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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1900)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0104

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uicht um das Nächste stch kümmern, sondern, den Blick in die Ferne, gleich-
gültig über Alles megrasen läßt, und dann in seiner Auffassung des Todes:
auf mächtigen Rossen jagen seine Gesellen und nur auf einem kleinen Klepper
er, den wir Loch sofort als den grausigsten von allen empfinden. Des Cor-
nelius gewaltige Komposition zeigt gerade diese beiden Züge nicht: die
Reiter beschäftigen sich immerhin mit der Menge, die ste uernichten> — wenigstens
auf Sekunden also gibt es für sie einen Aufenthalt, der Eindruck von ihrer
Unwiderstehlichkeit ist daher nicht ganz so geschlossen wie bei Dürer. Wenn
aber des Cornelius Geist bei der Arbeit anderes als das Wichtigste empfand,
so schuf er deShalb eben anders, nicht aber minder wertvoll. Die Gestalten
der Seuche und der Teuerung sind wieder bei ihm weit irmerlicher durchge-
bildet, als bei dem alten Meister, die Gruppe der erkiegenden Menschheit zeigt
hier gegeben als reif, was bei Dürer kaum in kindlicher Ahnung keimt, die
Gestalt des Jünglings Krieg ist eine der herrlichsten aller Kunst, und durch
das Ganze glüht eine hinreißend große Leidenschaft: wir haben einen Höhe-
punkt der deutschen Monumentalkunst vor uns. Nun vom zeichnerischen zum
rnalerischen Stil l Wir brauchen nur einen einzigen Blick auf einen anderen
Gipfelpunkt deutscher Kunft, auf Böcklins „Krieg" zu werfen, um die Ver-
schiedenheit dieser beiden Stile unmittelbar zu sehn und zu fühlen, wie tief
die Wurzeln dieser Verschiedenheit liegen müssen. Die Gestalten der Vorläufer
kamen immerhin nicht ganz über das „Abstrakte" weg, der Schein des wirk-
lichen Daseins, Jllusion ward nie ernsthaft von ihnen erftrebt, Böcklin aber
gibt uns diese wilde Zagd, wie seine dämonisch schaffende Phantasie durch die
Luft fie wirklich daherbrausen sieht. Man vergleiche bloß die Pferdeköpfe
mit denen der Vorgängerl Stört es wen im Genusse dieser visionären Kraft,
daß eines der Reitergesichter weder Menschen- noch Pferdeleib unter stch hat?
Einem Böcklin wär' zuzutrauen, daß er diesen Kopf, nachträglich zu den drei,
in jedem Sinne Ganzen gesetzt hat, um die wilde Erregtheit des mittleren
durch den Kontrast mit der Ruhe des neuen noch zu heben, und daß er, als
das erreicht war, die Ergänzung der Gestalt unbekümmert aufgab. Zum Ab-
schluß ein zweites Werk des malerischen Stils: Stucks, „Krieg", der uns nach
der Bewegung die Ruhe, nach der Schlacht den Sieg des Allbesiegers zeigt.
Es ist wahr, Stucks Hauptgestalt ist mehr ein Henker als der Kaiser Tod,
und es wäre zu viel, dieses Werk mit jenen Meisterschöpfungen gleichstellen
zu wollen. Aber ich kann auch denen durchaus nicht zustimmen, die hier „nichts
Geistiges" finden wollen. Nein, Stimmungsgröße liegt auch über diesem
Bilde, zumal die rein malerischen Mittel des Lichts und Schattens sind hier
iy einer Weise zum seelischen Ausdruck verwendet, die den bedeutenden Künstler
erweist.

Vom Veräußerlichen. (A.) — Ein Buch voni deutschen Drama.
Von Karl Berger. — Ein Brief Friedrich Nietzsches über Metrik. — Musik-
Geschichte. -4. Von Georg Göhler. — Kulturarbeiten. 2., Von Paul Schultze-
Naumburg. — Lose Blätter: Aus Karl Hauptmanns „Tagebuch". Gedichte
von Ärthür Fitger. — Rundschau. — Notenbeiläge: Rezttativ ünd Ärie aus
Glücks Oper „Paris und Helena". — Bilderbeilagen: Albrecht Dürer , Peter
von Cornelius, die apokalyptischen Reiter; Ärnold Böcklin, Franz Stuck, der
Krieg._____ >

vrrantwortl.: der tzerausgeber FerdinandAvenariusin Dresden-Blasewitz. Mitredakteure: für Musik:
Dr. R ich ard Batka in j)rag-lveinberge, sür bildendeKunst: ssaul Schultze-NaumburAin Berlin
Sendungen für den Text an den Herausgeber, über Musik an Dr. Batka.
verlag von Georg V. w. Lallwe7. — Kgl. Hofbuchdruckerei Aastner Sc Lossen, beide in München
Bestellungen, Anzeigen und Geldsendungen an den V erlag: Georg D. w. Lallwe^ in München..
 
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