Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

DOI Heft:
Heft 6 (2. Dezemberheft 1899)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0258

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
wohl nicht anzunehmen, daß Barsdorf
den Verlag geschenkt erhalten hat.

Und nun: Seit wann aber ist die
Bemerkung, hier handle sichs wohl um
einen Racheakt, eine Verteidi-
gung? Es ist mir gar nicht ein-
gefallen, sür den Verleger Barsdorf
Partei zu nehmen, noch thue ich das
jetzt: ich verurteile seine Handlungs-
weise so scharf, wie sie der Kunstwart
schon vor Jahr und Tag verurteilt hat.
Für mich hatte aber der Fall außer
dem ganz selbstverständlichen ethischen
noch ein gewisses psychologisches Jn-
teresse, und dann schätzte ich Adolf
Strodtmann und wollte der Gefahr
begegnen, daß der durch den Handel
in ein falsches Licht käme.

Adolf Bartels.

Theater.

* Das neueTheaterhausgesetz,
das an allen Vereins- (d. h. also:
allen größeren) Bühnen vom Sep-
tember ab zu Recht besteht, hat nach
allem, was man darüber erfährt,
einen noch stattlicheren Zopf, als die
srühere Hausordnung, der doch auch
ein ansehnliches Schwänzchen hinten
hing. Die vielen verzwickten Fang-
eisen-Paragraphen hat man neu ge-
schärft und ihnen außerdem noch ein
paar extra pfifsige zugeschmiedet, damit
die unbändigen Künstler sürderhin fein
sittsam und in gulem Gleichmaß durchs
Bühnenleben wandeln. Nur schade,
daß die Lieblinge, wie sich's für
Ausnahmemenschen gehört, wahrschein-
lich die neuen Paragraphen ebenso ge-
lassen mit Füßen treten und übertreten
werden, wie die alten. Da pflegt der
ganze überkluge Apparat gewöhnlich
aus einem dunklen Hintergrunde zu
versagen. Das armselige, ohnmächtige
Mittel- und Kleinzeug dagegen, das
die Theaterwelt bevölkert — das, ach
du lieber Gott, ist ja ohnedies doch
so in der Brotherren Hand, daß diese
w irklich keine neuen Fangarten dafür
nötig hätten. Schon durch die „Allge-

Kunstwart

meinen Bestimmungen" des Kontraktes
ist der Darsteller leidlich fest geknebelt,
recht eigentlich ein Höriger, um nicht zu
sagen Leibeigener des Direktors und
selbst im Rechtsstreite ohne Gnade der
Unternehmergesinnung ausgeliefert.
Denn da gibt's einen Paragraphen,
der besagt: Bühnenleitung und Mit-
glied unterwerfen sich in allen Streit-
fragen unbedingt dem Ausspruche des
. . . Schiedsgerichts unter Verzicht aus
jede Berusung. Und dieses Gericht —
ja, freilich haben dort auch drei Dar-
steller Sitz und Stimme, aber die Ent-
scheidung steht zu den drei Direktoren,
wenn sie einig sind. Daß die Einigkeit
unter ihnen eher zu- als abnimmt,
erweisen die neuen Gesetze, die ohne
Vereins-Mehrheit nicht zustande ge-
kommen wären. Wenn also dieser
oberste Gerichtshof noch stets mit Miß-
trauen in seine unumstößliche Gerechtig-
keit von den Künstlern angerufen wurde
— kann man es ihnen verdenken?
Und die nämliche Befangenheit durch
Eigeninteressen wirft man nun den
Machern der Hausgesetze vor, die frei
vom grünen Kanzleitisch weg dekre-
tieren, was alles Unrecht und wie es
zu ahnden sei.

Wir unsrerseits überschätzen weder
die moralischen Qualitäten der Mimen,
noch pflegen wir aus Dankbarkeit für
ihre künstlerischen Gaben verzückt den
Verstand aufzugeben. Wir sehen sie in
diesem Zwist lediglich als Menschen,
als Menschen zwar mit leichtenSinnen,
aber drum doch noch lange nicht als
Geschöpfe zweiten Grades, über die
ein Ausnuhme-, ein beständiger Kriegs-
zustand verhängt werden dürfte. Wir
sehen ferner in solchen schneidigen
Vorschristen nicht die — immerhin be-
rechtigte — Notwehr gegen Künstler-
launen, sondern eine wahrhaft klügliche
Aengstlichkeit und Fürsorge um den
ungestörten Betrieb der klappernden
Geschästsmaschinerie. Da hat es denn
auch wenig Zweck, daran zu erinnern,
daß in künstlerischen Arbeitsverbänden
 
Annotationen