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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

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Heft 7 (1. Januarheft 1901)
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Avenarius, Ferdinand: Persönlichkeit und Buchhandel
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Weber, Leopold: Moderne Dramen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0332

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schätzen den Buchhandel höher als ein beliebiges Gewerbe, das Tages-
bedürfnissen dient, denn er handelt mit Seele und Geist. Wir schätzen ihn
höher als eine automatische Verschleißanstalt. Wir schätzen ihn so hoch,
daß wir in seinen Vertretern Männer achten möchten, deren Berufsehre
wie die jeden anderen achtbaren Standes gebietet, nie anders als gut
und nie für Anderes als für Gutes zu wirken.

Wollen wir aber solchen Anschauungen zu Einfluß helfen, so wer-
den wir uns in mancher Weise anders als bisher zu verhalten haben.
Vor allem: wir brauchen nicht nur eine Kritik der Bücher, wir
brauchen auch eine Kritik der Verleger. Es wird nicht an allen, es
wird nur an ganz wenigen Stellen möglich sein, aber an weithin sicht-
baren, daß auch „das Werk", sagen wir beispielsweise: das letzte Jahres-
werk einzelner Buchhandlungen zusammenfassend auf seinen eigent-
lichen Gehalt hin gewogen werde unter Heraushebung dessen, wofür der
Verleger verantwortlich ist. Möglich, daß eine derartige Kritik zunächst
manchem unerwünscht sein, ja, daß sie ihm anmaßlich erscheinen
wird: jene reine „Geschäfts"-Auffassung wird hier vielleicht ein Drein-
reden von Nicht-Fachleuten, das heißt: von nicht Sachverständigen sehen.
Da Bücher nicht nur Ware aus Papier und Schwärze sind, sondern auch
Wort und Form, werden wir daraus ruhig antworten können. Mit der
Zeit aber wird eine derartige Kritik mit dem berechtigten Stolz den
Eifer all der Männer im Buchhandel stärken, die überhaupt Persönlich-
keit, das „höchste Glück der Erdenkinder" in sich fühlen. Damit wird
in diesem großen Wettbewerbe eine nützliche Kraft gestärkt sein. Und
wir können so auch materiell die Kräfte im Buchhandel stützen, die zum
Unterschiede von verlegendem Börsianertum ein Jch und eine Ueber-
zeugung drein setzen. Wir können entgegenwirken der stumpssinnigen Be-
wunderung der „berühmten Firma" schlechthin, deren einfacher Aufdruck
für vieler Leute Augen auch Büchern Glanz verleiht, die ihrem geistigen
Werte nach Schofelware sind und nichts mehr. Sachlichkeit, die das
Gebotene nicht nach Mantel, Behang, Geschrei und Wappenruhm, son-
dern auf Herz und Nieren prüft, einfache Sachlichkeit wird auch hier das
Mittel sein, am besten das Persönliche, das drinnen steckt, zu finden. A.

Mocierne vrarnen.

Das Wort Dramen sollte in der Ucberschrift eigentlich in Anführungs-
zeichen stehn, denn grade, was das Drania als eine besondere Kunstgattung
vom Dichter oerlangt, hat keiner der drei Autoren gebcn können, die ich
besprechen will.

„Mutter Maria" betitelt sich „ein Totengedicht in fünf Wandlungen"
von E. Nosme r^. E. Rosmer, d. h. Frau Bernstein ist sogar von Humperdinck
ernst genommen worden, der zu ihren „Königskindern" die Mustk geschrieben
hat, und von dcn Modernsten wird sie hoch gepriesen — wir haben also im
Kleineren einen nhnlichen Grund, uns mit ihr zu beschäftigen, wie den, der
uns zur cingehenden Besprechung D'Annuuzios führte. Bei dieser ihrer Arbeit
mit dem verheißungsvoll-schauerlichen Untertitel haben unzwcifelhaft Maeterlinck
und Hauptmann assisticrt. Herausgekommen ist deswegcn freilich doch nicht
mehr als ein, um's gerade zu sagen, recht läppischeS Geschichtlcin. Einer
Berggeistin thut ein kühner Jäger Gewalt an, darauf steigt sie zu den Menschen

* Jm Vcrlag von S. Fischer, Verlin.

I. Ianuarheft iyc>i
 
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