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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

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Heft 8 (2. Januarheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0416

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«uflebcn zu lassen, ja, noch vielscitiger
zu verfahrcn nls dieser, zog dcr Ver-
storbene zunächst (ts-ty) dcn ihm bc-
frcundctcn Franz Liszt nach Weimar
und crreichtc damit, datz dic Jlmstadt
bis an Liszts Tod (tsss) fast alle wcr-
dendcn dcutschen Musikcr lüngere Zeit
als Schiiler in seinen Maucrn sal>
Hofthcatcrkaprllmcister blicb Liszt leider
nur wcnige Jahrc, brachtc abcr in
dieser Zeit die erslen Opcrn Wagners
in Ausnahme (die erstc Lohengrin-Auf-
sührung war am 28. August tssv) und
bahntc damit dem Mcister dcs Musik-
dramas dcn Weg. Auch Bcrlioz ist
erst durch ihn in Deutschland zur Äcl-
tung gckommcn. Ncbcn Liszt lcbtc von
Komponisten Peter Cornelius in Wei-
mar, der hicr sein Mcisterwerk schuf,
den „Barbicr von Bagdad", dessen
crste Aufführuug eben jencn Thcater-
skandal zur Folgc hattc, infolge dessen
Liszt aus scincr Stellung schied, ohne
glücklichcrrvcisc scincn Wohnsitz in
Wcimar aufzugcbcn. Dic Schuld an
jcnem Skaudal ivird, mit Necht oücr
Unrccht, Dingelstcdt zugcschobcn, dessen
Berufung (tS57) nichts dcstowcniger
ein Berdienst des vcrstorbcnen Grotz-
herzogs darstellt. Dingclstcdt hat hicr
zuerst zu Schillers hundertjährigcm
Geburtstag dcn ganzcn Zyklus dcr
Dramcn unsrcs Klassikcrs und issq
zum Shakcspcrc-Jubiläum dic sämt-
lichcn Kvnigsdramcn zur Aufführung
gebracht, auch >86t Hebbels „Nibe-
lungcn" zuerst gegeben. Ein weitercS
Werdienst dcs Grotzhcrzogs ist die
Gründung der hicsigcn Kiinsischule,
an der u.a.Böcklin, Lenbach, Kalckreuth,
A. v. Namberg, Karl Gussow wirkten.
Auch cine Musikschulc, die vor allem
dcr Ausbildung tüchtiger Orchcster-
musikcr dicncn solltc, cntstand. Äarl
Alexandcr war auch dcr Protcktor dcr
SchiUcrstistung, und cr war es, cr
hietz nicht nur so. Als ihre Gcneral-
sckretürc lcbtcn in Weimar untcr sciner
Ncgicrung Karl Gutzkow und Julius
Grosse. Hosfmann von Fallersleben gab
hicr mit Unterstützung dcs Grotzhcrzogs

das ^Weimarischc Jahrbuch für deutsche
Sprache, Literatur und Kunst" heraus.
Hebbcl war wiederholt Gast des Grotz-
herzogs, Otto Ludwig, Gcibcl, Paul
Hcyse u. a. hat der Fürst sich bestrebt
nach Weimar zu ziehen, wenn auch
ohne Erfolg. Durch das Goethe-
Schiller-Archio, >8y7 eingcweiht, ist
die Jlmstadt dann die grotze deutsche
Literaturphilologcn-Hcrberge gewor-
den. Als cine der wichtigsten künst-
lerischen Thaten dcs Grotzherzogs mag
noch dic Wiederherstellung dcr Wart-
burg genannt werden, außerdem etwa
noch die von ihm befohlenc Ausfüh-
rung der Prellerschen Odyssee-Land-
schaften imWeimarcr Museum; alleauf-
zuzählcn isr kaum möglich. Bis in scine
letzte Zcit bewahrte der Fürst die regsten
Jnteressen und jeder, der mit ihm in
Berührung kam, hatte seinc ungcwöhn-
liche BildungM bcwundcrn. Danebcn
sand sich freilich cine gcwisse Welt-
fremdheit, dic den Grotzherzog oft in
ein falsches Licht stellte, auch dem
Altcr mutzte scin Geist Tribut zahlen,
was zu nicht immcr taktvollen Scher-
zcn Anlaß gab, sciner Bcliebthcit und
VolkSlümlichkcit abcr kcinen Abbruch
that. Das deutsche Bolk wird den
Enkcl Karl Augusts so leicht nicht ver-
gcssen. Und cs wird jedem Fürstcn
dankbar scin, dcr die Wego dieses
Torcn weiter zu beschrcitcn sucht.

* Mit demErscheincn dieses
Heftes begeht der Kunstwart etivas
wie ein häuslichcs Fest. Seit Mitte
des Jahres >sy7, also seit drei und
einem halben Jahre, hat sich seine
Abonncntenzahl nunmehr gcnau ver-
zehnfacht. Wir drucken jetzt von
jcdem Heft eine Mindestauflagc uvn
80vo Abzügen, d. h. einc hiiherc, als sie
irgend einBlatt ähnlicherArt inDcutsch-
land jcmals crrcicht hat. Zunächst sollen
unsrc „Hilföuntcrnehmuiigen" daraus
dcn Borteil ziehn: wir dcnkcn ja, wie
wir schon mitgcteilt haben, im Laufc
diescs JahreS über die .Meistcrbildcr'
hinaus neue Veröfscntlichungen im
Dienstc unsres Volkes ins Werk zu setzen.

2. Iaiiuarheft >yo>
 
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