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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 13,1.1899-1900

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Heft 12 (2. Märzheft 1900)
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Bei Ruskin und jenseits von ihm
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https://doi.org/10.11588/diglit.7959#0459

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leben in einer Erscheinung, die wir noch nicht zu sehn vermögen als
das, was sie ist, die uns daher noch häßlich und gemein erscheint, ehe
das Licht des Genies sie beleuchtet. Deshalb halten wir es für irrig, mit
sittlichen Maßstäben abstecken zu wollen, was „wahre" Kunst sei und was
„falsche". Auch eine Ruskinfche Forderung ist die nach unbedingter Ehrlich-
keit, nach treuester ,, eLwiwstness" der künstlerischen Arbeit. Wir meinen,
fie genügt, um „wahre Kunft" zu geben, wenn die Begabung des
Künftlers ihm den Ausdruck feines Jnnenlebens ermöglicht. Uns er-

fcheint fie in folchem Falle sittlich an fich. Und der Blick auf Ruskins
augenfcheinliche Jrrtümer beftürkt uns in dieser ästhetischen ^Toleranz
und läßt uns die Grenzen seiner Kunstbetrachtung an Beispielen in ihrer
Enge erkennen. Es ist höchst merkwürdig, wie oft Ruskin, der fich doch
so früh an Turners kühner Lichtfreude begeisterte, nur von einem Realis-
mus des leiblichen und sittlichen Wefens der Gegenstände wiffen will,
man ist versucht zu fagen: der Dinge an fich. Es ist nur die fachliche
Wirklichkeit, die der Maler nachahmen foll. Jnnerhalb ihrer freilich
sondert Ruskin mit dogmatischer Sicherheit die Dinge in gerechte und

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