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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1900)
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Avenarius, Ferdinand: Literarischer Ratgeber des Kunstwarts für 1901, [6]: Länder- und Völkerkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0251

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roissenschaftlich ernste und dabei doch volkstümliche Darstellung bleibt dagegerr
noch immer das Buch Karls von den Steinen „Unter den Naturvölkern
Zentral-Brasiliens" mustergültig. Von ähnlichem Werte ist das Wcrk
Sven Hedins, „Durch Asiens Wüsten". Jm übrigen überwiegen unter dew
besseren Erscheinungen die Schilderungen kleinerer Gebiete; Südindien und
Ceylon hat Emil Schmidt behandelt, Ceylon auch Geiger. Hagens Werk'
„Unter den Papuas" ist dem deutschen Neuguinea gewidmet, ein Buch
Fischers dcr Jnsel Formosa; dem Geistesleben der Jnder sucht Hübbe-
Schleiden vom theosophischen Standpunkt aus in seiner Schrift „Jndien und
die Jndier" gerecht zu werden. Es fehlt auch nicht an Büchern, die auf der
Grenze zwischen leichter Reiseschildcrung und wissenschaftlichem Ernste stehen,
wie Selenkas „Sonnige Welten", die Jndonesien und Japan behandeln, odcr
das Buch von Fritz und Else Rinne, „Kasana, Kamari, Eine Celebesfahrt."
Mit besonderen Ehren ist Cäcilie Selers „Auf alten Wegen in Mexiko u n d>
Guatemala" zu nennen. Recht lesenswcrt in anderem Sinne ist das Buch
Oswald Kunhardts „Wanderjahre eines jungen tzamburger Kaufmanns"^
nämlich zum Einblick in das Leben eines sonst schweigsamen Standes, dessew
Thun und Treiben doch eng genug mit dem Aufschwung Dcutschlands vcr-
knüpft ist. Egon Kuhnhardt hat ein Buch unter gleichem Titel folgen lassen.
Ein prächtiges Bild aus der heroischcn Zeit Deutsch-Südwestafrikas entwirft
Schwabe in seinem „Mit Schwert und Pflug durch Deutsch-Südwest-
afrika". Auch eine deutsche Prinzessin, Therese von Bayern, erscheint untcr
den Schriftstellern mit dem gut geschriebenen Buche „Meine Reise in dcn
brasilianischen Tropen". Dasselbe Land behandelt der Zoolog O. Bürger
in den „Reisen eines Naturforschers im tropischen Urwald".

Wer einen Katalog wie dicsen durchblättert, ist wohl auch dankbar,
wenn er für besondere Liebhabereien eines zu Beschenkendcn eine passende
Gabe findet. Diesmal ist besonders für die Freunde der „Bergkraxelei" gesorgt.
Hans Meyers prächtiges Buch „Der Kilimandsch aro" ist dcr seltenen Abart
des afrikanischen Alpensports gewidmct, Curt Boecks „Jndische Gletscher-
fahrten" führen uns zum Himalaja; beide Werke sind zugleich von wissen-
schaftlichem Werte. Dasselbe gilt von dem Werke de Filippis „Die For-
schungsreise des Herzogs der Abruzzen nach dem Eliasberge".
Einen noch weiteren Umblick gewährt das Buch R. v. Lendenfelds, „Dic
Hochgebirge der Erde".

Der edlen Jägerci fehlt es unter den Reiseschriftstellern auch selten an
Vertretern. Erwähnenswert ist Oberländers „Durch norwegische Jagd-
gründe", fcrner das kleine Bnch Bronsarts v. Schellendorf „Tierbeobachtungcn
und Jagdgeschichten aus Ostafrika".

Ein ganz anderes Bild thut sich auf, wenn wir fragen, ob das Zcitalter
der Weltpolitik fich' in der länderkundlichen Literatur wiederspiegeltl Eine
Flut von Broschüren quillt uns da verwirrend entgegcn, aber auch gröhere
und vor allem bessere Erzeugnisse erscheinen bereits in diesem Wirbel. Ratzels
„Politische Geographie" hat einen wackeren Seitcnsprößling getrieben in
dem Büchlein „Das Meer als Quelle der Völkergrötze." Vortrefflich ist
Steffens „England als Weltmacht und Kultu rstaat", währcnd Eduard
Hahn in seiner „Wirtschaft der Welt am Ausgange des 19. Jahr-
hun derts" sciner Zeit einen warncnden, wohl etwas zu düster gefärbtcn
Spiegel entgcgenhält.

Von diesem gährenden Gewirr wendct sich der Blick gern wiedcr dcr
eigenen Heimat zu; Ratzels ausgezeichnetcs kleines Buch „Deutsch land" und
Hans Mcyers „Das deutsche Volkstum" zeigen, wie viel noch zu
lernen und zu beherzigen ist. Recht anregend sind K. lkollbachs „Wanderungcn
durch die deutschen Gebirge", deren drei Bände auch einzeln küuflich sind.
Kleinere Gebiete und Volksteile behandeln Zweck in seinem „Litauen" und
„Masuren", F. Tetzner, „Die Slovinzen und Lebakaschuben", Volk
„Der Odenwald". Der Volkskunde besonders gewidmet sind die Bücher
E. H. Meyers „Badisches Volkslebcn im 19. Jah rh und ert", Nichard
Andrees „Braunschweiger Volkskunde" und Wuttkes „Sächsische Volks-
kunde", letzteres ein Sammelwerk mit selbständigen Arbeiten verschicdcnerr
Spezialforscher. Hans Hoffmanns „Harz" und Jensens „Schwarzwald"'
sind im Kunstwart früher cmpfohlen wordcn.

Aunstwart
 
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