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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

DOI issue:
Heft 6 (2. Dezemberheft 1900)
DOI article:
Avenarius, Ferdinand: Einwände gegen die Goethestiftung
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0281

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Das ist mißverständlich. Wir erkennen nicht nur in der Begründung
das Urheberrecht als bedeutsam und segensreich an, sondern wir haben
uns auch peinlich davor gehütet, irgend einen Vorschlag zu machen, der
das gesetzlich gültige Urheberrecht einschränkte. Unser Vorschlag in Absatz II
setzt ja erst ein, wo das Urheberrecht aufhört, dreißig Jahre nach
dem Tode des Urhebers, und befürwortet dann sogar eine Verlängerung
des Urheberrechts in gemilderter Form. Wesentlich für unsre „Goethe-
stiftuug" ist diese Verlängerung nicht, sie könnte fallen, ohne daß die
Stiftung fiele. Wir erstreben also weder eine Aufhebung, noch eine
Veränderung des gültigen Urheberrechts, unsre Borschläge lassen dieses
vielmehr für seine gesamte Giltigkeitsdauer vollkommen aus dem Spiele.
Wir erstreben eine Einrichtung neben dem Urheberrecht, eine Er-
gänzung dazu.

Der zweite Einwand: wir schädigten die Buchhändler.

Die Buchhändler, die hier in Betracht kämen, sind die Veranstalter
billiger Neu-Ausgaben. Wir haben den drei bei weitem am meisten
interessierten privatim die Frage vorgelegt und sie um Prüfung der
Sache gebeten. Das Ergebnis war, daß sie alle drei: Philipp Neclam
in Leipzig, Otto Hendel in Halle und der Mitinhaber des Bibliographischen
Jnstituts in Leipzig unsre Eingabe m i tu n te r ze i ch n et haben.

Der dritte Einwand: wir wollten wieder einmal einen einzelncn
Stand auf Kosten der Allgemeinheit unterstützen.

Das wäre selbst dann falsch, wenn man hier so ohne mciteres
von „unterstützen" reden könnte, denn einzelne auszuzeichnende Geistes-
arbeiter bilden keinen Stand. Jn Wahrheit handelt sich's um kcin
Standes-, sondern um ein allgemeines Volks-Jnteresse, es handelt sich
darum: einerseits, eine vom Tages- und Modemarkt unabhüngige
gediegene Literatur auch dann zu ermöglichen, wenn der Begabte mittel-
los ist, anderseits, wertvolle dichterische Schöpfungen durch Ankauf und
billige Ausgaben schnell zu verbreiten.

Der vierte Einwand: wir üffneten dem o b rigk ei t li chcn Ein-
sluß auf die literarische Produktion Thor und Thür.

Wollen wir denn einen neuen „Schillerpreis" mit einem Fürsten
oder einem Beamten als Entscheidendem und den übrigen Leuten nur
als Beratern? Wie unparteiisch eine derartige Organisation arbeiten
kann, wenn sie nur unabhängig von äußeren Einflüssen organisiert ist,
beweist als Gegenbeispiel zum „Schillerpreise"' die „Deutsche Schillcr-
stiftung", deren Arbeit in dieser Beziehung nie im geringsten bemükelt
worden ist.

Der fünfte Einwand: die Verwirklichung unsres Vorschlags kvnnte
Kliguen zu gute kommen.

Jrgendwelchen Kliquen kann so ziemlich jede menschliche Einrichtung
zugute kommen, Ungehörigkeiten sind überall möglich, aber wir haben noch
nicht gehört, daß man keine Stücke aufftthren und keine Ausstellungen machen,
keine Volks-, Mittel- und Hochschullehrer, keine Pfarrer, keine Beamten
und keine Offiziere ernennen und keine Abgeordneten wählen solle, weil
bci all dem Kliqueneinfluß und sonstige Ungehörigkeiten vorkommen
können. Die Frage lautet: ist die betreffende Einrichtung allcs in allein
Kunstwart


 
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