recht zurückdrängt. Sehr groß ist auch unter den Lireratur-Historikern die Zahl
der Unberufenen, und wenn endlich gar noch die Tageskritiker das Bedürfnis
empfinden, ihre Zeitungsartikel zu Büchern zusammenzustellen, so weiß man
nicht, wo das hinaus soll. Viellcicht gilt wirklich noch immer das alte Wort,
daß der Deutsche lieber über seine Dichter licst als diese selber — ich wüßte
nicht, wie Verleger und Autoren sonst auf ihre Kosten kommen sollten, da sich
die Fachleute doch in der Rcgel mit Bibliotheks- und Rezensionsexemplaren
bchelfen.
Dcr Pnndur. Aus Kuglcrs .Fricdrich dcm Grotzcn'
<Lcipzig. Mcndclssohn).
Einc als großc wisscnschaftliche Leistung anerkannte Geschichte der ge-
samten Wcltliteratur fchlte uns bisher noch; man behalf sich in dcr Regel mit
Johannes Schcrrs „Allgcmeincr Geschichte der Litcratur", Adolf Sterns Kate-
chismus oder neuerdings mit Julius Harts „Geschichte der Weltlitcratur und
des Theaters allcr Zeitcn und Völker". Nun springt der namentlich durch sein
Buch über Goethe bekannte Jesuit Alexander Baumgarten in die Lücke
und bcginnt eine großangclegte „Geschichte der Weltliteratur", von der ich den
ersten Band „Die Litcraturen Westasiens und der Nilländer" gelesen habe. Stoff-
lich hat dcr Rcferent dabei manchcs gclernt, aber mit dem Standpunkt des Ver-
fassers kann er sich natürlich nicht befreunden, und er glaubt auch nicht, daß
er wissenschaftlich haltbar ist. Da dic Literatur der Hebräer göttlicher Jn-
spiration cntstamint, ist sie für Baumgarten ohne weiteres die erste des Alter-
tums — wir blciben bci dcr altcn Ansicht, daß die dcr Gricchen das sci, und
haben dabci ästhctisch ein sehr gutes Gewissen. Und auf das ästhetische Ge-
wissen kommt cs unscrcr Meinung nach bei der Literaturgeschichtschreibung an. —
Diescm seincm üsthetischen Gcwissen ist Vilmar trotz sciner protestantisch-
orthodoxcn Anschauung in der Hauptsache immcr gefolgt, und so crscheint denn
nun auch scin obcn bcreits gcnanntcs Werk, „Tie Gcfchichte dcr deutschen
Nationalliteratur" in 25. Auflagc, cin Erfolg, dcn wohl noch kcin ernstcr
Literatur-Historiker crziclt hat. Das Buch ist unvcrändert geblicben, wohl
abcr hat scine Fortsehung, ..Dic deutsche Nationallitcratur vom Tode Goethes
bis zur Gegenwart" von Adols Stcrn (t. Aufl.) gegcn dcn Schluß hin be-
deutendc Nenderiingen erfahrcn. Wir Modernen sind nicht mir alleu Urtcilen
I. Oezcmbcrbcft <zoo
der Unberufenen, und wenn endlich gar noch die Tageskritiker das Bedürfnis
empfinden, ihre Zeitungsartikel zu Büchern zusammenzustellen, so weiß man
nicht, wo das hinaus soll. Viellcicht gilt wirklich noch immer das alte Wort,
daß der Deutsche lieber über seine Dichter licst als diese selber — ich wüßte
nicht, wie Verleger und Autoren sonst auf ihre Kosten kommen sollten, da sich
die Fachleute doch in der Rcgel mit Bibliotheks- und Rezensionsexemplaren
bchelfen.
Dcr Pnndur. Aus Kuglcrs .Fricdrich dcm Grotzcn'
<Lcipzig. Mcndclssohn).
Einc als großc wisscnschaftliche Leistung anerkannte Geschichte der ge-
samten Wcltliteratur fchlte uns bisher noch; man behalf sich in dcr Regel mit
Johannes Schcrrs „Allgcmeincr Geschichte der Litcratur", Adolf Sterns Kate-
chismus oder neuerdings mit Julius Harts „Geschichte der Weltlitcratur und
des Theaters allcr Zeitcn und Völker". Nun springt der namentlich durch sein
Buch über Goethe bekannte Jesuit Alexander Baumgarten in die Lücke
und bcginnt eine großangclegte „Geschichte der Weltliteratur", von der ich den
ersten Band „Die Litcraturen Westasiens und der Nilländer" gelesen habe. Stoff-
lich hat dcr Rcferent dabei manchcs gclernt, aber mit dem Standpunkt des Ver-
fassers kann er sich natürlich nicht befreunden, und er glaubt auch nicht, daß
er wissenschaftlich haltbar ist. Da dic Literatur der Hebräer göttlicher Jn-
spiration cntstamint, ist sie für Baumgarten ohne weiteres die erste des Alter-
tums — wir blciben bci dcr altcn Ansicht, daß die dcr Gricchen das sci, und
haben dabci ästhctisch ein sehr gutes Gewissen. Und auf das ästhetische Ge-
wissen kommt cs unscrcr Meinung nach bei der Literaturgeschichtschreibung an. —
Diescm seincm üsthetischen Gcwissen ist Vilmar trotz sciner protestantisch-
orthodoxcn Anschauung in der Hauptsache immcr gefolgt, und so crscheint denn
nun auch scin obcn bcreits gcnanntcs Werk, „Tie Gcfchichte dcr deutschen
Nationalliteratur" in 25. Auflagc, cin Erfolg, dcn wohl noch kcin ernstcr
Literatur-Historiker crziclt hat. Das Buch ist unvcrändert geblicben, wohl
abcr hat scine Fortsehung, ..Dic deutsche Nationallitcratur vom Tode Goethes
bis zur Gegenwart" von Adols Stcrn (t. Aufl.) gegcn dcn Schluß hin be-
deutendc Nenderiingen erfahrcn. Wir Modernen sind nicht mir alleu Urtcilen
I. Oezcmbcrbcft <zoo