wartet auf das Rätselvolle, das doch nicht kommen will, die Stim-
mung. Wer aber vermag sonst wechselnde Stimmungen vollkommener
zu erzeugen, adäguater darzustellen, als die Musik? Gedankenstriche
und Punkte sind ohne Leben und Ausdruck. Sie in dem Umfang zu
verwenden, wie es heute geschieht, heißt sich ein Armutszeugnis aus-
stellen und auf die Arbeit verzichten, die man dem Leser und Hörer
schuldig ist. Man mutet ihm hier auf einmal zn viel zu, weil es dem
Dichter so bequemer ist. Er verschanze sich nicht hinter die Behauptung,
das Wort vermöge den Stimmungsgehalt einer Situation nicht auszu-
schöpfen. Es ist in der Hand eines echten Künstlers jedensalls biegsamer
und reicher an Möglichkeiten, als viele unsrer Modernen wissen oder
Wort haben wollen. Jst es aber doch schließlich zur Stimmungs-
erzeugung ungenügend, nun, so wende man sich eben zu der Kunst, in
deren Bereich die Stimmungswirkung in erster Linie fällt und die zu
ihrem Ausdruck über die vollkommensten Mittel verfügt, zur Musik.
Lduard Olatzhoff.
(Schluß folgt.)
6r;iekung ctes Vlaslikers.
Die schöpferische Kraft unserer Seele zu entwickeln wird jedem, der
ein Menschheitsideal hat, als oberste Pflicht erscheinen. Eine Schöpfung,
auf welchem Gebiete menschlichen Denkens und Fühlens sie auch liegt,
wird erst zu einer wahrhaft befreienden That, wenn die Phantasie
befähigt ist, das Erschaute in eine körperlich greifbare Erscheinung zu
bringen. Ueber die Entwicklung des plastischen Sinnes herrschen die
größten Meinungsverschiedenheiten, selbstverständlich, denn sie herrschen
ja auch über das Ziel: die Schönheit. Die babylonische Verwirrung,
in der wir uns befinden, wird niemand ernstlich leugnen können. Wir
verstehen uns nicht mehr. Man erinnere sich nur der Debatten im
Neichstag über die Isx Heinze: jede Partei sprach von Schönheit, und
bei jeder lag ein ganz anderer Begriff zu Grunde. Die Schönheit des
ausübcnden Polizisten und die, welcher ich diene, werden sich kaum
ähnlich sehen. Jch werde also nur von meinem „Schön" reden und
von meinem Begriffe „Plastik". Und so beginne ich mit einem
Bekenntnis, das mich sofort mit denen zusammenführen wird, um die
es sich für mich handelt: ich sehe in der ägyptischen Kunst den reinsten.
Ausdruck des plastischen Prinzips. Das sind keine in Stein über-
tragenen Thonfiguren. Sie sind aus dem Material gewachsen, sie
waren darinnen.
Die Erziehung zum plastischen Sehen und Empfinden muß vow
anderen Gesichtspunkten aus geleitet werden, als jetzt gesckfieht. Schon
von Kindheit an sollte aller Unterricht in bildender Kunst Anschauungs-
unterricht sein. Jch will aber vorerst nur auf die Uebelstände in der
Ausbildung der reinen Plastiker, der Bildhauer hinweisen. Das
Material zu gestalten, ist wesentliche Aufgabe für sie, nicht, die
Naturform in Stein nachzuahmen. Es ergibt sich daraus der umgekehrte
Weg in der Erziehung, als den wir auf unseren Schulen einschlagen.
Es ist kaum zu glauben: die Bildhauer verlassen jetzt die Hochschule,
ohne mit dcm Meißel gearbeitet zn haben. Man würde lachen, wenn
man einem Maler das Zeugnis der Neife ausstellte, der nie Farbe und
Ullnstwart
sso
mung. Wer aber vermag sonst wechselnde Stimmungen vollkommener
zu erzeugen, adäguater darzustellen, als die Musik? Gedankenstriche
und Punkte sind ohne Leben und Ausdruck. Sie in dem Umfang zu
verwenden, wie es heute geschieht, heißt sich ein Armutszeugnis aus-
stellen und auf die Arbeit verzichten, die man dem Leser und Hörer
schuldig ist. Man mutet ihm hier auf einmal zn viel zu, weil es dem
Dichter so bequemer ist. Er verschanze sich nicht hinter die Behauptung,
das Wort vermöge den Stimmungsgehalt einer Situation nicht auszu-
schöpfen. Es ist in der Hand eines echten Künstlers jedensalls biegsamer
und reicher an Möglichkeiten, als viele unsrer Modernen wissen oder
Wort haben wollen. Jst es aber doch schließlich zur Stimmungs-
erzeugung ungenügend, nun, so wende man sich eben zu der Kunst, in
deren Bereich die Stimmungswirkung in erster Linie fällt und die zu
ihrem Ausdruck über die vollkommensten Mittel verfügt, zur Musik.
Lduard Olatzhoff.
(Schluß folgt.)
6r;iekung ctes Vlaslikers.
Die schöpferische Kraft unserer Seele zu entwickeln wird jedem, der
ein Menschheitsideal hat, als oberste Pflicht erscheinen. Eine Schöpfung,
auf welchem Gebiete menschlichen Denkens und Fühlens sie auch liegt,
wird erst zu einer wahrhaft befreienden That, wenn die Phantasie
befähigt ist, das Erschaute in eine körperlich greifbare Erscheinung zu
bringen. Ueber die Entwicklung des plastischen Sinnes herrschen die
größten Meinungsverschiedenheiten, selbstverständlich, denn sie herrschen
ja auch über das Ziel: die Schönheit. Die babylonische Verwirrung,
in der wir uns befinden, wird niemand ernstlich leugnen können. Wir
verstehen uns nicht mehr. Man erinnere sich nur der Debatten im
Neichstag über die Isx Heinze: jede Partei sprach von Schönheit, und
bei jeder lag ein ganz anderer Begriff zu Grunde. Die Schönheit des
ausübcnden Polizisten und die, welcher ich diene, werden sich kaum
ähnlich sehen. Jch werde also nur von meinem „Schön" reden und
von meinem Begriffe „Plastik". Und so beginne ich mit einem
Bekenntnis, das mich sofort mit denen zusammenführen wird, um die
es sich für mich handelt: ich sehe in der ägyptischen Kunst den reinsten.
Ausdruck des plastischen Prinzips. Das sind keine in Stein über-
tragenen Thonfiguren. Sie sind aus dem Material gewachsen, sie
waren darinnen.
Die Erziehung zum plastischen Sehen und Empfinden muß vow
anderen Gesichtspunkten aus geleitet werden, als jetzt gesckfieht. Schon
von Kindheit an sollte aller Unterricht in bildender Kunst Anschauungs-
unterricht sein. Jch will aber vorerst nur auf die Uebelstände in der
Ausbildung der reinen Plastiker, der Bildhauer hinweisen. Das
Material zu gestalten, ist wesentliche Aufgabe für sie, nicht, die
Naturform in Stein nachzuahmen. Es ergibt sich daraus der umgekehrte
Weg in der Erziehung, als den wir auf unseren Schulen einschlagen.
Es ist kaum zu glauben: die Bildhauer verlassen jetzt die Hochschule,
ohne mit dcm Meißel gearbeitet zn haben. Man würde lachen, wenn
man einem Maler das Zeugnis der Neife ausstellte, der nie Farbe und
Ullnstwart
sso