Man betrachte die Bilder 2H und 25. Wieder das alte Haus an
der Heerstrahe und das neue. Jenes nach dem Typus gebaust den wir
häufig finden im l8. Jahrhundert: den Mittelbau hervorgehoben durch
den Risaliten mit dem Giebel, die Fensterachse durchgeführst das doppelte
Mansardendach. Puristen sagen hier: Sehen Sie, da beginnt der Ver-
fall. Hier schiebt sich in unsere heimische mittelalterliche Bauweise, die
aus dem Material hervorging und individualisierend im höchsten Sinne
war, zuerst das fremde Moment des klassizistischen Gedankens hinei»,
der der Urheber alles Unheils wurde. Hier bcginnt das Reißbrett
das Leben zu ersticken. Der Fassadc zu lieb wird eine vorbestimmte
Fensterachse innegehalten, die Spmmetrie wird wichtiger, als die Sach-
lichkeit; hier beginnt die Zerreißung der großen einheitlichen Lichtquellen
in viele kleine.
Alles zugegeben: hier sind die Quellen dessen. was später zu
einem so breiten See von Unheil auslief. Aber war dieser Anfang
einer, dcr dic Notwendigkeit zu solchcm Ende schon in sich trug? Jch
glaube nicht. Hätte sich nicht unter anderen Einflüssen alles genau so
gut aus diesen Anfängen zu ausgezcichnetem Weitergedeihen weiterent-
wickeln können?
Alle großen Kultur-Entwicklungen entstehen aus der Befruchtung
zweier an sich entgegengesetzter Prinzipien, wie aus Vater und Mutter,
die zusammen das neue Kind zeugen. Nordischer Geist und italienischer
Geist gingen hier eine Ehe ein, und die Kinder, die damals aus ihr her-
vorgingen, waren schöne Geschöpfc. Prinzipienreiterei sollte uns nicht
blind dagegen machen. Man sehe sich doch ein Haus wie anf Bild 2^s
ganz vorurteilsfrei an und lasse es auf sich wirken. Spricht hier nicht
alles von Ernst der Lebensauffassung, die sich mit Heitcrkcit gesellt,. von
vornehmer Würde, von Sclbstsicherheit, von Anstand, von Gemessenheit
und von Träumerei, die auch den höchsten Gütern des Lebens Naum
gibt? Von dem Erfüllen der sachlichen Forderungen später einmal bei
einem weniger ruinösen Beispiel.
So wie auf dem Bild 25 ist dann endlich alles ausgegangen.
Hier haben wir die vollständige Narrheit!
Auf den Mittelgiebel ist die Schweizerhausphantasie eines Mannes
geklebt, der sicher nie in dcr Schweiz gewesen ist, denn dcr thut man
mit dem Namcn „Schweizerhausarchitektur" unrecht. Das Dach, die
hohe Stirn, ist weg, und das ganze Haus macht ein Gesicht, wie ein
dummer Junge, der sich irgend eincn albcrnen Kopfputz aufgesetzt hat,
die Augen aufreißt, das Maul aufsperrt und nun seiner nicht ganz sicher
die Welt anstiert.
Wenn wir nicht mit dem Raume rechnen müßtcn, könnte ich fort-
fahren schier ins Ilncndliche, Würde und Gemcinheit so zu konfrontieren.
Stoff dazu ist, Gott sei Dank und lcider, genug da. So abcr müssen
wir uns bcschränken, nur die wichtigstcn Tppen vorzuführcn.
So cin Tpp ist das cinzeln stchende Baucrnhaus.
Der Bauer, der frühcr sein Haus abscits von der gemcinsamen
Ansiedlung anlcgen wolltc, muß dabci eincr so sichern Tradition gefolgt
sein, daß er nicht schlcn konnte. Aber auch dicsc Ueberlieferung hat sich
doch nur von Fall zn Fall cntwickell durch ein immer scinercs Erfüllen
:. Ianuarheft zyvl
der Heerstrahe und das neue. Jenes nach dem Typus gebaust den wir
häufig finden im l8. Jahrhundert: den Mittelbau hervorgehoben durch
den Risaliten mit dem Giebel, die Fensterachse durchgeführst das doppelte
Mansardendach. Puristen sagen hier: Sehen Sie, da beginnt der Ver-
fall. Hier schiebt sich in unsere heimische mittelalterliche Bauweise, die
aus dem Material hervorging und individualisierend im höchsten Sinne
war, zuerst das fremde Moment des klassizistischen Gedankens hinei»,
der der Urheber alles Unheils wurde. Hier bcginnt das Reißbrett
das Leben zu ersticken. Der Fassadc zu lieb wird eine vorbestimmte
Fensterachse innegehalten, die Spmmetrie wird wichtiger, als die Sach-
lichkeit; hier beginnt die Zerreißung der großen einheitlichen Lichtquellen
in viele kleine.
Alles zugegeben: hier sind die Quellen dessen. was später zu
einem so breiten See von Unheil auslief. Aber war dieser Anfang
einer, dcr dic Notwendigkeit zu solchcm Ende schon in sich trug? Jch
glaube nicht. Hätte sich nicht unter anderen Einflüssen alles genau so
gut aus diesen Anfängen zu ausgezcichnetem Weitergedeihen weiterent-
wickeln können?
Alle großen Kultur-Entwicklungen entstehen aus der Befruchtung
zweier an sich entgegengesetzter Prinzipien, wie aus Vater und Mutter,
die zusammen das neue Kind zeugen. Nordischer Geist und italienischer
Geist gingen hier eine Ehe ein, und die Kinder, die damals aus ihr her-
vorgingen, waren schöne Geschöpfc. Prinzipienreiterei sollte uns nicht
blind dagegen machen. Man sehe sich doch ein Haus wie anf Bild 2^s
ganz vorurteilsfrei an und lasse es auf sich wirken. Spricht hier nicht
alles von Ernst der Lebensauffassung, die sich mit Heitcrkcit gesellt,. von
vornehmer Würde, von Sclbstsicherheit, von Anstand, von Gemessenheit
und von Träumerei, die auch den höchsten Gütern des Lebens Naum
gibt? Von dem Erfüllen der sachlichen Forderungen später einmal bei
einem weniger ruinösen Beispiel.
So wie auf dem Bild 25 ist dann endlich alles ausgegangen.
Hier haben wir die vollständige Narrheit!
Auf den Mittelgiebel ist die Schweizerhausphantasie eines Mannes
geklebt, der sicher nie in dcr Schweiz gewesen ist, denn dcr thut man
mit dem Namcn „Schweizerhausarchitektur" unrecht. Das Dach, die
hohe Stirn, ist weg, und das ganze Haus macht ein Gesicht, wie ein
dummer Junge, der sich irgend eincn albcrnen Kopfputz aufgesetzt hat,
die Augen aufreißt, das Maul aufsperrt und nun seiner nicht ganz sicher
die Welt anstiert.
Wenn wir nicht mit dem Raume rechnen müßtcn, könnte ich fort-
fahren schier ins Ilncndliche, Würde und Gemcinheit so zu konfrontieren.
Stoff dazu ist, Gott sei Dank und lcider, genug da. So abcr müssen
wir uns bcschränken, nur die wichtigstcn Tppen vorzuführcn.
So cin Tpp ist das cinzeln stchende Baucrnhaus.
Der Bauer, der frühcr sein Haus abscits von der gemcinsamen
Ansiedlung anlcgen wolltc, muß dabci eincr so sichern Tradition gefolgt
sein, daß er nicht schlcn konnte. Aber auch dicsc Ueberlieferung hat sich
doch nur von Fall zn Fall cntwickell durch ein immer scinercs Erfüllen
:. Ianuarheft zyvl