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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

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Heft 9 (1. Februarheft 1901)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0457

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iimnittelbar nach dein Erlcbcn nicdcr-
geschriebcn ivorden sind, gebcn dem
Ganzcn ivieder so cuvas Unmittel-
barcs, ivas auch bcsonders bei persön-
licheir Schicksalen Böcklins oder bei
andern Pcrsönlichkeitcn interessant ist,
die man sonst nicht wieder in solcher
Nähc zu schen bckommcn hat. Denn
Burckhardt und Canon, Drebcr und
Lenbach trctcn selbst in dem Buche als
Personcn auf.

Es ivar jedcnfalls ein guter Gc-
danke von Tschudi, daS Buch zu vcr-
öffentlichen- Flaischlcn hat mit dcm
Redigieren eine schiverc und undank-
bare Aufgabc gehabt; nicmand auhcr
Tschudi wird ivissen, ivie schwer es
ivar, das Monstrum von Manuskript
druckfcrtig zu machcn. Abcr ivürde
nicht erst einc zweite, mchr gckürzte
und dcshalb lcsbarcrc Ausgabe dcm
Buch die Vcrbrcitung vcrschafscn, dic
cö verdientc? Und dann mühte cin

der Technik genau kundiger Aiann die
Fülle dcs ungeordneten Ntntcrials in
Sysrem bringen. Ach, ich fürchte, die
wenigen, die das könntcn, iverden kcine
Lust zu eincr solchen Arbcit haben.

P> aul 5 ch ultz e - N au in b li r g.

pcrmischtes.

* Ein Heiratsgesuch im ttunst-
wart? Ja, wirklich: im vorigcn Hcstc
steht eines zu lesen und wenn sich's
auch um eine „Künstlcrehe" handelt
und wenn die betrcssendc Anzeige dcs
Hcrrn Nudolf Ntosse auch in dcn andcrn
Kunstblättcrn cbcnsalls steht — in dcn
Kunstwart gehört sie nicht. Darüber
sind wir mit unsern Lesern ganz ciner
Meinung. Sie ist einfach von dem-
jcnigen Angestellten vcrsehentlich
durchgelasscn worden, der den An-
zcigentcil unter sich hat. Dies zu er-
klären, sind wir vom Verlage nus-
drücklich ermächtigt.

Arisre I2o1en unä Lilcter.

Als Notcnbeilagc bringt dcr Kunstwart zur Totcnfcicr BöcklinS das
Adngiv dcs I)-mo>I-Konzcrtcs von Johann Sebastian Bach, dns in die
Ncihe seincr „Sechs Klnvicrkonzcrle'" gchört, in cincr Bcarbcitung für zivci
Händc. Diesc Konzerte entstammen der Lcipziger Periodc des Meistcrs
(>725-scst, gchörcn aber viclleichi noch dcm ersten Drittcl des ncht-
zehnten Jahrhunderts an. Das Konzcrt in I)-moII ist mchr als ein
Virtuosenstück, ist cin Stück Bachscher Weltanschauung, mit dcn Mitteln dcs
Musikcrs ausgcsprochen, stcllt so ctwas dar wie cine IX. Symphonic in kleincrcn
Verhältnisscn. Ein kraftoolles Unisono beginnt. Wie cin uncrbitllicher
Schicksalspruch, so scharf und hart ist sein Thcma. Dagegen crhebt sich im
wildcn Titancn-Trotze das Solo, Lcr Mcnsch- Er will sich nicht zwingcn
lasscn und bcugen. Strcng, sast zornig ertönt das Gebot aufs neue, mitten
hincin füllt das Solo und stcmmt sich krampfhast gegcn die schrcckliche Macht —
eine Sekundc lang. Dann bricht cs krastlos zusammen und das herrischc
Schicksalsthcma schrcitct mit chcrncm Tritt darübcr cmpor. So slcllt Bach
in 21 Taktcn knapp und klar das Proömium dcs crsten Sajzcs hin: Allcs
Jolgcndc ist nur dic brcitcrc Aussührung und Tchilderung dcs Kanipses dcr
bciden Gcivaltcn. Das Solo wchrt sich, cs vcrhöhnt dcn Spruch deS Vcr-
hüngnisscs, cS karrikiert ihn, cs verlcgl sich auso Bitten, cs sleht, es ringt,
cL schineichclt — vcrgebcns. Las Schicksal hat aus allcs nur dic nümliche
Antwort, und nn der kaltcn Gröhc scincs Gcbotcs bricht sich dcr Eigenwillc
dcS Mcnschcngcistcs.

Dcr zwcitc Sah, unscr Adagio, hcbt an; gespenstisch cincm drohendcn
Todcsboten gleich, stcigt cinc finstcre Gcstalt aus dcr Ticsc, schwcr atmet dic
Brust, als laste ein Alb auf ihr — nirgcnds cin Hossnungsslrahl. Und horch,
klüglich wic das Zirpen cincs gcüngstigtcn Vögleins wagt sich da cinc zwcite
Stimmc hcrvor, all dic klcinen Hcimlichkcitcn dcs Erdcnglücks, all dcr

j. Fcbruarheft 1901
 
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