dieser Gleichberechtigung fest; der Versuch war sehr lehrreich: scheint aber
uicht unbedingt gcglückt zu sein. Jmmerhin steckt in der Verkettung von
Wort und Musik cin Problem, das uns den Genuß der alten Opern
so sehr bccinträchtigt: Das bestimmtcre Wort veraltet schneller als der
allgemeinere Ton. Auch durch Pcrsonaluniou ist diesem prinzipiellen
Ucbelstand, der einen W. H. Riehl zur Verzweiflung an der Oper über-
haupt brachte, nicht dauernd abgeholfen. Wer weiß, ob ein späteres
Geschlecht nicht über Wagners Dichtungen die Achscl zucken und vor
seincr Musik auf den Knieen liegen wird, wie wir heute bei der
„Zauberflöte?"
Dic Kombination der Wortkunst mit der bildenden Kunst
kennen wir schon, obgleich nur in vorübergehender Beziehung. So erklärt
rnan Bilder, schreibt Bücher und hält Vorträge über sie; umgekehrt malt
man Bilder zu Büchern. Auch hier haben wir nur mit Bckannten zu
thun. Das flüchtige, kündbarc Verhältnis beider Künste scheint ihre
Eintracht zu sichern.
Neuland betreten wir erst bei der dritten Kombination. Zwar
sind Bilder zur Musik schon vorgekommcn (Mondscheinsonate), wenn auch
ohne begeisterte Aufnahme zu finden. F. Th. Vischer (bezw. K. Köstlin
in der „Acsthetik" Z. V. s65i erzählt von ciner Aussührung der Schöpfung
mit Sonue, Mond und bewcgtem Meer mit der Bemerkung: „Dies ist
lauter Unnatur, denn die Künste sind spezifische Organismen, deren
Gliederbau im Versuch der Vereinigung nur eine Mißgeburt darstellen
kann." Unterschreiben wir das heute nach bald fünfzig Jahren nicht
mchr, so scheint doch unscre Generation für die Verbindung von Musik
und bildender Kunst, wenigstcns wo diese das Primäre ist, noch nicht
reif. Es kommt natürlich auf die Stoste an. Einen Holbcinschcn Totcn-
tanz oder Romcos Abschied nach dem bekannten Bilde wird man in
musikalischer Uebertragung wohl vcrstchn; hier ist der Empfindungs-
gehalt völlig eindeutig. Aber neulich spielte ein Malcr scine Alpen-
landschaften: wer sie von den schaucnden Hörern nicht vor sich sah,
wäre nicht auf sie gekommen, und wer sie sah, verstand sie darum uicht besser.
Eine Kombination dreier Künste, wenn man das Szenische
als malerische Wirkung bctrachtet, wäre die Bühnenoper und das
„riechende Lied"; für sie gilt das bci den andern Kombinationen schon
Bemerkte.
Alles in allem rührt die Annäherung der Künste eine Fülle von
Problemen auf, die hier nur angedcutet und nach ihrem Wert oder
ihrer Gefahr gewürdigt werden konnten. Es ist Sache der einzelnen
Kttnstler und der Fachzeitschriften, ihnen im einzelnen spürend nachzu-
gkh^- Eduard Platzhoff.
Musikaliscke Erziekung. i.
Jch sage: Musikalischc Erziehuug, nicht: Musik-Unterricht. Denn
darüber muß zu allcrerst Klarheit hcrrschen, daß es genau wie bei der
allgemeinen so auch bei dcr künstlerischeu Bildung des Publikums wie
der Fachleute nicht bloß auf das Erwerbcn vou Kenutnissen, auf das
Wissenlernen ankommt, sondern daß das Wichtigste das Wecken des
Geistes, das Fähigmachen zur Aufnahme, das Lebendigerhalten der
2. Ianuarheft
rss
uicht unbedingt gcglückt zu sein. Jmmerhin steckt in der Verkettung von
Wort und Musik cin Problem, das uns den Genuß der alten Opern
so sehr bccinträchtigt: Das bestimmtcre Wort veraltet schneller als der
allgemeinere Ton. Auch durch Pcrsonaluniou ist diesem prinzipiellen
Ucbelstand, der einen W. H. Riehl zur Verzweiflung an der Oper über-
haupt brachte, nicht dauernd abgeholfen. Wer weiß, ob ein späteres
Geschlecht nicht über Wagners Dichtungen die Achscl zucken und vor
seincr Musik auf den Knieen liegen wird, wie wir heute bei der
„Zauberflöte?"
Dic Kombination der Wortkunst mit der bildenden Kunst
kennen wir schon, obgleich nur in vorübergehender Beziehung. So erklärt
rnan Bilder, schreibt Bücher und hält Vorträge über sie; umgekehrt malt
man Bilder zu Büchern. Auch hier haben wir nur mit Bckannten zu
thun. Das flüchtige, kündbarc Verhältnis beider Künste scheint ihre
Eintracht zu sichern.
Neuland betreten wir erst bei der dritten Kombination. Zwar
sind Bilder zur Musik schon vorgekommcn (Mondscheinsonate), wenn auch
ohne begeisterte Aufnahme zu finden. F. Th. Vischer (bezw. K. Köstlin
in der „Acsthetik" Z. V. s65i erzählt von ciner Aussührung der Schöpfung
mit Sonue, Mond und bewcgtem Meer mit der Bemerkung: „Dies ist
lauter Unnatur, denn die Künste sind spezifische Organismen, deren
Gliederbau im Versuch der Vereinigung nur eine Mißgeburt darstellen
kann." Unterschreiben wir das heute nach bald fünfzig Jahren nicht
mchr, so scheint doch unscre Generation für die Verbindung von Musik
und bildender Kunst, wenigstcns wo diese das Primäre ist, noch nicht
reif. Es kommt natürlich auf die Stoste an. Einen Holbcinschcn Totcn-
tanz oder Romcos Abschied nach dem bekannten Bilde wird man in
musikalischer Uebertragung wohl vcrstchn; hier ist der Empfindungs-
gehalt völlig eindeutig. Aber neulich spielte ein Malcr scine Alpen-
landschaften: wer sie von den schaucnden Hörern nicht vor sich sah,
wäre nicht auf sie gekommen, und wer sie sah, verstand sie darum uicht besser.
Eine Kombination dreier Künste, wenn man das Szenische
als malerische Wirkung bctrachtet, wäre die Bühnenoper und das
„riechende Lied"; für sie gilt das bci den andern Kombinationen schon
Bemerkte.
Alles in allem rührt die Annäherung der Künste eine Fülle von
Problemen auf, die hier nur angedcutet und nach ihrem Wert oder
ihrer Gefahr gewürdigt werden konnten. Es ist Sache der einzelnen
Kttnstler und der Fachzeitschriften, ihnen im einzelnen spürend nachzu-
gkh^- Eduard Platzhoff.
Musikaliscke Erziekung. i.
Jch sage: Musikalischc Erziehuug, nicht: Musik-Unterricht. Denn
darüber muß zu allcrerst Klarheit hcrrschen, daß es genau wie bei der
allgemeinen so auch bei dcr künstlerischeu Bildung des Publikums wie
der Fachleute nicht bloß auf das Erwerbcn vou Kenutnissen, auf das
Wissenlernen ankommt, sondern daß das Wichtigste das Wecken des
Geistes, das Fähigmachen zur Aufnahme, das Lebendigerhalten der
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