-
stätte, trotz der bescheidensten Mittel es sich nicht nehmen ließen, auch ihren
Theil zum Gelingen des großen vaterländischen Unternehmens beizutragen.—

Abbildung Nummer 50z. Schmiedeeiserner Leuchter.
 
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