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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

DOI issue:
Heft 10 (2. Februarheft 1901)
DOI article:
Gregori, Ferdinand: Schauspielsehnsucht
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Göhler, Georg: Musikalische Erziehung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0466

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spielerische Nachwuchs, der sich so unsähig zeigt, große Aufgaben würdig
zu lösen, muß durch den Naturalismus hindurchgeführt werden. Hier
lernt er die Elemente des Zusammenspiels, hier erfährt er die wunder-
samen Wirkungen des gedämpften Sprechens. Hat er sich diese Elemcnte
recht zu eigen gemacht, so werden sie ihn im Stilstück auch nicht ver-
lassen, wenn der Regisseur nicht den alten Schlendrian falsch verstan-
dener Meiningerei beibehält. Ein wichtiges Hilfsmittel für die stürkere
Wirkung des Stilstückes ist die Einengung des Schauplatzes und eine
heimlichere Ausstattung der Zimmer, wo es sich um Szenen handelt,
die der landschaftlichen Perspektive nicht bedürfen. Der Durchschnitts-
schauspieler kennt nur wenige Auftritte in den klassischcn Stücken, wo
auch er von Stimmung redet. Es sind fast durchweg Nachtszenen:
Hamlet I, Macbeth II, Wallensteins Tod V, Räuber IV u. s. f. Hier ist
eben vom Dichter der Stimmungsgehalt so üppig verschwendct wordcn,
daß er dem Gröbsten in die Augen springt. Nun hat aber jede, wirk-
lich jede gute Szene ihren eigenen Charakter, und dcn gilt es herauszu-
holen. Posa braucht im Kabinet des Königs nicht zu schreien, daß ganz
Madrid ihn durch alle Wände durchhören könnte; dieser herrliche Aus-
tausch zweier bedeutender Menschen verlöre doch nichts von seiner Tiefe
und Größe. Freilich gehvrt eine krüftigere seelische Anspannung dazu,
als wenn der Darsteller den überlauten Ton zu Hilfe nimmt, der die
feineren Akzente gar nicht aufkommen ließe und darum ganz bciseit lassen
kann. Die Schauspieler werden dann nicht mehr wie ehedem durch rhe-
lorischen Singsang aus jedem Drama eine Oper machcn, aber des musi-
kalischen Reizes braucht ihre Rede nicht bar zu sein. Sie werdcn nicht
immer ausfällig darauf Bedacht nehmen, lebendc Bilder zu stellen, und
doch die gleichgültige Bewegungen vermeiden. Eine wohlgegründete Nhc-
torik, wie sie uns Joseph Kainz gegeben hat, diese wunderbare Schüpfung
aus Gefühl und Verstand, wird den unaufgehaltenen Fluß dcr Hand-
lung fördern und die Haupt- und Nuhcpunkte klug und stark hcrvor-
heben; sie wird das bloß schmückende Wort dem wichtigeren bescheidcn
unterordnen, das dcn Gedanken oder die Vorgänge weiterspinnt; sie wird
hinrcißen und wird auch beruhigen, wo es das Kunstwerk gebietet.

Mit dem deutlichsten Wort aber ist hicr kein Wandel zu schaffcn,
wenn nicht zu scincr Unterstützung eine Gruppe von Künstlern sich zu-
sammeinhut, um an der Darstellung eines Shakespercschen, Goetheschen,
Schillerschen, Kleistschcn, Grillparzerschen oder Hebbelschen Werkes un-
widerleglich zu zeigen, wohin unsere Sehnsucht zielt und wie nahe für
die Auserwählten schon heute die Erfüllung ist. Ferdinand Gregori.

Wusikaliscke Erziekung. r.

Die Vorbildung des Fachmusikers muß in Anstalten vor sich gehen,
die ganz bestimmte Ziele haben, einem streng püdagogischen, methodischen
Wege folgen, neben dcm Unterrichte nicht die Erziehung vcrnachlässigen,
eine bestimmte, nicht zu niedrige allgemcine Vorbildung verlangen und
womöglich staatliche Jnstitute sind. Außerdem ist notwendig, daß nicht
eine Art von Schulen für die Gesamtausbildung verwandt wird,
sondern daß je nach den Zielcn, die erreicht werden sollen, verschiedenc
Typcn von Anstalten geschaffen werden. Bis jctzt solltcn dic Konserva-

rluastwarl


 
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