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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,1.1900-1901

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Heft 10 (2. Februarheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7961#0492

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fesselte. Wilhelm Feldmann
brachte eine Reihe rwn Studien, in
denen cr über eine gewisse Manier
nicht hinauskommt, die erals wirkungs-
voll erprobt hat. Bei Julie Wolf-
thorns Bildnissen überwiegt trotz
reizvoller psychologischer Werte etwas
Krankes und Müdes, das keine rechte
Freude an ihren Werken aufkommen
läßt. Oictor Zobcl.

Vevinischt«».

" Deutsch und welsch.

Bei Verdis Tod tratcn auch wieder
Erscheinungen hervor, die zu eincm
Vergleich mit unsern Verhältnissen auf-
fordern. Die italienischc Regierung
hat es dem Meister nicht nachgetragen,
daß er ihr Adel, Orden und Titel ab-
lehnte, sie hatte eine große nationale
Trauerfeier unter Schließung der
Schulen u. s. w. beschlossen. Verdis
letzter Willc verhinderte das. Nun be-
schweren sich italienische Blätter dar-
über.daßunsredeutscheVolksvcrtretung
kein Wort des Beileids für Jtalien
angesichts der Bahre Verdis gefunden
habe! MerkwürdigerEinfall.denkenwir
imReich, — unser Reichstag und Verdi!
Uebrigens trösten sich die Jtaliener
selbst: nicht einmal Böcklin, zwar kein
Reichsdeutscher aber doch einDeutscher,
sei ja im deutschen ReichStage geehrt
worden. Wir möchten die Gesichtcr
unsrer Abgeordneten sehen, wenn einer
einen cntsprechenden Antrag stellte. Es
ist aber doch viclleicht zweckmäßig,
darauf hinzuweiscn, daß die Harm-
losigkeit andrer Kulturvölker bis zu
dem Glauben geht, der Heimgang von
Geistesfürstcn sei cine Sache von nicht
unbeträchtlichem öffentlichem Jnteresse.

Richt beistimmen könncn wir da-
gegen einem angesehenen süddeutschen
Blatt, wenn es das Unterlassen jeg-
lichen Beileidswortcs bei BöcklinsTode
unserm Kaiser zum Vorwurfc macht.
Der Kaiser ist die Spitzc des staatlichen,
aber nicht die des vom Staatc unab-
hängigcn künstlcrischen und literarischcn
Aunstwart

Deutschtums. Faßten wir's anders
auf, sähen wir in kaiscrlichen Kunst-
urteilen nicht rcin private Meinungs-
äußerungen eines Mannes, der K)>er
genau so gut irrcn kann, wie jcdcr
andcre auch, so müßte das zu'höchst
unliebsamenFolgeriingenführen. Geben
ivir das aber zu, so künnen wirs nur
begrüßen, wenn der Kaiser einen
Anton Wcrner auszeichnet und einen
Arnold Böcklin nicht, weil das über
den durchaus individuellen Charakter
sciner derartigen Kundgebungen dic
Oeffentlichkeit aufzuklären beiträgt.

' Ein s ch ausp i eler isch cs Volk
sei das deutsche Volk niemals gewescn,
so klagte die „Deutsche Tagesztg." zum
Jahreswechsel. ,Wir schauspielern aber
jetzt, statt zu handeln; wir gcfallcn
uns in Posen und Attiiüden, slutt
unscrc natürlicheStellungzu bcfestigcn i
wir verlieren uns im Scheine und
büßen dabei das Gefühl fürWahrhcit
ein- Wie ernst und still pflegten ivir
sonst in dcn Kainpf zu gehenl Mit
welchem Trara und Tamtam wurdc
im vergangencn Fahre cin Zug unter-
noinmen, bei dem außer Dorschuß-
lorbeern« kauni Siegesprcise zu holen
sein werdcn- Jcde Kleinigkeit, die sich
zur Festfeier eignet, wird zu einer
Haupt- und Staatsaktion aufgebauscht.
Dadurch verschieben wir dcn rechten
Gesichtswinkel und verliercn den rechtcn
Standpunkt. Deni crnsten Mannc
konimt es nicht darauf an, ivas er
scheint, sondern nur darauf, was cr
ist. Ein ernstes Volk ist der künst-
lichen Photographicrstcllung abhold
und verschmäht alle gespreiztc Ueber-
treibung. Koinmt der inncre Ernst
eincm Volke abhanden, so wird eS auch
bald von dcn andcrn nicht ernst ge-
nommcn; und das ist der Anfang
vom Ende seincr geschichtlichen Bc-
deutung."

Wissen die Herrcn, die so schrcibcn,
was ein derartiges .Schauspielern"
vollkommcn unmöglich machcn würde ik
Wir ivollcn's ihncn sagcn, so sehr sie
 
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