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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

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Heft 7 (1. Januarheft 1901)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0358

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Mit leisem Finger öffnet er die Lhür,

Da schwcbt cin roisig Totenvolk bcrsür.

Sie grüßen gut, mit ernsten, stummen Zeichen,
Und keine Ahnung kann dcn Blick erreichen.
Freundschast uud Sonne kaucht ihr bleicher Ulund,
Doch Ieder ist von ciner ewigen.Wunde wund.
Ihr Zluge denkt aus tiefster Weltenkluft,

Und durch das Zimmer schaucrt Schöpfungslust.

Llter crtur.

* An merkwürdige Worte,
die dcr Historiker I. K. B- Stüoe nach
Gocthes Tode an cinen Freund schrieb,
erinnert jetzt ein Leser der „Frankf.
Ztg." „Aiso Goethe ist tot. Sein
Lebcn beginnt mit der schönen Periode
deutscher Literatur und Dichtkunst, und
die Nachwelt wird wohl sagcn, es habe
auch mit diescr Periodc geendet. Wir
könncn jetzt keinen Dichter habcn, da
unser Gehetze alles Schöno, Poetische,
alle Liebe aus dem Leben vcrtrieben
hat oder zu vertreiben strebt. Wir
sind so vollendet in der Technik jeder
Kunst, daß die Kunst darüber verloren
geht, so wie wir überall nur in der
Masse Vollendetes leistcn und der
einzelne Mensch viel mangelhafter da-
steht. Goethe gehörte noch ganz zu
der Zeit dcr Menschen, die bei ciner
vicl unvollkomrneneren allgemeinen
Ausbildung von sich selbst aus eine
ganze Welt entwickelt haben. Von
denen lebt nun wohl in ganz Deutsch-
land so gut rvie Keiner mchr. Es
kommt die Zeit der Zerstörung. Wohl
ihm, daß er sie nicht gesehen, und
halten wir uns fest."

Berührt es nicht seltsam, zu lesen,
daß man schondamalsso empfand,
schon im Jahr t8S2? Mehr als ein
halbes Jahrhundert hat es gebraucht,
bis das hier Gesagte einer ciniger-
maßenbeträchtlichen gebildetenMinder-
heit bewußt wurde, und wie wenigen
ist es selbst jetzt noch bewußt!
Das neue Jahrhundert aber, das nun-
mehr beginnt, wird der Arbeit gehörcn:

wiederzugewinnen, was das frühere
Geschlecht besaß, ohne zu verlieren,
was das neuere erworben hat.

* Um dem Jammer unsrer Zei-
tungsromane abzuhelfen, haben
wir, wie unsre Leser wissen, versucht,
durcy Nachweis billigen guten und ge-
eigneten Stoffes zu nützen, noch aber
infolge mangelhaftcr Unterstützung
durch die Autorrechts-Besitzer ohne
nennenswerten Erfolg. Die Aufgabe,
die hier zu lösen ist, darf jedoch nicht
vergessen werden, denn der Zeitungs-
roman, wie er ift, läßt täglich aus
tausend Brunnen Schmutzwasser laufen.
Eine hübsche Anschauung davon, wie's
hier gemacht wird. bietct uns die
„Außergewöhnliche Vorzugs-Offerte"
der „Jnternationalen Verlagsanstalt"
(Tillotson L SonsNachfolger O. Pupke)
in Berlin, die so angesehene Blätter
wie das Hauptblatt der Zentrums-
partei, die „Kölnische Volkszeitung",
dann die „Neue Prcußische (Kreuz-)
Zeitung" und die „Magdeburgische
Zeitung" zu ihren Kunden zählt. Man
muß ein paar der Empfehlungen ihrer
Waren lesen. Da wird ein Buch des
braven Willie Collins gepriesen, des
„Altmeisters der sensationellen Erzäh-
lungskunst": „Ein völlig neues, bis
an die Grenzen des Grausigen streifen-
des, jedoch nicht abstoßend behandeltes
Problem. Außergewöhnlich packender,
schauriger Anfang; höchst verwickelte
und überraschende, immer wieder neue,
unerwartete Wendungen nehmende
Handlung, die die Spannung der
Ianuarheft

Kuriclsckau

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