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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

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Heft 11 (1. Märzheft 1901)
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0538

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Ansi'e IZolen unä kilcler.

Unsere Musikbeilage verfolgt diesmal den Zweck, einen Komponisten
in die deutsche Oeffentlichkeit einzuführen, dessen Talent mir der allgemeinen
Beachtung ivert erscheint: den Prager Karl W eis. Jch darf nicht verschweigen,
daß ich zu ihm im Verhältnis eines Mit-Librettisten seiner Volksoper „Der
polnische Jude" snach Erkmann-Chatrian) stehe, glaube aber ohne Befangenheit
auf die eigentümlichen Vorzüge dieses neuen Mannes hinweisen zu können. Jn
unserer Zeit der hochgehenden Musikdenkerei und geistreichelnden Kleinmeisterei
ist es gewiß erfreulich, wieder einmal einem ganz naiv schaffenden Musiker zu
begegnen, dem eine Fülle sinnlich eingänglicher, volkstümlicher und nicht etwa
ins Seichte und Triviale sich verlierender Melodien zu Gebote steht, einem
Künstler von blühender Phantasie und Natürlichkeit, der nicht komponicrt
„wie's Brauch der Schul"', sondern frisch aus der unmittelbaren Anschauung
heraus. Mehr zu sagen würde sich jetzt nicht schicken, aber ich bin sicher, datz
man den Namen Weis nun oftmals noch zu hören bokommen wird. Diese
Zeilen haben den Zweck, dem Kunstwart das Verdienst zu sichern, auf diese
ursprüngliche Begabung zuerst aufmerksam gemacht zu haben. Um ein abge-
schlossenes Stück für unsere Beilage zu gewinnen, habe ich den Lündler gewählt,
den Weis in seiner Oper bei dem Verlobungsfest im Hause des elsässischen
Dorfschulzen Mathis aufspielen läßt, und der wenigstens die heute so seltene
Unschuld und Volkstümlichkeit der melodischen Erfindung bekunden wird. Echte
Spielmannsfreude und Musikantenlust spricht aus dicsem Tonstück, und nicht
minder dürfte das folgende Brautlied (Chor) durch die Wärme und Lieblichkeit
der Melodik sich die Herzen gewinnen. Wir haben nicht viele Tondichter,
die imstande sind, so einfach, ohne Raffinement und doch so plastisch und
phrasenlos zu schreiben.

Von Böcklins Schüler Albert Welti, dem wir jenen Brief in unserm
Böcklin-Hefte verdanken, legen wir den Lesern heute ein Stück gemalter Naturdich-
tung vor, „Nebelreiter". Wer je das Wallen der Nebel um Bergspitzen und Felsen-
klippen belauscht hat, der kennt diese Nebelreiter: er hat's miterlebt, wie sie
sich jagten und stellten, bedrohten, bekämpften, flohen, wild bewegt und doch
lautlos huschend. Man betrachte so recht in Muse die Haltungen der Gespenster-
pferde, des schwebenden links, des bäumenden in der Mitte, des vorbeischietzen-
den ganz oben — ist da nicht ein wunderschönes Uebersetzen der Nebel-
bewegungen in Gestalt? Das ist nicht irrlichtelierende Phantastik, das ist von
der Mutter Natur liebevoll gcnährte Phantasie. So scheint uns der Geist Böcklins
in diesem Werke zu walten. Und es ist doch vollkommen anders, als Bücklins
Werke, ist durchaus eigenartig, ist ganz und gar Albert Welti.

^ Bitte,etwas ernsthaflerl (A.) —Wasliest man inDeutschland? Von

ilNI-LkT. Adolf Bartels. — Die musikalische „Moderne". Von Richard
Batka. — Musikalische Erziehung. 2. Von Georg Göhler. — Kulturarbeiten 7.
Lon Paul Schultze-Naumburg. — Sprcchsaal: Das Deutsch in der Schule. Von
Ä. H- — LoseBlätter: Aus „Meister Oelze" von Johannes Schlaf. — Rundschau. —
Notenbeilage: Karl Weis, Ländler und Brautlied. — Bilderbeilagen: Albert
Welti, Nebelreiter. Abb. so-s? zu Schultze-Naumburgs Aufsatz „Kulturarbeiten".

Vercmtrvortl.: der Herausgeber Ferdinand Avenariusin Dresden-Blasewitz. Mitredakteure: für Musik:
Or. Richard Batka in prag-weinberge, für bildende Aunst : j) a u l Sch u ltz e - N a umbu rg in Berlin.

Sendungen für den Cext an den herausgeber, über Musik an Or. Batka.
verlag von Georg D. w. Callrvey. — Rgl. hofbuchdruckerei Kaftner 6c Lossen, beide in München
Bestellungen, Anzeigen und Geldsendungen an den verlag: Georg D. w. Lallwe? in München.
 
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