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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 16,1.1902-1903

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Heft 10 (2. Februarheft 1903)
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Grunsky, Karl: Bruckners Symphonien
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Schubring, Paul: Die Natur bei Richard Wagner, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7615#0709

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cntwickelung spricht am besten der Urnstand, daß sich wenige Stellen
stnden, wo Bruckner ausschließlich durch Steigern des Zeitmaßes eine
Phrase zu steigern suchte — gewiß sehr merkwürdig, denn seit Beethoven
ist dieses Mittel allgemein beliebt; eine Ausnahme bildet die erste Sym-
phonie, die ganz in Beethovens Art gesormt ist.

Jn der Geradheit und Ehrlichkeit des Rhythmus erblicken wir eiu
Wahrzeichen für den ganzen Charakter der Brucknerschen Musik. Jhr
Effektsucht, Vorliebe für den Schein und Prunk vorwerfen, heißt den
Charakter eines Mannes verdüchtigen, der an Ausrichtigkeit so sehr ein
Kind war, daß sein Künstlertum aus Mangel jeglicher Weltklugheit ein
Märtyrertum wurde. Das einzige, woraus sich seine Gegner berufen könnten,
wäre die Jnstrumentation. Aber große Gedanken schaffen sich einen kräf-
rigen Leib; nur wer jene anficht, für den ist auch dieser hinfällig. Uebrigens
würden nähere Untersuchungen ergeben,daß die Zahl der Forte-Entladungen
bei Bruckner in richtigem Verhältnis zum Zarten oder Nichtlauten steht.

Glücklicherweise kann die Erörterung über Bruckner jetzt auf einen
nahezu vollständigen Vorrat an Klavierauszügen hinweisen. Nicht ein-
mal der Preis bildet ein Hindernis mehr. Abgesehen von der 9- Sym-
phonie, die hoffentlich bald nach der Erstaufführung veröffentlicht wird,
sind alle acht Symphonien in vierhändigen Auszügen vorhanden. Löwe,
Joses und Franz Schalk sind die Verfasser. Von der siebenten gibt es
einen prächtigen Auszug für zwei Klaviere von Hermann Behn. Stradal
hat das Adagio daraus zweihändig bearbeitet; ein Teil dieses herrlichen
Satzes liegt unserem heutigen Heste bei. Den schon früher erschienenen
zweihändigen Auszügen der 3. und Symphonie (von Joses Schalk)
hat Stradal im Lauf der letzten Jahre die erste, zweite, fünfte, sechste,
achte solgen lassen. Seemanns Universaledition enthält die Symphonieen
l, 2, 3, 5, 6 zu je 6 Mk. vierhändig, die Symphonieen s, 2 (die 2. er-
fcheint demnächst), 5, 6 zu je ^.50 Mk. zweihändig. Vorgeschrittene
Spieler werden die zweihändige vorziehen und bei Stradal, der gegen-
wärtig neben Busoni wohl als erster „Klavierauszügler" dasteht, ihre
Rechnung finden. Selbst weniger Vorgerückten gibt er immer noch ein
klares Bild, dessen Linien ja nicht alle pedantisch genau nachgezeichnet
zu werden brauchen, wo es privatem Lernen.gilt. Stradal hat eine
Menge Bachscher Orgelwerke und vieles von Liszt (darunter sogar große
Chorwerke) aufs Klavier übertragen, und kann außerdem als Liszt- und
Brucknerschüler für zuständig gelten. Rar! Grunsky.

Oie stsalur bsi ^icbarci Magne?'.*

Die moderne Malerei hat als ihr besonderes Thema die Land-
schaftsmalerei aufgestellt. Wir sind in ein immer persönlicheres Ver-
hültnis zu der uns umgebenden Außenwelt geraten; nicht nur scheue
Verehrung oder empfindsame Hingabe, nicht ein romantischer Kultus

* Wir entnehmen diesen Aufsatz dem Jahrbuche „Patrial", zu demsich
der Mitarbeiterkreis der Naumannschen „Hilfe" vereinigt hat, auf dessen Bs-
mühungen in Sachen der Kunstkritik und Kunstpflege mir unsre Leser wieder
einmal aufmerksam machen möchten. Das Jahrbuch „Patria!" ist im Buch-
verlage der „Hilfe" zu Berlin-Schöneberg erschienen.

2. Februarbeft tZOZ

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