Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1902)
DOI Artikel:
Marsop, Paul: Sprechsaal
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0110

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lonsprache emes Hugo Wolf und Anderer nach Gebühr. Nur m einem grotzen
symphonischen Konzert schmeckt mir selbst die schönste und innigste, zwischen
Bach und Beethoven eingeklemmte lprische Komposition mit Klavierbegleitung
etwas nach Füllwerk und „Liedersingsang/ Für mein Gefühl verträgt das
Monumentale eben allein wieder das Monumentale als Nnchbarn. Hingegen
ist mir das eigenartig empfundene Lied eine wohltuende, im Erklingen und
im Nachhall mein Jnneres zu vollem Genügen erfüllende Hausmusik, die
ich um keinen Preis entbehren möchte.

Ebensowenig wie die ästhetische Hausmusik des „Kunstwarts". Seien
Sie schönstens dafür bedankt, daß Sie mich vor Jhrem aufmerksamen Hörer-
kreise als „andren Knaben" mein Klappenhorn blasen lietzen — so gut das
ein zwischen Rampenlicht und Schlutzprospekten in Ehren ergrauter Theatermann
vermag. Sollte ich aber selbst als alter Prakrikant zuviel gefordert haben, so
deck' ich mich mit Len guten und gescheiten Worten Richard Batka's: „Jn jedem
Augenblick kühlen Blutes alle Möglichkeiten zu erwägen, nie sich völlig an eine
einzige große Jdee hingeben, das ist die Tugend eines Professors." Mit dem
winkelrechten, taktmäßigen Rudern werden auch wir Kritiker unser Sckiisslein
nicht sonderlich vorwärts bringen. Nur ein frischer Enthusiasmus schwellt uns
die Segel und sührt uns zu neuen Entdeckungen. Fröhliche Fahrt wünscht
Jhnen und sich selbst Jhr

Jhnen altergebener

Paul Marsop.

VlLttsr.

Rus Rarl 8cbonberrs „8onnwencktag".

Vorbemerkung. Das vorige Wiener Theaterjahr hat nur ein „Er-
eignis" gehabt, die Aufführung von Schönherrs „Sonnwendtag", ein „Ereig-
nis", bei dem und nach dem Ler „neue Anzengruber" Schönherr mit einem
wahren Jubel gefeiert wurde. Vielleicht stieg dabei Flamme und Rauch zu
hoch — wir aber halten uns umso weniger sür verpflichtet, schon jetzt mit
kritischem Wasser darein zu spritzen, als wir im Reiche das Werk doch erst ein-
mal oon der Bühne her wirken sehn wollen, wozu sich bald Gelegenheiten
genug bieten werden. An den Kritischen aber wird's in unsrer Presse gewiß
nicht sehlen. Freuen wir uns bis dahin ungetrübt wieder einmal eines neuen
starken Talentesl Von einem solchen zeugt der „Sonnwendtag" ganz ohne alle
Frage. Es ist ein Erstlingswerk, und dabei reicht, was es an Vorzügen mit-
bringt, doch schon jetzt vollkommen aus, um uns leicht über die Steine des
Anstotzes hinweg und zur Freude am Weg zu bringen.

Das Stück spielt in einem Tiroler Wallfahrtsdörfchen am Sonnwend-
tage, „Zeit: heutzutag". Die Geschäftsleute im Dorf wollen dem Wallfahrten
aushelfen, drum haben sie den guten, schwachen Greis von Pfarrer zum Bau
einer neuen stattlichen Kirche vermocht, was ihnen Verdienst verheitzt und den
Armen im Ort die Lasten bringt. Gute Zeit zum Zwietrachtstiften mit gutem
oder üblem Zweck: die Turner kommen zur Sonnwend her, die Feuer zu brennen
und üabei Reden zu halten und eine Partei nach ihrem Sinn auch hier im
Wallfahrtsdörfchen zu gründen. Jungreithmaier, ihr Führer, kennt einen jungen
Gesellen aus dem Dorf, den Hans — von dem Rosnerbauern, welchem das
Häusel von einer Lawine zerschlagen ist, den Hans Rofner, der dann in der
Stadt auf geistlich studiert hat, dem aber sein katholischer Glauben dabei ab-

66

Runstwart
 
Annotationen